28. Dezember 2025 - 11.18 Uhr
SkispringenEin ultimativer Härtetest: Die Vierschanzentournee beginnt am Montag
Warum ist die Vierschanzentournee eigentlich so wichtig?
Die Tournee ist der ultimative Härtetest für alle Skispringer: Zwölf Sprünge (viermal Quali, achtmal Wettkampf) binnen zehn Tagen auf vier grundverschiedenen Schanzen fordern ein Höchstmaß an Klasse, Konstanz und Konzentration, schon ein einziger schwacher Durchgang kann sämtliche Siegchancen kosten. Und: Ohne Tourneesieg ist eine Skisprung-Karriere unvollendet. Somit gilt auch in einem pickepackevollen Winter mit Flug-WM (23. bis 25. Januar) und Olympia (6. bis 22. Februar), dass die Tournee das Skisprung-Highlight schlechthin ist.
Wie sieht das diesjährige Programm aus?
Es geht Schlag auf Schlag: Bis zum 6. Januar wird an acht Tagen gesprungen, dazu gibt es zwei Ruhe- bzw. Reisetage. Am Tag vor den Wettbewerben in Oberstdorf (29. Dezember), Garmisch-Partenkirchen (1. Januar), Innsbruck (4. Januar) und Bischofshofen (6. Januar) findet jeweils die Qualifikation statt. „Frei“ sind der 30. Dezember und der 2. Januar.
Im Überblick
Oberstdorf (Schattenberg-Arena, Schanzenrekord Sigurd Pettersen/Norwegen mit 143,5 Metern): Sonntag, 28. Dezember: Qualifikation (16.30 Uhr). Montag, 29. Dezember: 1. Tourneespringen (16.30 Uhr/beides ARD und Eurosport)
Garmisch-Partenkirchen (Olympiaschanze, Schanzenrekord Michael Hayböck/Österreich mit 145,0 Metern): Mittwoch, 31. Dezember: Qualifikation (16.30 Uhr). Donnerstag, 1. Januar: 2. Tourneespringen (14.00 Uhr/beides ZDF und Eurosport)
Innsbruck (Bergisel-Stadion, Schanzenrekord Michael Hayböck/Österreich mit 138,0 Metern): Samstag, 3. Januar: Qualifikation (14.30 Uhr). Sonntag, 4. Januar: 3. Tourneespringen (13.30 Uhr/beides ZDF und Eurosport)
Bischofshofen (Paul-Außerleitner-Schanze, Schanzenrekord Dawid Kubacki/Polen mit 145,0 Metern): Montag, 5. Januar: Qualifikation (16.30 Uhr). Dienstag, 6. Januar: 4. Tourneespringen (16.30 Uhr/beides ARD und Eurosport)
Wer sind die Favoriten?
Die sechs Weltcupspringen des Dezembers sahen nur zwei verschiedene Sieger: Sechsmal gewann Domen Prevc, einmal – allerdings bei der finalen Probe in Engelberg – Ryoyu Kobayashi. Der Slowene und der Japaner sollten auch bei der Tournee das Maß aller Dinge sein. Prevc brach als Teenager wie eine Urgewalt über das Skispringen herein, konnte aber fast ein Jahrzehnt lang nicht an die ersten Siege anknüpfen – bis er 2025 Weltmeister und Skiflug-Weltrekordler wurde. Kobayashi könnte die Tournee zum vierten Mal gewinnen, das haben bislang nur Janne Ahonen (5) und Jens Weißflog (4) geschafft. Weiter auf der Tournee-„Longlist“: die Österreicher Stefan Kraft und Stephan Embacher, der Slowene Anze Lanisek und der Japaner Ren Nikaido.
Wie lief die Tournee vor einem Jahr?
Es war die große Ösi-Show: Praktisch von Anfang bis Ende beherrschten Daniel Tschofenig, Jan Hörl und Stefan Kraft die Tournee, lieferten sich einen legendären Showdown in Bischofshofen. Tschofenig beendete letztlich Österreichs Tournee-Flaute nach zehn Jahren – der Titelverteidiger reist nun aber ohne Form nach Oberstdorf.
Nach welchem Modus wird der Tourneesieger ermittelt?
