Tageblatt: Wie zufrieden sind Sie mit Ihren diesjährigen Resultaten?
Jean-Eric Vergne: Wo wir am Ende der Saison stehen, spiegelt nicht die Qualität der Arbeit unseres gesamten Teams wider. Ich bin zufrieden mit dem, was wir geleistet haben, aber nicht mit dem Endresultat.
Maximilian Günther: Ich kann JEV (Spitzname von Vergne; Anm. d. Red.) nur zustimmen. Wir haben zwei Siege erzielt (beide durch Günther; Anm. d. Red.), aber wir hatten auch eine Reihe von Rennen, wo wir durch technische Defekte überhaupt nicht gepunktet haben, aber ‚that’s racing‘. Dies war auch die Ursache, weshalb wir dieses Jahr nicht um den Titel mitreden konnten, denn dies ist nur möglich, wenn man konstant Punkte sammelt. JEV als Formel-E-Doppelweltmeister weiß ein Lied davon zu singen.
Jean-Eric, Sie sind ein Urgestein des DS-Teams. Maximilian, Sie sind dieses Jahr neu bei DS-Penske. Wie läuft Ihre Zusammenarbeit? Haben Sie mehr oder weniger den gleichen Fahrstil und bevorzugen Sie dieselben Fahrzeugabstimmungen?
M.G.: Wir fahren zwar beide das gleiche Auto, aber es gibt immer Dinge, die JEV und ich verschieden machen, aber das ist ganz normal.
J.-E.V.: Wir hatten über das ganze Jahr eine super Zusammenarbeit, sowohl auf der Strecke als auch außerhalb. Max hat sich sehr gut ins Team integriert, aber er kannte ja schon den DS-Motor aus seiner letztjährigen Saison bei Maserati (die mit dem gleichen DS-Motor fahren).
Jean-Eric, Sie sind ja nicht nur bei DS-Penske in der Formel E angetreten, sondern Sie bestreiten auch noch für Peugeot die acht Rennen der WEC-Langstecken-Meisterschaft. Wie kombinieren Sie dies?
J.-E.V.: Es ist nicht einfach, aber ich bekomme es hin.
Max, Sie hingegen konzentrieren sich ganz auf die Formel E …
M.G.: Ja, das mache ich jetzt schon seit einigen Jahren. Einige Formel-E-Piloten treten nur dort an und andere bestreiten auch noch die WEC daneben. Beides ist möglich, aber ich persönlich bevorzuge es, mich ganz auf die Formel E zu konzentrieren, da dies ja schon ein sehr spezielles Championat ist. Man muss auch bedenken, dass in den letzten Jahren immer mehr Rennen dazugekommen sind.
Zu Beginn der Saison sahen viele die Teams von Porsche (Fahrerweltmeister 2024), Jaguar (Markenweltmeister 2024) und DS-Penske als Favoriten für die neue Saison. Am Schluss hat aber Nissan alle verblüfft, oder?
J.-E.V.: Nissan hat das Jahr 2024 schon sehr stark abgeschlossen und sie haben über die Winterpause viele Updates gebracht, sodass ich ihre Performance nicht als eine Überraschung sehe.
M.G.: Wie JEV bereits sagte, hat Nissan über die Off-Season sehr hart gearbeitet und einen großen Schritt nach vorne gemacht. Man muss schon eingestehen, dass Ollie (Rowland mit dem Werks-Nissan) und Taylor (Barnard mit dem McLaren-Nissan) eine sehr starke Saison hingelegt haben!
Wie sehen Sie die Entwicklung des Formel-E-Kalenders, wo es immer weniger enge Stadtkurse gibt?
M.G.: Ich denke, der aktuelle Gen3-Rennwagen wurde schon für Stadtkurse entwickelt und ich persönlich finde auch, dass dies die DNA der Formel E ist. Ich liebe Stadtkurse, aber wir haben gesehen, dass es nun immer mehr eine Mixtur von verschiedenen Rennkursen gibt: regelrechte Stadtkurse (wie Monaco), spezielle Strecken (wie das Flugplatzrennen in Berlin oder der London-E-Prix zum Teil in einer Halle) und traditionelle Rennstrecken (auf verkürzten Formel-1-Strecken wie in Dschidda oder Schanghai) aber das ist auch das Schöne an der aktuellen Formel E. Mit dem noch schnelleren Auto der Generation 4 ab 2026/7 wird es aber wohl noch weitere Neuerungen geben, was die Strecken betrifft.

