Tageblatt: Wie lange ärgerte Sie der späte Gegentreffer gegen die Slowakei?
Anthony Moris: Das hat sich mit der Zeit und mit der Erfahrung sehr schnell gelegt. Ich habe die Situation noch einmal Revue passieren lassen. Man muss es akzeptieren und verstehen können, warum es so ist. Ich glaube, es war einfach eine Frage der Unkonzentriertheit, denn ich hatte das Gefühl, dass alle, von den Spielern bis hin zu den Zuschauern, die das Spiel sahen, davon überzeugt waren, dass wir am Ende gewinnen würden. Aber das bedeutet, dass man in jedem Alter dazulernt. So ist das eben, das gehört zum Fußball dazu.
Wie bewerten Sie die September-Spiele?
Dieser Monat ist immer etwas kompliziert, denn man darf nicht vergessen, dass davor die Vorbereitungen in den Vereinen stattfinden, dass einige Spieler den Verein gewechselt haben und daher später mit der Vorbereitung begonnen haben. Man kann bereits eine Parallele zu Deutschland ziehen: Alle konzentrieren sich nur auf das, was im September war, aber jetzt, einen Monat später, ist vieles anders: In der Zwischenzeit hat sich ein Rhythmus entwickelt, es gab Spielpraxis, Spiele auf sehr hohem Niveau. Um auf die Frage zurückzukommen: Ich glaube, abgesehen von dem, was auf dem Spielfeld geleistet wurde, ist es auch das Training mit dem neuen Trainer, das viel bewirkt hat. Wir können selbstbewusst auftreten.
Um bei den letzten Wochen zu bleiben: Welche erste Bilanz ziehen Sie von Ihrem Wechsel zu Al-Khaleej?
Sehr gut. Es galt, sich zu akklimatisieren. Mit dem Klima wird es langsam besser, man beginnt, es zu genießen. Aber auch aus sportlicher Sicht ist es etwas anderes, abends mit neuen Trainingsmethoden zu trainieren. Ich denke, dass die Eingewöhnungsphase für einen Fußballspieler, von der alle sprechen, real ist. Ich habe das Gefühl, dass diese Phase langsam zu Ende geht. Ich finde meinen Rhythmus.
Es war nicht nur eine sportliche Entscheidung, sondern auch aus privaten Gründen. Wie zufrieden sind Sie?
Es ist eine Lebenserfahrung, sowohl für meine Frau als auch für die Kinder, die wir nie vergessen werden.
Es stellt auch unser Leben und unsere Zukunft in Frage, denn es ist eine grandiose Erfahrung, die wir komplett ausleben wollen. Aus kultureller, religiöser und sozialer Sicht glaube ich, dass auch unsere Kinder ihr ganzes Leben lang davon profitieren werden.
Welche Rolle spielt der Liga-Betrieb in Saudi-Arabien? Erkennt man Sie im Supermarkt?
Nein, nein, überhaupt nicht. Ich habe das Gefühl, dass Fußball noch nicht die Sportart Nummer eins ist, auch wenn aufgrund der Weltmeisterschaft langsam Bewegung aufkommt. Es werden neue Stadien gebaut. Zudem stellen die Vereine Mittel bereit, um sich bestmöglich zu professionalisieren. Aber es ist noch nicht in den Gewohnheiten verankert, würde ich sagen.
Wie hoch ist das Niveau der Liga?
Ich war ehrlich gesagt sehr positiv überrascht. Es gibt einige sehr gute Mannschaften. Wir haben das letzte Spiel gegen Al-Taawoun gespielt. Die sind stark. Sie würden in Belgien ohne Frage ganz oben mitspielen. Und ich freue mich darauf, bald auch gegen die vier großen Vereine anzutreten. Wir haben bereits gegen Al-Qadsiah gespielt. Das war nicht schlecht, wir hätten gewinnen können. Wir haben sie dominiert, das gibt uns viel Selbstvertrauen für die Zukunft. Aber es ist klar, dass die Spiele gegen Al-Ittihad, Al-Nassr, Al-Hilal mit Benzema und Ronaldo, um nur diese zu nennen, sehr schöne Tests sein werden.
Wie lange dauert die Reise nach Luxemburg?
Von Tür zu Tür, also von zu Hause bis zu dem Moment, als ich hier im Hotel ankam, habe ich 14 Stunden gebraucht. Ich achte schon darauf, Flüge zu Zeiten zu nehmen, bei denen ich trotzdem auch meine Schlafenszeiten einhalten kann.
