Der in Montenegro geborene 20-Jährige wirkt schlaksig mit seinen 1,96 m. Milos Raonic ist der Newcomer der Profiszene, der sich in einem Jahr von Weltranglistenplatz 295 auf Rang 25 vorgearbeitet hat. Am Mittwoch (2. Spiel nach 12.00 Lokalzeit – 13.00 MESZ – auf Court 3) steht der Kanadier Gilles Muller (92) in seinem Zweitrundenmatch von Wimbledon gegenüber. Ein Porträt des gewaltigen Aufschlägers.
Muller in der „Times“
Nach seinem Auftaktsieg gegen Tommy Haas am Montag beantwortete Gilles Muller auch Fragen der Times. Es ging um die Wildcard, die der Luxemburger für Wimbledon erhalten hatte. Neil Harman, Tennis-Korrespondent der Times, zeigte sich erstaunt über diesen Vorgang, da Großbritannien bekanntlich Luxemburg im Davis Cup empfängt (8. bis 10. Juli).
Die Gastfreundschaft würde damit doch etwas zu weit gehen, schrieb Harman in der Dienstagsausgabe und erklärte weiter ironisch, dass dies das Glück der Spieler sei, die in einer Grand-Slam-Nation geboren oder von solchen adoptiert würden.
(dat)
Fernando Verdasco behauptete nach seiner Final-Niederlage im Februar 2011 gegen Raonic, dass der Junge einen Oberkörper wie ein Zwölfjähriger habe. Seinen Körper bereitet der Rechtshänder vor einem Match traditionell mit einem guten Steak vor („immer medium gebraten“).
Treffen mit Vorbild Sampras
Im Alter von drei Jahren zog Raonic mit seinen Eltern von Podgorica nach Kanada. Sein Vorbild war von Kindesbeinen an Pete Sampras, den er vor kurzem traf. Gut aufschlagen konnte er bereits in jungen Jahren: „Ich habe mich nie besonders auf die Geschwindigkeit fokussiert. Ich habe den Aufschlag viel trainiert und ich bin wohl mit einer guten Schulter ausgestattet“, so der 20-Jährige vor dem Turnier in einem Interview mit dem Daily Telegraph. Die Experten sagen dem Kanadier voraus, dass er die Schallmauer von 260 km/h brechen kann. Seine Statistiken 2011 sind beeindruckend (siehe auch Infobox): 504 Asse und fast 90% gewonnene Aufschlagspiele.
Vater Dusan trainierte mit Milos, der im Alter von acht Jahren mit dem Tennis begann, morgens früh oder spät am Abend mit der Ballmaschine, weil es billiger war. Milos Raonic war dann einer der ersten Schüler des nationalen Trainingszentrums von Kanada in Montreal, das 2007 eröffnet wurde.
Babyface Raonic, der seit 2010 auch für Kanada im Davis Cup antritt, gehört zu einer neuen Spielergeneration, die immer mehr die Oberhand auf der Profitour zu bekommen scheint: sehr groß (über 1,90 m), aber dennoch beweglich auf dem Platz. In diese Kategorie fallen noch Juan Martin Del Potro, Sam Querrey, John Isner.
Mehr Druck beim eigenen Aufschlag
Darin liegt aber sicherlich auch eine Teilschwäche: Wenn man Milos Raonic viel bewegt, hat man eine Chance, wie es der ehemalige US-Davis-Cup-Coach Tom Gullikson analysiert. Gilles Muller weiß also, was er am Mittwoch zu tun hat. Seine unterschnittene Rückhand funktionierte beim Sieg gegen Tommy Haas am Montag bestens. Und genau das ist die Waffe, die er gegen Milos Raonic braucht, der auch um die Stärken des Luxemburgers weiß: „Wenn jemand so gut aufschlägt, hast du bei eigenem Aufschlag sofort mehr Druck.“
Der 20-jährige Rechtshänder, der in Wimbledon bereits mit Nadal („er hat das Potenzial für die Top 10“) und Federer trainiert hat, ist ebenfalls mit einer gesunden Portion Selbstbewusstsein gesegnet, wie er nach dem Auftaktsieg in London äußerte: „Niederlagen akzeptiere ich nicht einfach so. Ich erwarte sehr viel von mir selbst und will mir keine Grenze setzen.“
De Maart

Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können