LEICHTATHLETIK – Der gestrige Finalabend der 20. EM in Barcelona entwickelte sich zu einem „Länderkampf“ Frankreich – Deutschland. Kurz nachdem Romain Barras (F) den Zehnkampf gewonnen hatte, schlug Linda Stahl (D) im fünften Versuch des Speerwerfens den Favoritinnen ein Schnippchen. Der 100-m-Sprint der Damen musste die „Entscheidung“ bringen.
Aus Barcelona berichtet „T“-Redakteur Claude Clemens
Denn die schnellsten Läuferinnen des Halbfinals waren eine Deutsche, Verena Sailer, und eine Französin, Véronique Mang. Die 24-jährige Deutsche siegte schließlich in 11.10 Sekunden ganz knapp vor der ein Jahr älteren Französin (11.11). Deren Landsfrau Myriam Soumaré gewann in 11.18 Bronze.
Der 100-m-Sprint der Frauen war eine „Überraschungstüte“, so richtig überragend ist derzeit keine europäische Sprinterin. „Wow, ich bin Europameisterin! Ich kann’s gar nicht glauben“, gab denn auch Sailer zu Protokoll. Die Jahresbeste (11.05), die Weißrussin Nevmerzhitskaya, fuhr nach 11.63 Sekunden im Vorlauf still und leise nach Hause, Landsfrau Nesterenko, ihres Zeichens Olympiasiegerin 2004, nach 11.58 Sekunden. Aber die war eh eine Eintagsfliege, lief in Athen viermal unter elf Sekunden und zuvor und danach nie wieder …
Im Speer überraschte die 24-jährige Linda Stahl mit der persönlichen Bestweite von 66,81 m ihre Landsfrau Christina Obergföll (65,58; ebenfalls im fünften Versuch) und die Olympiasiegerin und Weltrekordlerin aus Tschechien, Barbora Spotakova (65,36 m im ersten Versuch).
Zuvor gab es im Dreisprung passenderweise einen Dreikampf, mit dem besseren Ende für Weltmeister Philips Idowu aus Großbritannien, der mit der persönlichen Bestleistung von 17,81 m vor dem Rumänen Marian Oprea (17,51) und dem Franzosen Teddy Thamgo (17,45) siegte. Letztgenannter, im Winter Überraschungs-Hallen-Weltmeister mit Weltrekord, konnte demnach nicht zum „Länderkampf“ beitragen.
Während bei den deutschen Leichtathleten erst gestern der Knoten platzte, fuhr Russland bereits Gold Nummer drei ein. Im Hochsprung gab es das erwartete russische Duell, das etwas unerwartet vom frisch gebackenen Vater Alexander Schustow (Sohn Sergei wurde am 16. Juni geboren) mit 2,33 m vor Ivan Ukhov (2,31) gewonnen wurde. Letzterer ist Hallen-Welt- und -Europameister, Schustow hatte bisher lediglich den Studenten-Weltmeister-Titel 2007 im Palmares stehen.
„König der Athleten“
Im Zehnkampf trat der nach dem ersten Wettkampftag führende europäische Jahresbeste, Oleksiy Kasyanov aus der Ukraine, gestern Morgen zu den 110 m Hürden wegen Verletzung nicht mehr an. Der Litauer Darius Draudvila erbte die Führung, wurde aber anschließend hart bedrängt. Auch nach dem Diskus war er noch vorn, wurde aber im Stabhochsprung vom Weißrussen Andrei Krauchanka abgelöst und nach hinten durchgereicht (am Ende 6.). Krauchanka seinerseits war nach dem Speerwerfen nur noch Dritter, es führte der Franzose Romain Barras vor dem Niederländer Eelco Sintnicolaas. Vierter war Mikk Pahapill aus Estland. Die vier nur durch mickrige, Hochspannung versprechende 87 Punkte getrennt. Aber Pustekuchen: Der von allen Zehnkämpfern „heiß geliebte“ 1.500-m-Lauf bestätigte diese Reihenfolge: Gold für Barras (2. der 1.500 m in 4.28.43 Minuten), Silber für Sintnicolaas (3. in 4.30.31) und Bronze für Krauchanka (5. in 4.36.66). Pahapill (8. in 4.38.99) musste mit Blech vorliebnehmen.
Aus den Qualifikationen gab es außer einem Fehlstart (siehe Randnotizen) keine Überraschungen zu vermelden. Der Monegasse Brice Etès (siehe auch „T“ von gestern) schied über 800 m als Letzter seines Halbfinals in 1.49.52 aus.
