LEICHTATHLETIK – Die neu-organisierten Europameisterschaften (Programm auf sechs Tage gestrafft) begannen gestern im eher spärlich
besetzten Olympiastadion in Barcelona mit einer Aufwärmrunde. Lediglich zwei Entscheidungen standen auf dem Programm, die erste Goldmedaille dieser 20. EM seit 1934 hatte sich aber am morgen in der Innenstadt der russische Geher Emelyanow geholt (siehe Kader).
Aus Barcelona berichtet „T“-Redakteur Claude Clemens
Die erste Goldmedaille im Stadion ging nach Osteuropa, welches das Kugelstoßen der Damen dominierte. Die einzige 20-m-Werferin dieses Jahres, Nadezhda Ostapchuk aus Weißrussland, siegte überaus deutlich mit 20,48 m vor ihrer Landsfrau und Titelverteidigerin Natalia Mikhnevich (19,53) sowie der Russin Anna Avdeyeva (19,39). Hinter einer weiteren Weißrussin und einer weiteren Russin konnten drei Deutsche von den Plätzen sechs bis acht nur zusehen.Der Erste bei den Zuschauern
Kommen die Zuschauer nicht (mehr) zur Leichtathletik, geht die Leichtathletik eben zu den Zuschauern: Genau wie bei der WM 2009 in Berlin finden nun auch erstmals bei einer EM die Marathon- und Geher-Wettbewerbe völlig „losgelöst“ vom Stadion statt. Der Schauplatz wurde komplett, mit Start und Ziel, in die Innenstadt verlegt, Eintritt wird natürlich keiner erhoben. Während sich die Geher mit einer 1-km-Runde auf dem Paseo de Picasso begnügen müssen, absolvieren die Marathonis viermal eine 10 km lange Sightseeing-Runde durch Barcelona.
Als erstes Event standen gestern Morgen die 20 km Gehen der Männer auf dem Programm. Und hier schlug die Geher-Nation Russland zu: Der gerade mal 19-jährige Stanislaw Emelyanow gewann überraschend die erste Goldmedaille dieser EM, vor dem italienischen 50-km-Olympiasieger Alex Schwazer und dem Portugiesen Joao Vieira.
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Auch der zweite Titelverteidiger des Abends wurde entthront. Der Deutsche Jan Fitschen war ab der Hälfte des 10.000-m-Rennens chancenlos und musste als 12. von hinten zusehen, wie ihn der britische Favorit Mo Farah beerbte. Der machte sich mit seiner arroganten Laufweise aber nicht nur Freunde. Chris Thompson sorgte im Schlussspurt vor Daniele Meucci (Italien) für ein britisches Double. Der bemitleidenswerte Spanier Ayad Lamdassem (bis 2007 Marokkaner), von Farah in den letzten zwei Kilometern ohne ersichtlichen Grund in die Tempo-Arbeit gedrängt, brach auf den letzten 80 m komplett ein und wurde nur Vierter.
Das Duell
Ein Duell, das gestern mit den Vorläufen begann, sticht besonders hervor: Christophe Lemaitre, ein unverbrauchter 20-jähriger Franzose, gegen Dwain Chambers, ein 32-jähriger Brite mit Dopingvergangenheit.
Erstgenannter rannte am vergangenen 9. Juli als erster weißer Sprinter die 100 m unter 10 Sekunden (9.98). Letzterer ist bei Veranstaltungen, wo das olympische Komitee Großbritanniens das Sagen hat (Olympia und Commonwealth Games), auf Lebenszeit gesperrt. Trotzdem ist Chambers amtierender Hallen-Welt- und Europameister. Lemaitre ist Junioren-Europameister über 100 m (2009), war 2008 Junioren-Weltmeister über 200 m.
Dass zwei Sprinter vor einer EM unter 10 Sekunden rannten (Chambers 9.99) gab es noch nie. Gestern ging es bei Gegenwind erst mal gemächlich los, mit 10.21 für Chambers als Sieger des 1. Vorlaufs und 10.19 für Lemaitre als Sieger von Lauf fünf. Dass Titelverteidiger Francis Obikwelu (Portugal) nach seinem Rücktritt (2010) vom Rücktritt (2009) in 10.27 ebenfalls als Vorlaufsieger ins Halbfinale einzog, interessierte fast nur am Rande. Heute wird’s ernst mit Halbfinale (19.50 Uhr) und Finale (21.45).
Auch sonst gab es keine Überraschungen in den Qualifikationen. Die ehemalige Siebenkampf-Queen Carolina Klüft (Schweden) tut sich 2010 schwer im Weitsprung und zog als Letzte so gerade eben ins Finale ein, und in unserem Nachbarland Belgien darf man weiter von einem Bruder-Podium träumen: Jonathan Borlée (1. der Europa-Rangliste über 400 m) und Zwillingsbruder Kevin (6.) zogen beide als Vorlaufsieger ins Halbfinale ein.
De Maart
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