So ganz anfreunden kann sich Nina Berton mit hohen Temperaturen nicht. Die 23-Jährige, die ihre besten Leistungen eigentlich bei den Frühjahrsklassikern zeigt, hat die kühlen Wetterbedingungen bei den belgischen oder nordfranzösischen Rennen in der ersten Saisonhälfte lieber. „Ich mag es nicht, sobald es über 20 Grad warm ist“, sagt Berton, die ab Sonntag in Italien mit Temperaturen über 30 Grad zurechtkommen muss – dafür hat sie sich aber extra vorbereitet.
Berton hat drei Wochen lang „Heat-Training“ absolviert. Dies ist eine Methode, die von Radsportlern gezielt eingesetzt wird, um die Hitzetoleranz zu verbessern und mögliche Leistungsgewinne durch thermische Anpassungen zu erzielen. „Ich bin viel auf der Rolle bei mir zu Hause gefahren, das alles in Winter-Kleidung. Ich habe einen Raum, in dem mein Rad steht, und der Raum ist schon um die 30 Grad warm. Dann ziehe ich mir wasserdichte Kleidung an, Mütze, Handschuhe und alles, was dazugehört. Ich schwitze dabei sehr viel, das ist schon unangenehm.“
„Glaube, dass die Form stimmt“
Das Hitzetraining ist im Radsport mittlerweile eine gängige Methode geworden, um die Leistung bei hohen Temperaturen konstant zu halten. „Das Training hat noch andere positive Effekte, es ist ähnlich wie ein Höhentrainingslager. Die Blutkörperchen können unter anderem noch besser Sauerstoff transportieren“, sagt Berton. Schon vor den Frühjahrsklassikern hatte Berton ein ähnliches Training durchgezogen, in Vorbereitung auf den Giro war es jedoch „strukturierter“, wie sie selbst sagt.
Zuletzt war Berton Anfang Juni bei der Tour of Britain Women (2.WWT/Platz 54) und bei den Landesmeisterschaften aktiv. Sowohl im Zeitfahren als auch im Straßenrennen musste sie sich Marie Schreiber (SD Worx Protime) geschlagen geben. Das Straßenrennen am vergangenen Sonntag startete um 10.00 Uhr morgens. Als es rund um Mertzig richtig warm wurde, war Berton schon im Ziel. „Es war noch vergleichsweise früh, deswegen war es nicht ganz so warm. Man hat die Luft noch gespürt. Aber ich habe in den letzten Tagen schon gemerkt, dass mein Körper besser mit den Temperaturen klarkommt.“
Und die Form? „Die Meisterschaften sind eher wertlos, um zu wissen, wie es um meine Form steht. Das Rennen war viel zu kurz und nicht so schwer vom Profil her. Als Anhaltspunkt für den Giro kann ich das Rennen nicht nehmen, in Italien erwartet mich was ganz anderes. Ich glaube aber, dass die Form stimmt. Die Beine fühlen sich von Tag zu Tag besser an“, sagt Berton.
Giro „schwerer als die Tour“
919,2 Kilometer sind über acht Etappen von Bergamo nach Imola zu absolvieren. Zum Auftakt gibt es ein Einzelzeitfahren über 14,2 Kilometer, dann wartet direkt eine Bergankunft. „Das Rennen ist in diesem Jahr schwerer als die Tour de France. Es gibt immer viele Überraschungen beim Giro und auch wegen der Hitze kann viel passieren.“ Berton wird dabei ihre Freiheiten bekommen. „Ich werde versuchen, in die Ausreißergruppe zu kommen. Es wäre schön, ein gutes Resultat einzufahren. Ich werde meine Chancen bekommen, will aber auch Kim Cadzow unterstützen, die aufs Gesamtklassement fährt.“
Dass ihr Körper der hohen Belastung über acht Tage standhält, hat sie bereits in den vergangenen beiden Jahren bewiesen, als sie die Tour de France beendete. „Je länger ein Rennen dauert, desto besser fühle ich mich“, sagt Berton. „Das war auch in Großbritannien Anfang Juni so.“ Und deswegen ist eine Teilnahme an der Tour de France, die am 26. Juli in Vannes startet, nicht ausgeschlossen. Doch erst mal muss Berton die italienische Hitze überstehen.
De Maart
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