Die Pläne der FLF, mit der vorläufigen Suspendierung von Gerson Rodrigues eine ruhige Vorbereitung auf die anstehende WM-Qualifikation im Herbst zu garantieren, platzten vergangene Woche: Luc Holtz, dessen Vertrag im Dezember ausgelaufen wäre, bat den Präsidenten um eine vorzeitige Auflösung des Arbeitspapiers – und sitzt bekanntlich seit neun Tagen auf dem Trainerstuhl bei Waldhof Mannheim in der dritten Liga.

In Monnerich standen die Kandidaten für die mögliche Nachfolge aber nicht erst seit wenigen Tagen Schlange. Hinter den Kulissen stapelten sich die Lebensläufe potenzieller Anwärter auf den Job bei den „Roten Löwen“. Es ist ein offenes Geheimnis: Das Interesse am Posten bei der FLF war groß. In den sozialen Medien zirkulierten wilde Gerüchte und etliche Namen, angefangen bei den Topkandidaten Mario Mutsch und Jeff Strasser. Genannt wurden noch Carlos Fangueiro oder Sébastien Grandjean, bis hin zu Großkalibern wie Jogi Löw oder Edin Terzic.
Es wäre wohl für den Verband der einfachste Schritt gewesen, dem bisherigen Co-Trainer Mutsch die Schlüssel zu überreichen und im Sinne einer reibungslosen Kontinuität weiterzumachen. Die Wahl fiel allerdings auf den im Trainerbusiness erfahreneren der beiden Ex-Nationalspieler. Strasser, den man als energischen, lautstarken und manchmal auch unbequemen Typ an der Seitenlinie kennt, wurde zum 18. FLF-Coach der Geschichte ernannt, sein Vertrag läuft bis Ende Dezember 2026. Er gilt als einer der erfolgreichsten Profispieler seiner Generation, die damals noch kurz Teil der Holtz-Ära wurde.
Am Mittwochmorgen wird der inzwischen 50-Jährige bei der Pressekonferenz in Monnerich (11.00 Uhr) wohl seine erste Ideen und Gedanken für die Zukunft der „Roten Löwen“ preisgeben – denn die Zeit drängt: Schon am 28. August wartet auf Strasser mit der Kaderbekanntgabe die erste Pflichtaufgabe. Wer Strasser kennt, weiß allerdings auch, dass er sich dieses Datum wohl schon länger auf dem Kalender angekreuzt und erste Vorbereitungen getroffen hat …
„Ein Typ, der immer gewinnen will“
Stefano Bensi war selbst früherer Nationalspieler und Teamkollege von Jeff Strasser, inzwischen ist er ebenfalls ins Trainergeschäft eingestiegen. Der gegenseitige Respekt füreinander ist groß. „Ich freue mich für Jeff“, sagte der 37-Jährige. „Über seine Kompetenzen muss nicht viel gesagt werden: Er hatte Erfolge, u.a. bei der Fola, war für kurze Zeit in Kaiserslautern und kennt den Profibereich. Die Ergebnisse werden zeigen, ob er der richtige Mann für diesen Job ist. Auf jeden Fall bin ich froh, dass er die Chance bekommen hat.“
Für Strasser beginnt nämlich nun ein neuer Alltag – ohne Trainingseinheiten, dafür mit mehr Abstand und Distanz. „Man beobachtet die Spieler, erkundigt sich nach ihrem Zustand. Er hat die Erfahrung, um das zu machen. Es ist sicherlich eine kleine Umstellung, so zu arbeiten. Zudem sind die Fußstapfen von Luc Holtz – der für seine Arbeit eine Statue in Luxemburg verdient – riesig.“
Bensi weiß natürlich auch, dass die Trainer am Erfolg gemessen werden. „Er soll seine Zeit auf diesem Posten genießen. Es ist ein unheimlicher Stolz, die Nationalmannschaft zu vertreten. Das weiß er. Als Spieler war ich damals noch ein kleiner ‚Spunti’ und er ein saurer Bruder. Jeder weiß, dass er ein anderer Mensch ist, sobald er diese vier weißen Linien sieht. Er ist ein Typ, der immer gewinnen will.“
Es wäre laut Bensi verkehrt, jetzt nicht ein gutes Mittelmaß an eigenen Ideen und Kontinuität in die Mannschaft zu bringen: „Jeder Trainer hat seine Vorstellungen. Man sollte aber nicht zu sehr von der aktuellen Spur abkommen. Frischen Wind kann er allerdings auf jeden Fall reinbringen.“