Steckbrief
Anthony Moris
Geboren am 29. April 1990
Position: Torwart
Bisherige Vereine: RCS Habay, Standard de Liège, Saint-Trond, Standard, Malines, Virton, Union Saint-Gilloise (alle B), seit Sommer bei Al-Khaleej (SAU)
Nationalmannschaft: 75 Spiele
Was erwartet Jeff Strasser als neuer Nationaltrainer von Ihnen?
Ich glaube, dass es ein wenig in der Kontinuität der letzten Trainer liegt, die ich hatte, sei es im Verein oder in der Nationalmannschaft: Dem Torwart kommt eine entscheidende Rolle im Spielaufbau zu. Das Spiel mit dem Ball am Fuß ist eine meiner guten Eigenschaften. Jeff Strasser ist auch jemand, mit dem ich mich etwas mehr über taktische Dinge unterhalte als mit Luc Holtz, ohne dass ich Vergleiche über beide ziehen will. Er steht seiner Mannschaft nahe. Man spürt seinen Willen, gute Arbeit zu leisten und uns weiter voranzubringen. Er teilt auch seine täglichen Erfahrungen mit uns. Was die taktischen Gespräche angeht, gefällt mir das, weil ich mich einbringen möchte und ich denke, dass ich über die nötige Erfahrung verfüge, um ihm meine Meinung mitzuteilen.
Er hat Sie auch im September angerufen, um Ihnen den möglichen Rücktritt auszureden.
Es ging eigentlich nicht darum, mich zurückzuholen. Ich habe nicht gesagt, dass ich zurücktreten würde, sondern dass ich mir Fragen über die Zukunft stellen würde und darüber, wie es weitergehen soll und das Leben vor Ort mit meiner Frau und den Kindern beeinflussen würde. Man darf nicht vergessen, dass sie, während ich hier in Luxemburg bin, 6.500 km entfernt sind. Und wenn etwas passiert … Das war einfach der Gedanke, der damit zusammenhing. Wir haben jetzt eine Balance gefunden, die passt. Nach dem Gespräch mit Jeff ging alles ganz schnell.
Am Freitag stehen Ihnen Spieler wie Florian Wirtz, Serge Gnabry und Karim Adeyemi gegenüber. Die Gefahr könnte von überall kommen …
Ja, da bin ich mir sicher. Jedes Mal, wenn man gegen eine große Nation spielt, darf man sich nicht nur auf vier Namen konzentrieren, sondern müsste alle 24 Namen erwähnen, um die Qualität des Gegners zu verstehen. Es gibt also immer zwei Faktoren, die entscheidend sind. Das erste ist, was wir auf dem Platz leisten werden, wie wir uns auf dieses Spiel vorbereiten und auf welchem Niveau wir uns individuell und als Mannschaft befinden werden. Das Gleiche gilt für den Gegner. Wie werden sie das Spiel angehen? Wie werden sie spielen? Wir wissen, dass wir, wenn man die intrinsischen Qualitäten betrachtet, nur sehr geringe Chancen haben. Aber der Fußball hat uns in der Geschichte schon oft gezeigt, dass es immer eine Chance gibt, an eine Überraschung zu glauben.
Waren Sie als Kind ein begeisterter Bundesliga-Fan?
Nein, und ich möchte lieber ehrlich sein: Wenn ich die Wahl habe, mir ein Spiel im Fernsehen anzusehen und es laufen die englische und die deutsche Meisterschaft, würde ich mir die englische Liga ansehen. Es kommt ohnehin selten vor, dass ich Fußball im Fernsehen schaue … Ich habe mich etwas mit den Ergebnissen der letzten Saisons beschäftigt, weil manchmal Spieler dabei waren, die ich von der Union Saint-Gilloise kannte.
Verfolgen Sie denn noch Ihren ehemaligen Verein?
Wollen Sie die Wahrheit wissen? Nein, ich habe mir in dieser Saison kein Spiel angesehen. Nicht einmal die Champions League. Dafür gibt es eine Entschuldigung: Ich trainiere zur gleichen Zeit, wie die Champions-League-Spiele stattfinden. Eigentlich ist der ganze Tagesablauf verschoben, das Wochenende ist freitags und samstags. Der Fernseher ist meist auf Standby, ich genieße lieber die Zeit mit der Familie.
De Maart

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