Freitag24. Oktober 2025

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RadsportBob Jungels über die Nicht-Nominierung für die Tour de France und die anstehende Vuelta

Radsport / Bob Jungels über die Nicht-Nominierung für die Tour de France und die anstehende Vuelta
Bob Jungels wird versuchen, seine Freiheiten in Spanien zu nutzen Foto: Editpress/Gerry Schmit

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Bob Jungels startet am Samstag zum vierten Mal in seiner Karriere bei der Vuelta a España. Nachdem der Luxemburger bereits Etappensiege bei der Tour de France und dem Giro d’Italia feiern konnte, will er nun versuchen, sein persönliches Grand-Tour-Triple zu vollenden. Im Gespräch mit dem Tageblatt spricht der 32-Jährige über seine Ziele für die Spanien-Rundfahrt – und darüber, wie er die Enttäuschung über die verpasste Tour-de-France-Nominierung verarbeitet hat.

Tageblatt: Bob Jungels, Sie sind vor rund zwei Wochen bei der Tour de Pologne gestürzt. Deswegen die wichtigste Frage vorweg: Wie geht es Ihnen?

Bob Jungels: Es war eigentlich ein blöder Sturz. Im Peloton ist jemand von hinten in mich reingefahren. Ich bin dann vorne über den Lenker geflogen und habe mir beim Aufprall das linke Handgelenk verstaucht. Ich musste ein paar Tage eine Schiene tragen, es ging aber dann relativ schnell besser, sodass ich nicht viele Trainingstage dadurch verloren habe. 

Die Spanien-Rundfahrt ist nun Ihre erste Grand-Tour des Jahres. Wie sind Sie damit umgegangen, dass Sie für den Giro und besonders die Tour de France davor nicht nominiert wurden?

Der Giro stand von Anfang an nicht in meinem Plan. Nicht für die Tour de France nominiert zu werden, war dagegen eine Enttäuschung, denn das war mein Hauptziel des Jahres. Nicht dabei sein zu dürfen, war für mich nicht leicht. 

Sie sind dann die Österreich-Rundfahrt gefahren, wo Sie eine Etappe gewonnen haben. Sind Sie mit einer Portion Wut im Bauch gefahren?

Ja, ganz sicher. Es war eine harte Entscheidung, dass ich bei der Tour de France nicht dabei sein konnte. Ich musste danach ein bisschen Abstand bekommen, habe dann aber zugesehen, die Form, die ich hatte, weil ich die ganze Vorbereitung auf die Tour mitgemacht hatte, zu nutzen und das Beste daraus zu machen. Das Team und ich persönlich sind dann eine gute Österreich-Rundfahrt gefahren. Der Etappensieg war die Kirsche auf dem Kuchen.

Egan (Bernal) wird Priorität haben, aber es wird jeden Tag auch der eine oder andere Fahrer seine Freiheiten bekommen – wo ich definitiv auch dazugehöre

Bob Jungels, über die Ineos-Vuelta-Pläne

Wie wichtig war dieser Etappensieg für Ihre Moral? Wenn man die Landesmeistertitel ausklammert, dann lag Ihr letzter Profisieg – bei der Tour de France 2022 – immerhin fast drei Jahre zurück.

Heutzutage ist es nicht mehr so leicht, Rennen zu gewinnen. Sei es auf der WorldTour oder bei etwas kleineren Rennen. Es sind sehr oft die gleichen Teams mit den gleichen Fahrern, die die Rennen für sich entscheiden. Dadurch wird es für Fahrer aus der zweiten Reihe immer schwerer und seltener, Rennen zu gewinnen. Dementsprechend war es für mich umso schöner, diesen Sieg einzufahren. Auch mental tut es natürlich immer gut, die Hände hochzureißen und einen Sieg zu feiern. Für mich war es ein Zeichen, dass ich es noch draufhabe. Das gab mir natürlich auch einen moralischen Boost für den Rest der Saison. Für mich und die Mannschaft war es ein toller Beweis, dass ich noch immer vorne mitfahren kann. 

