„Ich nehme die Aufgabe ab sofort an“, erklärte Menezes am Samstag auf einer Pressekonferenz, nachdem er noch kurz zuvor das Training beim Erstligisten Corinthians São Paulo geleitet hatte. Am Freitagabend habe er ein langes Gespräch mit Ricardo Teixeira, dem Präsidenten des nationalen Verbandes CBF, geführt und dabei noch um Zeit für „eine lange Analyse“ gebeten.
Der Nominierung des Erfolgstrainers vom Pokalsieger, den er noch gestern im Ligaspiel gegen Guarani Campinas betreute, ging ein Possenspiel am Freitag voraus. Zunächst hatte Teixeira Kontakt zu seinem Wunschkandidaten Muricy Ramalho aufgenommen (siehe „T“ vom Samstag), die Rechnung dabei aber ohne dessen Klub Fluminense FC gemacht. Der Spitzenklub aus Rio de Janeiro legte als Retourkutsche für ein vor wenigen Wochen ausgetragenes Machtspiel mit dem autokratischen CBF-Boss sein Veto ein. Noch am Abend folgte dann die telefonische Kontaktaufnahme zu Menezes, der sich mit dem Okay aber ebenfalls Zeit ließ. „Wahrscheinlich waren noch andere Trainer auf der Wunschliste, deshalb muss ich mir keine Gedanken machen, warum ich nicht die erste Wahl war. Ich bin glücklich und stolz“, sagte Menezes am Samstag, nachdem er kurz nach der Absage Ramalhos noch verkündet hatte, dass die Situation für den nächsten Kandidaten weitaus schwieriger wäre.
Bereits heute wird der 48-Jährige mit der Bekanntgabe des Kaders für das Freundschaftsspiel am 10. August in New Jersey gegen die USA seine erste Amtshandlung vollziehen. Offen sind dann noch die Besetzung seines Trainerteams und der Posten des Technischen Koordinators. Als Seleção-„Überwacher“ ist Ex-Weltmeister-Coach Carlos Alberto Parreira im Gespräch.
Heimatprofis
Gegen die USA werden die WM-Akteure, die noch im Urlaub weilen, und die Stars aus Europas Top-Ligen, die gerade erst die Saison-Vorbereitung aufgenommen haben, fehlen.
Doch der Rückgriff auf die Heimatprofis soll keine Notlösung bleiben. „Wie der neue Trainer mir schon mitteilte, werden in der Nationalmannschaft wieder verstärkt Spieler berücksichtigt, die in brasilianischen Klubs tätig sind“, sagte Teixeira. Vorgänger Dunga war mit 20 Europa-Legionären im 23-köpfigen WM-Aufgebot in Südafrika im Viertelfinale gescheitert.
„Große Herausforderungen für große Männer. Brasilien vertraut dir“, schrieb Ronaldo später in seinem Mikro-Blog auf Twitter. Die Altstars Zico und Romario meinten unisono: „Er bringt alles mit, um große Arbeit zu leisten.“ Wie sein Vorbild Scolari und Vorgänger Dunga stammt Menezes aus der Fußballschule der Gauchos aus dem Bundesland Rio Grande do Sul. Er gilt als Fußballbesessener, der im Umgang mit den Spielern zwischen Disziplin und freier Hand die Waage halten kann. Und – ganz wichtig – als Siegertyp. Die fanstarken Topklubs Gremio Porto Alegre (2005) und Corinthians São Paulo (2008) brachte er nach deren Fall in die Zweitklassigkeit umgehend wieder ins Fußball-Oberhaus. Hinzu kommt der Pokalgewinn mit Corinthians im vergangenen Jahr sowie ein überraschender zweiter Platz im Libertadores-Cup mit Gremio 2007. Der „Hexa“ 2014 soll der nächste Titel werden. Die Copa America 2011 in Argentinien und der Confed-Cup 2013 im eigenen Land sind wie die nun anstehenden Testspiele des kommenden WM-Gastgebers, der bereits automatisch für die Endrunde in vier Jahren qualifiziert ist, nur Durchgangsstationen. „Jetzt ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und die Dinge zu planen“, mahnte der neue Nationaltrainer.
De Maart
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