Die Punkte aller acht Wettkampf-Durchgänge werden addiert, der Springer mit der höchsten Gesamtpunktzahl gewinnt. Ungewöhnlich ist nur die Startreihenfolge im Wettkampf: Anders als im Weltcup springen die Athleten nicht in der umgekehrten Reihenfolge des Gesamtweltcups die besten 30 für den zweiten Durchgang aus, sondern in 25 K.o.-Duellen, die in der Qualifikation ermittelt werden: Der Beste trifft auf den 50., der Zweite auf den 49. – usw. Die Sieger der Duelle plus fünf beste Zweite erreichen das Finale.
Was gibt es zu gewinnen – neben dem schmucken Goldadler?
Wie im vergangenen Jahr liegt das Preisgeld für den Gesamtsieg bei 100.000 Franken (108.000 Euro). Für einen Tagessieg gibt es die Standard-Weltcupprämie von 10.000 Franken (10.800 Euro) Insgesamt werden 400.000 Franken (432.000 Euro) ausgeschüttet.
Wer überträgt?
Die ARD ist beim Auftakt in Oberstdorf und Finale in Bischofshofen live dabei, das ZDF zeigt die Springen aus Garmisch-Partenkirchen und Innsbruck. Alle vier Springen plus Qualifikationen überträgt auch Eurosport.
Und die Frauen?
Es bleibt zumindest für dieses Jahr bei der „Zwei-Schanzen-Tournee“ mit einem Springen am 31. Dezember in Garmisch-Partenkirchen und an Neujahr in Oberstdorf. Für den Winter 2026/27 ist eine komplette Tournee inklusive der beiden Stationen in Österreich angekündigt.
Fünf Highlights
Der Alles-Sieger: Vier Siege bei einer Tournee? 50 Jahre entsprach diese Herkulesaufgabe der Quadratur des Kreises. Dann kam Sven Hannawald. Im Winter 2001/02 flog der von Fans förmlich belagerte „Hanni“ wie auf Wolke sieben von einem Erfolg zum nächsten. Als er in Bischofshofen auch im letzten Sprung dem Druck standhielt und den Grand Slam vollendete, hatte Hannawald Geschichte geschrieben. Kamil Stoch (2017/18) und Ryoyu Kobayashi (2018/19) wiederholten das Kunststück.
Die Punktgleichen: Enge Kisten sind seit jeher fester Bestandteil des Skispringens, doch die Tournee 2005/06 wurde zum wahren Krimi. In einem Herzschlag-Finale blies der Finne Janne Ahonen zur Aufholjagd – und kam am Ende genau wie der Tscheche Jakub Janda auf 1.081,5 Punkte. Und nun? „Es gibt zwei Gesamtsieger und zwei 33.000 Euro teure Autos als Siegespreis“, löste der damalige Tournee-Pressechef Klaus Taglauer die alles entscheidende Frage auf. Das gab es nie zuvor und bis heute nie wieder.
Der Abreisende: 30 Jahre vor Hannawald griff Yukio Kasaya nach dem Grand Slam, der Japaner gewann im Winter 1971/72 die ersten drei Tournee-Springen. Doch dann wurde es kurios: In Japan begann die Vorbereitung auf Olympia im heimischen Sapporo. Kasaya reiste brav ab und überließ den Gesamtsieg dem Norweger Ingolf Mork. Immerhin: In Sapporo holte Kasaya Gold. Einen Weltcup gewann er nie wieder.
Der Rekordmann: Es regnete Bindfäden, doch Janne Ahonen behielt am 6. Januar 2008 die Nerven. Der finnische Altmeister holte sich mit seinem Sieg in Bischofshofen seinen fünften Tournee-Triumph, überflügelte Jens Weißflog und ist seither alleiniger Rekordhalter. Kurios zudem: Wegen eines Sturms in Innsbruck wurden die letzten beiden Tournee-Springen erstmals binnen 24 Stunden an einer Schanze ausgetragen.
Der Überlegene: Im Winter 2000/01 dominierte Adam Malysz die Tournee-Konkurrenz wie kein Springer vor oder nach ihm. Der Pole startete mit den Rängen vier und drei und ließ zwei Siege in Österreich folgen. Am Ende lag er in der Gesamtwertung 104,4 Punkte vor dem zweitplatzierten Janne Ahonen – bis heute das größte Punktepolster der Geschichte.
De Maart
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