Marc Biwer
Die beiden Halbfinalpartien am Samstag waren schön nach Alter aufgeteilt. Mit Roberta Vinci (ITA, WTA 45) und Anne Keovathong (GBR, 143) standen sich auf der einen Seite zwei 27-Jährige gegenüber, auf der anderen Seite zwei 88er-Mädchen. Und das machte den ersten Unterschied zu 2009 aus, als vier Youngsters (20-22 Jahre) das CK-Sportcenter auf Kockelscheuer eroberten.
Das deutsche Duell gegen Angelqiue Kerber (52) gewann Görges in drei Sätzen. Das zweite Halbfinale wurde indes zur klaren Angelegenheit für die Italienerin. Keothavong hatte am Vortag bei ihrem Marathonmatch gegen Iveta Benesova und anschließendem Doppel zu viele Körner gelassen und erkannte neidlos die Überlegenheit von Vinci an: „Sie hat mir nicht viel Raum zu meinem Spiel gelassen.“
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Das Viertelfinale
Der Finalsonntag wurde zur Mittagsstunde mit dem Doppelendspiel in Angriff genommen. Quasi als Vorprogramm traten Iveta Benesova (CZE) und Barbora Zahlavova Stycova (CZE) gegen Timea Bacsinszky (SUI) und Tathiana Garbin (ITA) an. Bei der Schweizerin, Titelverteidigerin im Einzel, waren nach dem Erstrundenaus die Tränen geflossen. Am Sonntag konnte sie sich mit dem Doppelsieg an der Seite von Garbin trösten.
Beide Finalteilnehmerinnen konnten zumindest einen Turniersieg verbuchen. Damit war sicher, dass Luxemburg keine weitere Premiere erleben würde, der zweite Unterschied zu 2009.
„Auf dem Zahnfleisch“
Die (noch) 21-jährige Julia Görges (geb. 2. November 1988) konnte sich am Ende aber kein vorzeitiges Geburtstagsgeschenk bereiten, es blieb beim bisher einzigen Turniererfolg in Bad Gastein (Österreich/2010). Bereits die ersten Bälle waren richtungweisend. Die junge Deutsche, Nummer acht der Setzliste und letzte Verbliebene, übernahm die Rolle Attacke. Damit blieb Roberta Vinci (Turniersiege 2009 in Barcelona und 2007 in Bogota) – beide sind in der Weltrangliste nur um einen Platz getrennt – zwangsläufig der defensive Part. Eine Rolle, die die Italienerin liebt und zur Perfektion beherrscht. Zumal Görges nicht an die Auftritte der letzten Tage anknüpfen konnte: „Ich bin schon am Samstag am Zahnfleisch gegangen, am Sonntag war es noch schlimmer.“
Jedenfalls fehlte die Konstanz im Spiel der Deutschen Aufsteigerin, ihr Spiel wechselte zu sehr zwischen Welt- und Kreisklasse hin und her. Am Ende überwog die Fehlerquote. Ohne aber, dass Julia Görges enttäuscht hätte, sie spielte gelinde ausgedrückt unglücklich und gab einfach zu viele leichte Bälle ab.
Roberta Vinci spielte hingegen all ihre Routine aus zwölf Jahren Profitennis (bestes Ranking: 41. im Jahr 2005). Die Italienerin war in diesem Finale die Frau ohne Nerven. Auch die schwierigsten Bälle konnte Vinci returnieren und spielte dabei zumeist ein präzises Longline. Trotz zweitem Ass von Görges (insgesamt 8) blieb sie im ersten Satz cool und schaffte das Break zum 3:1. Ihr drittes Aufschlagspiel begann Görges erneut mit einem Ass, erneut mit dem gleichen Ergebnis: Break zum 5:1. Görges gelang das Rebreak zum 5:2, im letzten Spieler aber wehrte Roberta Vinci drei Breakbälle ab und gewann so den ersten Satz (6:4).
Der zweite Satz wurde mit je einem Break begonnen, wobei Vinci zunächst drei Breakbälle vor dem 1:1 abwehren konnte. Exakt das gleiche Schicksal widerfuhr Görges bei ihrem nächsten Aufschlag: drei Breakbälle abgewehrt (zweimal mit Ass), um dann doch mit 1:2 zurückzuliegen. Nach dem 3:1 von Vinci musste Görges ärztlich behandelt werden: „Bei einem Slice von Roberta hat es im linken Oberschenkel gezwickt. Da sie weiterhin Slices spielte, wurde der Schmerz größer.“ Görges wehrte sich weiterhin tapfer, brachte ihre restlichen drei Aufschlagspiele durch, was Roberta Vinci aber ebenfalls gelingen sollte. Beim letzten Ballwechsel konnte sich die Deutsche zwar über drei Matchbälle hinwegretten.
Nach 68′ hieß die verdiente Siegerin Roberta Vinci. Und damit war der italienische Tag auf Kockelscheuer perfekt. „Forza Italia!“ erklang es aus der Halle. Bei der Siegerehrung bedankten sich die Spielerinnen beim Publikum für die riesige Unterstützung und Vinci, die ihrem Namen alle Ehre gemacht hatte (vincere = besiegen), und Görges gaben das Versprechen, im nächsten Jahr wieder dabei zu sein.
De Maart
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