Tageblatt: Wie wirkt sich die Pandemie auf die Vorbereitung für Peking 2022 aus?
Jeff Bauer: Das ist eine schwierige Frage, die eigentlich nur die Zeit beantworten kann. Wegen der Pandemie werden dieses Jahr keine Punkte vergeben und alle Ranglisten sind eingefroren. Wie sich das auf die Qualifikation im nächsten Jahr auswirkt, werde ich dann sehen.
Und für Sie persönlich?
Ich versuche, mich einfach weiter zu verbessern. Anfang November konnte ich mit den Schweizern in Igls trainieren und danach erstmals in Altenberg mit den Spaniern. Das ist eine sehr schwierige und gefährliche Strecke, mit einem einschüchternden Ruf. Bei meinem ersten Lauf hatte ich in der vierten Kurve auch gleich einen bösen Unfall. Später konnte ich in Königssee mit Florian Graßl arbeiten, der dort 2004 Vizeweltmeister wurde. Das lief sehr gut, bis ich positiv auf Corona getestet wurde und zehn Tage asymptomatisch in Quarantäne im Hotel blieb. Ich trainierte, so viel es ging, im Zimmer und arbeitete daneben in meinem Beruf als Ingenieur.
Nach den Ferien habe ich vor kurzem einen zweiwöchigen Block aus Training und Wettkampf in Altenberg beendet. Dort konnte ich in einem stark besetzten Intercontinental Cup mit Weltmeistern und Olympiasiegern als 17. immerhin fünf Starter hinter mir lassen. Demnächst werde ich noch mit den Österreichern trainieren und bei ihnen auch Vorstarter in einem World Cup sein, ehe zwei Rennen in Königssee anstehen. Danach geht es dann zurück nach Altenberg zur WM (am 11. und 12. Februar, d. Red.).
In Peking wären Sie als Newcomer 48. Was motiviert Sie in diesem Alter?
Seit meiner Jugend in Luxemburg bin ich motiviert. Ich liebe einfach Sport. Mir gefällt es auch, zu reisen und Teil eines Teams zu sein. Der Weg nach Peking ist eigentlich nur eine Fortsetzung meiner Karriere als Athlet. Meine Motivation ist, dass ich einfach das mache, was ich liebe. In anderen Sportarten sieht man durchaus Athleten, die in diesem Alter noch antreten. Ich selber lerne gerade viel über mich selbst, meine Fähigkeiten, meinen Körper und selbst im Skeleton sind einige der Besten in ihren hohen Dreißigern.
Inwieweit ist Ihr Alter aber auch ein Nachteil?
Es wäre bestimmt hart, wenn ich es nicht so sehr lieben würde. Mein Krafttrainer Anthony Schlegel plant mir gerade die härtesten Trainingseinheiten meiner Karriere und ich hätte nicht gedacht, dass diese Intensität an so vielen Tagen der Woche möglich sei. Zusätzlich trainiere ich dieses Jahr meine Flexibilität. Meine Trainerin Monya Maleki ist noch Studentin, aber bei meinem Alter fasziniert von der Aufgabe, was auch Teil ihrer Forschung ist. Ich war nie sehr beweglich, bin es jetzt aber mehr als je zuvor.
Sie müssen viel Reisen. Wie wurde das schwieriger?
Mit den ganzen Corona-Tests für Flüge ist es dieses Jahr etwas schwieriger. Auch wenn ich auf eine neue Strecke will, brauche ich wieder einen neuen Test. Und für einen Wettkampf dann wieder den nächsten. Dann brauchen auch die Hotels wieder negative Tests und ich muss immer Papiere bei mir haben, die mich als professionellen Athleten ausweisen.
Fünf Quotenplätze gestrichen
Vor wenigen Jahren kannten Sie nur einige Basketballer. Nun sind Sie seit Jahren als sportlicher Botschafter des Großherzogtums unterwegs. Was hat sich seither geändert?
Angefangen mit meinem Großvater, der dort im Zweiten Weltkrieg kämpfte, hat Luxemburg immer seinen Platz im Herzen der Familie Bauer gehabt. In den 50ern zog er mit meinem Vater dorthin. So wie mein Vater mit mir als Jugendlichem zehn Jahre dort verbrachte. Als Junior habe ich ja bereits für die nationale Basketballauswahl gespielt. Mit Skeleton erreicht das aber ein ganz neues Level, eine viel größere Bedeutung. Das Land zu repräsentieren ist eine große Ehre. In der Welt der Skeleton- und Bobfahrer sehe ich mich tatsächlich als Botschafter Luxemburgs. Eine Rolle, für die ich dankbar bin und die ich sehr ernst nehme.
Ist es schwieriger, als Athlet einer kleinen Nation anzutreten?
Die größte Herausforderung ist wohl die Größe des luxemburgischen Skeletonteams und wie neu der Sport hier ist. Aber ich bin mit Heinz Thews und FLSG-Verbandspräsidentin Nadine Knepper in permanentem Kontakt. Sie verfolgen meine Fortschritte und unterstützen mich, wo sie können. Was sich richtig gut anfühlt. Ich konnte dabei auch Partnerschaften mit anderen Nationen finden. Schön wäre es aber, einen ständigen Trainer zu haben, denn manchmal fahre ich zu Wettkämpfen, ohne zu wissen, ob ich überhaupt einen Trainer an meiner Seite haben werde.
Wie konkurrenzfähig ist Ihr Material? Schließlich forschen bei anderen Nationen sogar universitäre Zentren an deren Verbesserung.
Es stimmt, dass manche Nationen seit Jahrzehnten an ihren Schlitten forschen und für ihre Piloten exklusive Schlitten herstellen. Diese werden an die einzelnen Kurse und sogar die jeweiligen Bedingungen angepasst. Aber auch ich investierte in einen sehr guten Schlitten, der einstellbar ist. Derzeit ist es für mich wichtiger, die Kurse und Linien zu lernen und meine persönlichen Schwächen zu verbessern.
In der Welt der Skeleton- und Bobfahrer sehe ich mich tatsächlich als Botschafter Luxemburgs
Wie sehen Sie eigentlich Ihre Chancen für die Olympischen Spiele 2022?
Der internationale Verband hat es mit dem Wegfall von fünf Quotenplätzen auf jetzt nur noch 25 Teilnehmer sicher schwerer gemacht. Aber ich glaube definitiv, dass ich die Möglichkeit habe, mich zu qualifizieren. Vor allem, wenn ich mich weiter so verbessere wie in dieser Saison.
Gibt es schon einen Plan für die Zeit danach?
Im Moment bin ich sehr auf 2022 fokussiert. Danach würde ich aber gerne daran arbeiten, dass Skeleton im Land weiter wächst. Vor ein paar Jahren waren zwei Studenten der Universität Innsbruck mit im luxemburgischen Team und fuhren erste Trainingsläufe. Mit Covid-19 ist es aktuell schwierig, das Team zu erweitern. Doch auch nach 2022 hoffe ich, dass Luxemburg bei internationalen Wettkämpfen im Skeleton weiter Präsenz zeigt.
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