„Die Karten werden neu verteilt“
In Niederkorn trennten sich die Wege von Präsident Thomas Gilgemann und seinem Ex-Trainer im März. Das gute Verhältnis ist geblieben: „Ich habe ihm bereits geschrieben, um ihm zu gratulieren und zu sagen, dass er diesen Posten verdiene“, berichtete der Franzose. „Mario Mutsch und er hatten aus nationaler Sicht die besten Profile. Wenn es um den Einsatz, das Verständnis oder Analysen geht, ist Jeff ein hervorragender Trainer. Wir sind mit ihm Zweiter geworden und haben in der Saison danach den Pokal gewonnen. Das sind gute Erinnerungen und Ergebnisse.“
Dass Strasser schon länger mit dem Posten des Nationaltrainers liebäugelte, ist kein Geheimnis. „Er sah sich in Luxemburg nicht mehr unbedingt als Vereinstrainer und wollte den nächsten Schritt gehen. Für den Verband ist es eine gute Nachfolge, denn er kennt den nationalen Fußball und das Ausland perfekt. Er vereint alle Qualitäten, die es für den Job braucht.“
Und es könnte sein, dass sich durch die Nominierung nun andere Türen öffnen. „Ich möchte nicht an seiner Stelle antworten, aber seine Sicht über die nationale Meisterschaft ist detaillierter. Er kennt das Niveau der Liga und der Spieler, die infrage kommen könnten. Als Progrès-Präsident würde ich mir wünschen, dass Spieler aus Luxemburg nominiert werden würden. Gleichzeitig ist die Qualität der Spieler im Ausland enorm hoch. Aber warum könnte ein Oli Thill nicht wieder auf der Liste stehen? Der erste Kader wird jedenfalls schon einiges verraten. Mit einem neuen Trainer werden die Karten neu gemischt.“
„Er plant alles, von der Socke bis zum Essen“
Pascal Welter, Vizepräsident der Fola, saß lange Jahre gemeinsam mit Jeff Strasser auf der Trainerbank der „Doyenne“. Dass der Escher Meistertrainer das Rennen um die Holtz-Nachfolge machte, wunderte Welter jedenfalls nicht. „Mich überrascht diese Nachricht nicht. Jeff ist ein Profi. Es ist ein Job, der viele Kontakte mit Spielern braucht – und darin ist er gut. Zudem ist er detailversessen. Er überlässt nichts dem Zufall. Ich habe bekanntlich ein paar Europacup-Spiele mit ihm als Trainer erlebt, er hat nicht nur einen Plan A, sondern ebenfalls Plan B und C – und das nicht für alles, was den Platz angeht, sondern wirklich alles: von der Socke bis zum Mittagessen.“
Bei Anpfiff sei er dann total auf das Spiel fokussiert: „Dann kennt er auch keine Freunde mehr bei den Gegnern. Durch sein Wesen nimmt er Druck von der Mannschaft. Er ist ein Trainer, der polarisiert. Bei der Nationalmannschaft ist das wahrscheinlich ein wenig anders, weil er den Schiedsrichtern nicht unbedingt so bekannt ist, wie er es in der BGL Ligue war.“
Es sei auch kein Geheimnis, dass der neue Mann auf der Trainerbank einen „starken Charakter“ habe, „der seine Ideen beim Verband durchbringen wird, wenn es um Fußballschule oder Systeme geht.“ Fußballerisch ist sich Welter sicher, dass Strasser nichts „erzwingen“ wird: „Man kann nur den Hut vor Luc Holtz ziehen. Jeff wird sich sicherlich an das Spielermaterial anpassen und das Beste herausholen.“

Steckbrief
Jeff Strasser
Geboren am 5. Oktober 1974
Trainerstationen: Fola Esch 1. FC Kaiserslautern (D), Fola Esch, Swift Hesperingen, Jeunesse Esch, Progrès Niederkorn
Spielerstationen: US Mondorf, Union, FC Metz (F), 1. FC Kaiserslautern (D), Borussia Mönchengladbach (D), Racing Straßburg (F), FC Metz (F), Fola Esch, Grasshoppers Zürich (CH), Fola Esch
Nationalmannschaft: 98 Einsätze in 17 Jahren (Platz fünf im ewigen Ranking). Länderspieldebüt am 12. Oktober 1993 gegen Griechenland, letztes Spiel am 12. Oktober 2010 gegen Frankreich.
De Maart

bonne chance jeff