Wie sieht es aus mit der Bekanntheit der Formel E in Frankreich und Deutschland? In Luxemburg ist die Formel E noch sehr unbekannt und man kann sie nicht mal mehr im kostenfreien Fernsehen verfolgen …
J.-E.V., wie immer ganz kurz: Ich habe keine Ahnung.
M.G.: In Deutschland wird die Serie immer bekannter, insbesondere da Pascal Wehrlein mit Porsche letztes Jahr den Weltmeistertitel geholt hat. Aber der Bekanntheitsgrad ist das größte Problem der Formel E. Das Championat ist eines der größten und hart umkämpftesten überhaupt, aber es müsste besser zugänglich sein.
Max, Sie und Mick Schumacher haben mehr oder weniger zu gleicher Zeit die Karriereleiter im internationalen Automobilsport erklommen. Sie waren beide sehr erfolgreich, aber in den deutschen Medien findet man nur den Namen Mick Schumacher. Macht das Sie nicht etwas traurig?
M.G.: (grinst) Danke für die Lorbeeren! Ich bin aber nicht ganz einverstanden. Der Name Schumacher hat eine große Historie in Deutschland durch Michael, der ein Held ist, nicht nur im Motorsport, sondern in der Sportwelt allgemein, jeder kennt den Namen. Somit ist es auch ganz normal, dass Mick mehr Aufmerksamkeit bekommt als ich, der aus einem kleinen Örtchen in Bayern stammt. Ich fühle mich privilegiert, das machen zu können, was ich momentan tue, und meine Leidenschaft leben zu dürfen. Ich hoffe, dass die Formel E weiter wachsen wird und in Zukunft die gebührende Medienaufmerksamkeit und Anerkennung bekommen wird.
Max, bevor sich BMW aus der Formel E zurückgezogen hat, waren Sie Werksfahrer bei der bayrischen Marke. Würde es Sie nicht reizen, auch GT3 oder Hypercar zu fahren, wo BMW ja aktiv ist?
M.G.: Die Hypercars interessieren mich sehr, aber ich bin noch jung und die Formel E ist immer noch auf einem aufsteigenden Ast und deshalb möchte ich mich momentan voll darauf konzentrieren. Ich hoffe, dass ich noch eine lange Karriere haben werde und dann zu einem späteren Zeitpunkt die großen Langstreckenklassiker bestreiten kann.
Jean-Eric, in der Formel 1 spielt Elektro immer mehr eine Rolle. Nächstes Jahr wird der Antrieb ja schon 50/50 betragen. Sehen Sie, dass die Formel 1 und Formel E nebeneinander bestehen können?
J.-E.V.: Ja, klar wird das der Fall sein. Ich sehe nicht, dass die Formel 1 jemals ganz elektrisch werden wird und somit werden beide wohl umso mehr koexistieren.
Jean-Eric, Sie sind ja bei TorroRosso in der Formel 1 gefahren. Danach wurden Sie als Einziger bislang zweimal Weltmeister in der Formel E. Würden Sie in die Formel 1 zurückkehren, wenn Sie ein Angebot bekämen?
J.-E.V.: (lacht) Ich glaube, das wird sicher nicht passieren, und somit ist die Frage rein theoretisch.
Zum Schluss vielleicht noch einige Worte zu dem neuen „Gen4-Auto“ und zum „Pit-Boost“, den neuen Schnelllade-Boxenstopps?
J.-E.V.: Ich kann es kaum erwarten, dass das neue, schnellere Auto für die Saison 2026/7 kommt. Wir werden wohl die ersten Tests in den nächsten Monaten absolvieren.
M.G.: Ich finde Pit-Boost eine gute Sache, da wir dadurch weniger auf den Elektro-Verbrauch achten müssen und es somit schnellere Rennen und noch mehr Zweikämpfe mit sich bringt. Die Ladestopps (neben den zwei Attack Modes) machen es aber für die Zuschauer vor Ort und am Fernseher noch schwerer, die Rennen zu verfolgen.
Das DS-Penske-Team 2025
5. der Teamwertung mit 184 Punkten
Jean-Eric Vergne: 6. der Fahrerwertung mit 99 Punkten
Max Günther: 10. der Fahrerwertung mit 85 Punkten (2 Siege/2 Polepositions)
De Maart
Demnächst kommt ein neue olympische Disziplin "Batterieweitwerfen" ;))
That's racing ------- no it's not and will never be!