Es ist der nächste Meilenstein für den Sport in Afrika: Zum ersten Mal findet auf dem Kontinent eine Straßenrad-Weltmeisterschaft statt. Vom 21. bis zum 28. September kämpfen dann die besten Radsportler der Welt um die Regenbogentrikots. Es soll ein wahres Radsport-Fest werden, das die Sportart in Afrika noch einmal ankurbelt. Doch das Großereignis steht im Schatten politischer Spannungen. Ruanda wird vorgeworfen, die M23-Miliz im Osten der Demokratischen Republik Kongo zu unterstützen. Das EU-Parlament hat Sanktionen gegen Kigali verhängt und zu Jahresbeginn sogar die Absage der WM gefordert.
Die UCI unter Präsident David Lappartient ließ sich davon jedoch nicht beirren. Gerüchte über eine Verlegung der Titelkämpfe in die Schweiz, die schon 2025 die WM austrug, bestätigten sich nie – der Franzose hielt konsequent an Kigali fest. Neben den politischen Bedenken erschweren auch logistische und gesundheitliche Hürden die WM-Teilnahme. Impfungen gegen Malaria, Hepatitis A und Gelbfieber sind vorgeschrieben, zudem schlagen die Reisekosten ins Gewicht. Dänemark und die Niederlande verzichten deshalb auf die Nominierung ihrer Nachwuchsfahrer, auch Belgien schöpft seine Startplätze nicht voll aus.
Vorbereitung muss in der Höhe stattfinden
Luxemburg schließt sich dem Trend an und reist nur mit einer Minimalbesetzung an: Neben Schreiber wird lediglich eine zweite U23-Fahrerin starten. Weder die Männer-Elite um Bob Jungels oder Kevin Geniets noch die Espoirs mit Arno Wallenborn oder Mathieu Kockelmann treten an.
„Es gibt gleich mehrere Gründe dafür“, sagt Christian Helmig, Technischer Direktor der FSCL. „Die Rennen in Ruanda sind extrem anspruchsvoll, mit vielen Höhenmetern. Kigali liegt bereits hoch, eine seriöse Vorbereitung würde ein längeres Höhentrainingslager erfordern. Wir wollen bei einer WM nicht einfach nur dabei sein.“ Die FSCL-Herren hätten aufgrund des UCI-Rankings in diesem Jahr zwei Startplätze beim Straßenrennen gehabt. Zum Vergleich: Bei der WM im letzten Jahr in Zürich waren es vier.
Die Espoirs hätten direkt nach der Tour de l’Avenir ins Höhentrainingslager gemusst. Das wäre körperlich, aber auch mental sehr belastend gewesen.“
Mit zwei Radsportlern auf einem anspruchsvollen Kurs ein gutes Resultat zu erreichen, scheint fast utopisch. „Nicht nur die Vorbereitung ist aufwendig, sondern auch der Fakt, dass wir nur zwei Startplätze bei den Männern haben. Das macht es schwieriger, eine Mannschaft zu schicken. Und auch für die Espoirs, mit denen wir natürlich auch gesprochen haben, ist es schwierig. Arno (Wallenborn), Alexandre (Kess) und Mathieu (Kockelmann) haben erst die Tour de l’Avenir beendet. Sie hätten direkt nach der Rundfahrt ins Höhentrainingslager gemusst. Das wäre körperlich, aber auch mental sehr belastend gewesen.“
Terminkollisionen
Dazu kommt noch, dass die WM sich mit einigen Rennen überschneidet. Das Timing der WM ist vor allem für Luxemburg sehr unglücklich. Vom 17. bis 21. September findet die Tour de Luxembourg statt – die WM in Kigali beginnt am 21. September mit dem Zeitfahren der Frauen und Männer. Hinzu kommt, dass die Europameisterschaft in Frankreich am 1. Oktober beginnt.

„WM und EM gehen quasi ineinander über“, sagt Helmig. „Für die Belastung der Athleten ist das alles andere als Ideal. Für uns kommt noch erschwerend hinzu, dass sich sogar die Tour de Luxembourg mit der WM überschneidet. National hat die Luxemburg-Rundfahrt für uns einen sehr hohen Stellenwert. Das ist eine riesige Plattform für unser Nationalteam. Wir müssen also alles gegeneinander abwägen und dann sind wir gezwungen, Abstriche zu machen. Natürlich ist Kigali von der Organisation aufwendig, aber das war nicht der ausschlaggebende Grund. Nächstes Jahr wird es genauso aufwendig (WM 2026 ist in Kanada, Anm. d. Red.), finanziell wie auch logistisch.“
Mannschaftszeitfahren bei der EM
Auch weil sich die FSCL also auf die EM in in den französischen Départmenents Drôme und Ardèche konzentrieren will, hat sich der nationale Verband dazu entschieden, nur zwei Fahrerinnen nach Ruanda zu schicken: Marie Schreiber hat ihren Platz sicher, zudem wird noch eine weitere U23-Fahrerin zu ihrer Unterstützung mit nach Afrika reisen. Zur Auswahl stehen Gwen Nothum, Layla Barthels und Liv Wenzel. „Für Marie wird es sicher auch kein einfaches Rennen“, sagt Helmig. „Aber von der Strecke her ist es ein Parcours, den sie fahren kann. Sie gehört zu den stärksten Espoirs. Wenn sie sich gut vorbereitet, hat sie einen großen Vorteil. Es ist im Großen und Ganzen ein Wettkampf, der ihr liegt. Die Konkurrenz wird aber nicht schlafen. Es kommen immer wieder starke junge Fahrerinnen, auch bei den U23, nach.“ Zum ersten Mal wird dabei bei einer WM das Damen-Elite-Rennen vom U23-Rennen der Damen getrennt.
Dass nur zwei Luxemburger zur ersten WM auf afrikanischem Boden geschickt werden, war laut Helmig „keine einfache Entscheidung. Wir wären gerne mit einer größeren Delegation dorthin gereist. Doch der Kalender wird nicht von uns bestimmt.“
Vielmehr will der nationale Radsport-Verband also in Frankreich bei den kontinentalen Meisterschaften glänzen. „Wir reisen dort mit allen Gruppen hin. Zusätzlich gibt es das Mannschaftszeitfahren, das wir anvisieren.“ Drei Männer und drei Frauen werden bei diesem Teamwettbewerb starten. „Marie (Schreiber) spielt bei diesem Wettbewerb auch eine entscheidende Rolle. Wir hoffen, dass sie gut aus Ruanda zurückkommt.“
De Maart
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