Sonntag19. Oktober 2025

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„Ein Vulkanausbruch“Europäischer Gerichtshof in Luxemburg nimmt dem Sportgerichtshof CAS das letzte Wort

„Ein Vulkanausbruch“ / Europäischer Gerichtshof in Luxemburg nimmt dem Sportgerichtshof CAS das letzte Wort
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte, dass CAS-Entscheidungen von nationalen EU-Gerichten überprüft werden dürfen Foto: dpa/Laurent Gillieron

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Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) hat bei Schiedssprüchen in der EU nicht mehr das letzte Wort. Das geht aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg hervor.

Vom Internationen Sportsgericht (CAS) erlassene Schiedssprüche müssen künftig von nationalen Gerichten auf EU-Recht überprüft werden können. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Freitag in Luxemburg. Bis dato waren Rechtssprüche des CAS, der im schweizerischen Lausanne und damit außerhalb der EU sitzt, final. Nur das Schweizer Bundesgericht konnte ganz begrenzt über Verfahrensregeln urteilen, aber nicht zu EU-Recht Stellung nehmen. Vom Europäischen Gerichtshof in Luxemburg hieß es nun: „Die Gerichte der Mitgliedsstaaten müssen in der Lage sein, die Vereinbarkeit der Schiedssprüche mit den Grundregeln des Unionsrechts eingehend zu überprüfen.“ 

Rechtsanwalt Marc Theisen spricht angesichts der Entscheidung des EuGH von einem „Vulkanausbruch“ und dem „Tod der Zwangsschiedsgerichtsbarkeit“ im Sport. „Der Gerichtshof sagt ganz klar, dass dies dem EU-Recht widerspricht.“ Konkret heißt dies, dass internationale Verbände, wie die FIFA, ihren Mitgliedern nicht mehr auferlegen können, Streitigkeiten nur im Rahmen des Sportrechts vor dem CAS zu regeln. Diese müssen nun auch dem EU-Recht entsprechen und von nationalen Gerichten darauf überprüft werden können. Dem CAS wurde damit das letzte Wort genommen. 

„Die Worte im Urteil weisen markant darauf hin, dass sich die Gerichtsbarkeit im Sport auch an allgemeine Rechtsprinzipien halten muss“, so Theisen. „Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen – ähnlich wie das Bosman-Urteil 1995, welches das ganze Transfer-System neu orientierte. Jetzt muss die Sportschiedsgerichtsbarkeit neu orientiert werden – und zwar radikal.“ 

Als eine Schwächung des CAS sieht Theisen die Entscheidung des EU-Gerichts nicht unbedingt. „Ich würde eher sagen, dass die internationalen Verbände geschwächt werden – mit ihrer Art und Weise, ihren Mitgliedern die Schiedsgerichtsbarkeit des CAS aufzuerlegen“, so der Rechtsanwalt. „Der CAS wird nicht in Frage gestellt und behält seine Daseinsberechtigung und Wichtigkeit. Diejenigen, die umdenken müssen, sind die Verbände, die ihre Fälle immer zum CAS schicken wollten, weil dort eben verschiedene Sachen aus dem EU-Recht nicht berücksichtigt werden mussten. Für sie ist es eine richtige Lektion.“ 

Das Internationale Komitee (IOC), die Europäische Fußball-Union (UEFA) und der CAS selbst zeigten sich in ihren Stellungnahmen am Freitag aber noch gelassen. Das IOC teilte mit, es habe „die Entscheidung zur Kenntnis genommen“ und werde sie „sorgfältig prüfen“, die UEFA bekräftigte „die Relevanz des bestehenden Schiedsgerichtsrahmens, einschließlich der Rolle des Sportschiedsgerichts und die Notwendigkeit einer weiterhin klaren Regelung in diesem Bereich.“ Der CAS betonte ferner, dass er „bereits bei Bedarf EU-Recht“ anwende. Generaldirektor Matthieu Reeb erklärte, der CAS werde „weiterhin weltweit zeitnahe und fachkundige Streitbeilegung anbieten“.

Der Ursprung der EuGH-Entscheidung liegt im Fall des belgischen Fußballklubs RFC Seraing. Jener befindet sich seit 2015 in einem Rechtsstreit mit dem Fußball-Weltverband FIFA. Der Verein hatte beabsichtigt, wirtschaftliche Rechte an Spielern an einen Investor zu übertragen. Dies ist laut Regularien der FIFA und der Europäischen Fußball-Union (UEFA) verboten, weshalb der Weltverband den Klub mit mehreren Sanktionen belegte, welche der CAS und darauf auch das Schweizer Bundesgericht bestätigten. Der Verein zog vor die Gerichte in Belgien. Durch das EuGH-Urteil kann der Streit dort nun noch weitergehen und der RFC Seraing neue Chancen auf einen für ihn günstigen Ausgang haben.