DIE RESULTATE
100 m (0,6 m Gegenwind) Frauen: Gold: Verena Sailer (Deutschland) 11,10 Sekunden, Silber: Veronique Mang (Frankreich) 11,11, Bronze: Myriam Soumare (Frankreich) 11,18
4. Ezinne Okparaebo (Norwegen) 11,23, 5. Mariya Ryemyen (Ukraine) 11,31, 6. Anna Gurova (Russland) 11,36, 7. Yeoryia Kokloni (Griechenland) 11,36, 8. Christine Arron (Frankreich) 11,37
Speerwerfen Frauen: Gold: Linda Stahl (Deutschland) 66,81 m, Silber: Christina Obergföll (Deutschland) 65,58, Bronze: Barbora Spotakova (Tschechien) 65,36
4. Katharina Molitor (Deutschland) 63,81, 5. Mariya Abakumova (Russland) 61,46, 6. Mercedes Chilla (Spanien) 61,40, 7. Martina Ratej (Slowenien) 60,99, 8. Madara Palameika (Lettland) 60,78, 9. Jarmila Klimesova (Tschechien) 56,50, 10. Asdis Hjalmsdottir (Island) 54,32
Hochsprung Männer: Gold: Aleksander Shustov (Russland) 2,33 m, Silber: Ivan Ukhov (Russland) 2,31, Bronze: Martyn Bernard (Großbritannien) 2,29
4. Linus Thörnblad (Schweden) 2,29, 5. Jaroslav Baba (Tschechien) 2,26, 6. Oleksandr Nartov (Ukraine) 2,26, 7. Aleksey Dmitrik (Russland) 2,26, 8. Konstad nos Baniotis (Griechenland) 2,23, 9. Marco Fassinotti (Italien) 2,23, 10. Sylwester Bednarek (Polen) 2,19, 10. Peter Horak (Slowakei) 2,19, Tom Parsons (Großbritannien)
Dreisprung Männer: Gold: Phillips Idowu (Großbritannien) 17,81 m, Silber: Marian Oprea (Rumänien) 17,51, Bronze: Teddy Tamgho (Frankreich) 17,45
4. Viktor Kuznyetsov (Ukraine) 17,29, 5. Benjamin Compaore (Frankreich) 16,99, 6. Lyukman Adams (Russland) 16,78, 7. Dmitrij Valukevic (Slowakei) 16,77, 8. Fabrizio Schembri (Italien) 16,73, 9. Fabrizio Donato (Italien) 16,54, 10. Nathan Douglas (Großbritannien) 16,48
Zehnkampf Männer: Gold: Romain Barras (Frankreich) 8.453 Punkte, Silber: Eelco Sintnicolaas (Niederlande) 8.436, Bronze: Andrei Krauchanka (Weißrussland) 8.370
4. Mikk Pahapill (Estland) 8.298, 5. Hans Van Alphen (Belgien) 8.072, 6. Darius Draudvila (Litauen) 8.032, 7. Aleksey Drozdov (Russland) 8.029, 8. Eduard Mikhan (Weißrussland) 7.999, 9. Igor Sarcevic (Serbien) 7.995, 10. Andres Raja (Estland) 7.991
EM HEUTE
50 km Gehen (7.35 Uhr): WR: Dennis Nischegorodow (Russ.) 3:34:14 (2008), ER: Nischegorodow, JWB: Yuki Yamazaki (Japan) 3:46:56, EJB: Rafal Augustyn (Polen) 3:49,54, Fav.: Juri Andronow (Russland)
Stabhochsprung Damen (18.30 Uhr): WR: Jelena Issinbajewa (Russland) 5,05 (2008), ER: Issinbajewa, JWB: Jennifer Suhr (USA) 4,89, EJB: Caroline Hingst (Deutschland) 4,72, Fav: Anna Rogowska (Polen)
200 m Männer (19.25 Uhr): WR: Usain Bolt (Jamaika) 19,19 (2009), ER: Pietro Mennea (Italien) 19,72 (1979), JWB: Bolt 19,56, EJB: Christophe Lemaitre (Frankreich) 20,16, Fav.: Lemaitre
400 m Damen (19.35 Uhr): WR: Marita Koch (Deutschland) 47,60 (1985), ER: Koch, JWB: Debbie Dunn (USA) 49,64, EJB: Anastasia Kapatschinskaja (Russland) 50,16, Fav.: Ksenia Ustalowa (Russland)
110 m Hürden Männer (19.50 Uhr): WR: Dayron Robles (Kuba) 12,87 (2008), ER: Colin Jackson (GBR) 12,91 (1993), JWB: David Oliver (USA) 12,89, EJB: Petr Svoboda (Tschechien) 13,27, Fav.: Andy Turner (Großbritannien)
Hammerwurf Damen (20.20 Uhr): WR: Anita Wlodarczyk (Polen) 78,30 (2010), ER: Wlodarczyk, JWB: Wlodarczyk, EJB: Wlodarczyk, Fav.: Betty Heidler (Deutschland)
3.000 m Hindernis Damen (20.25 Uhr): WR: Gulnara Samitowa-Galkina (Russland) 8:58,81 (2008), ER: Samitowa-Galkina, JWB: Milcah Chemos Cheywa (Kenia) 9:11,71, EJB: Marta Dominguez (Spanien) 9:17,07, Fav: Dominguez
400 m Männer (21.25 Uhr): WR: Michael Johnson (USA) 43,18 (1999), ER: Thomas Schönlebe (Deutschland) 44,33 (1987), JWB: Jermaine Gonzales (Jamaika) 44,40, EJB: Jonathan Borlee (Belgien) 44,77 , Fav.: David Gillick (Irland), Borlee
400 m Hürden Damen (21.40 Uhr): WR: Julia Petschonkina (Russland) 52,34 (2003), ER: Julia Petschonkina (Russland) 52,34 (2003), JWB: LaShinda Demus (USA) 52,82, EJB: Natalia Antiuk (Russland) 54,00, Fav.: Antjuch
800 m Damen (21.50 Uhr): WR: Jarmila Kratochvilova (Tschechoslowakei) 1:53,28 (1983), ER: Kratochvilova, JWB: Maria Sawinowa (Russland) 1:57,56, EJB: Maria Sawinowa (Russland) 1:57,56, Fav.: Sawinowa
1.500 m Männer (22.00 Uhr): WR: Hicham El Guerrouj (Marokko) 3:26,00 (1998), ER: Fermin Cacho (Spanien) 3:28,95 (1997), JWB: Silas Kiplagat (Kenia) 3:29,27, EJB: Andrew Baddeley (Großbritannien) 3:34,50, Fav.: Arturo Casado (Spanien)
De Maart
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