Tageblatt: Wie erlebten Sie diese Eröffnungsfeier als 16-jähriger Fahnenträger?
Raphaël Stacchiotti: Wenn man sich heute das Video auf Youtube anschaut, kann man sehen, wie überwältigend das war. Ich finde es noch heute schwer, Worte dafür zu finden. Letztes Jahr in Tokio war damit nicht ansatzweise zu vergleichen. Das liegt vielleicht an der Gender-Umsetzung. Es ist zwar gut, das so zu machen. Aber für den Fahnenträger, den Moment zu teilen, das nimmt doch etwas weg.
Woran denken Sie beim Stichwort Olympische Spiele in Peking?
Natürlich an die Eröffnung, aber auch an das Team USA im Basketball, Usain Bolt, Michael Phelps … An ihnen sieht man, wie groß das Ganze eigentlich ist. Peking und China kann man auch in einem anderen Licht betrachten, aber sie organisieren das perfekt. Für mich als Sportler war es perfekt. Mit 16 Jahren stellt man das nicht infrage. Sportlich war es auf jeden Fall mit meine beste Zeit.
Wie wichtig waren diese Spiele für Ihre Karriere, auch die gesammelte Erfahrung?
Es war einfach krass, diese Kaliber an Körpern zu sehen. Nowitzki mit seinen 2,13 Metern und wie er sich bei der Größe dann bewegt. Da fragte ich mich, was machen wir falsch? Das war einfach enorm schön zu schauen. Ich sah Bolt bei seinem Sieg über 200 Meter sich vor uns locker auslaufen. Berührt der überhaupt die Erde? Der ist noch beim lockeren Laufen schneller, als ich jemals sein kann. Da fängt man an zu analysieren, wie geht das?
Wie ist es eigentlich, mit solchen Weltstars im Olympischen Dorf zu leben?
Das hat mir sehr viel gebracht. Wir, also auch Laurent Carnol, haben uns da direkt mit dem großen internationalen Niveau angefreundet. Verstanden, wie der Hase läuft. Vielleicht war das ein wenig früh, aber ich habe das immer als Chance gesehen. So früh die große Welt gesehen zu haben und all diesen Weltstars begegnet zu sein. Ich habe das nie negativ gesehen, sondern damals die Zeit einfach nur genossen.
Wie nervös waren Sie, mit 16, bei so einem Großereignis?
Ich war zwar nervös, aber Peking war sicher nicht mein nervösester Wettkampf. Vielleicht lag das am jungen Alter. In London habe ich mir viel mehr Fragen gestellt. Es war einfach ein Genuss. Das Problem war eher, dass es so schnell vorbei war und ich einen „Overkill“ an Eindrücken und Erfahrungen hatte.
Wie haben sich dieses Leben und die Spiele mit der Pandemie verändert?
Es ist, wie es ist, aber meine Enttäuschung war groß in Tokio. Die Wohnungen waren längst verkauft, sodass nur das Nötigste mit Betten aus Pappe dort war. Man konnte das Olympische Dorf nicht so genießen wie andere Dörfer. Ich hatte gar nicht den Drang, rauszugehen und andere Sportler zu treffen. Was man sonst natürlich machte und getan hätte. Die Masken machen einfach viel kaputt. Die Distanz. Viele Emotionen gehen verloren.
De Maart
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