Wie ist Ihre Form nun vor dem Start der Vuelta?

Ich bin ganz gut in Form. Ich habe eine lange Vorbereitungsphase hinter mir – erst in Richtung Tour de France. Nach der Tour of Austria habe ich etwas langsamer gemacht, dann gab es den kleinen Rückschlag in Polen. Mein Training hat darunter aber nicht viel gelitten. Ich habe weiter gut gearbeitet und war auch in den Vogesen, um Berge zu fahren. Ich gehe jetzt mit einer guten Form an den Start der Vuelta.

Das Ineos-Vuelta-Team um Bob Jungels (Mitte) bei der Präsentation am Donnerstag
Das Ineos-Vuelta-Team um Bob Jungels (Mitte) bei der Präsentation am Donnerstag Foto: AFP/Marco Bertorello

Ihre Mannschaft hat ihre Aufstellung für die Vuelta erst kurzfristig am Donnerstag bekannt gegeben. Wann haben Sie erfahren, dass Sie antreten werden?

Für mich war spätestens nach meinem Sieg in Österreich und der Nicht-Selektion für die Tour klar, dass es Richtung Vuelta gehen würde. Während der letzten zwei, drei Wochen wusste ich auch, dass ich unter den fünf, sechs Mann bin, die sicher dabei sind. Ich konnte mich deswegen auch ziemlich gut darauf vorbereiten.

Mit welchen Erwartungen geht das Team rein?

Wir haben mit Egan Bernal einen Leader, mit dem es realistisch ist, eine Top-fünf-Platzierung in der Gesamtwertung herauszufahren. Das ist auch unser Hauptziel. Daneben versuchen wir natürlich, uns in den einzelnen Etappen zu zeigen und die eine oder andere zu gewinnen. Wir sind mit einer starken Mannschaft am Start und die Vuelta ist auch immer ein Rennen, bei dem sich viele Gelegenheiten ergeben. Wir hoffen, das für uns nutzen zu können.

Wie wird Ihre persönliche Rolle in den kommenden drei Wochen aussehen?

In erster Linie bin ich für den Support von Egan dabei. Wir versuchen aber auch, die Art und Weise, wie wir schon über das ganze Jahr Rennen gefahren sind, fortzuführen: Offensiv fahren, uns in Ausreißergruppen zeigen und die sich bietenden Chancen nutzen. Egan wird Priorität haben, aber es wird jeden Tag auch der eine oder andere Fahrer seine Freiheiten bekommen – wo ich definitiv auch dazugehöre.

Sie haben bereits Etappensiege beim Giro d’Italia (2017) und der Tour de France (2022) gefeiert. Was würde Ihnen das Grand-Tour-Triple bedeuten?

Das wäre eine sehr wichtige Sache für mich. Das ist etwas, das nicht allzu vielen Fahrern in ihren Karrieren gelingt. Wenn ich jeweils einen Etappensieg bei den drei Grand-Tours hätte, plus ein Monument, wäre das ein Palmarès, das sich zeigen lässt. Darauf arbeite ich hin. Das ist mein persönliches Ziel.

Wie bewerten Sie das diesjährige Profil der Spanien-Rundfahrt?

Historisch gesehen, ist die Vuelta vom Profil her immer eins der schwersten Rennen. Das ist auch in diesem Jahr so. Es gibt vier flache Etappen, ein Team- und ein Einzelzeitfahren. Ansonsten ist es immer hügelig bis hin ins Hochgebirge. Dementsprechend wird es viele Möglichkeiten geben – aber man muss seine Kräfte auch gut einteilen. Gerade weil es viele Möglichkeiten gibt, sehe ich die Vuelta als eines der schwersten Rennen des Jahres. Die Etappensiege werden hart umkämpft sein. Es ist meiner Meinung nach die Grand-Tour, die vom Rennverlauf her am offensten ist. Das wollen wir für uns nutzen.