Fast hätte Marc Hirschi dem Druck standgehalten, dabei war er auf der letzten Runde des Schlussparcours rund um Vianden eigentlich schon abgehängt. Doch auf dem Abschnitt, der ein letztes Mal zurück ins Ourtal-Städtchen führt, rund zehn Kilometer vor dem Ziel, schloss der Profi von Tudor gemeinsam mit Urko Berrade (Equipo Kern Pharma) und Jhonatan Narváez (UAE) wieder zur neunköpfigen Spitzengruppe auf. Keine Selbstverständlichkeit, denn diese war mit Fahrern wie Brandon McNulty (UAE), Richard Carapaz (EF Educatio -EasyPost) oder Mattias Skjelmose (Lidl-Trek) extrem stark besetzt. Schnell setzte der Schweizer dann selbst eine Attacke und kam tatsächlich weg, konnte bis zum Beginn der letzten Steigung, am Anfang der Kopfsteinpflasterpassage, seinen kleinen Vorsprung verteidigen und sah bis zu den letzten Metern fast schon wie der Sieger aus. Doch hinter ihm rauschten die Verfolger heran und 150 Meter vor der Ziellinie war der Traum vom Etappensieg für Hirschi ausgeträumt, der sich am Ende mit Platz sechs begnügen musste. Dementsprechend angefressen zeigte sich der 27-Jährige im Zielbereich.
Die stärksten Beine an diesem Tag hatte also Skjelmose, der sich mit einem letzten Kraftakt knapp vor dem Franzosen Jordan Jegat (Total Energies) und dem US-Amerikaner McNulty, der seinen Sprint etwas zu früh lanciert hatte, behauptete. Der Triumph vor der malerischen Kulisse brachte Skjelmose, der in der Vergangenheit für Leopard fuhr und in Luxemburg demnach kein Unbekannter ist, gleichzeitig auch das Leadertrikot des Gesamtführenden ein. Das Gelbe Trikot kennt der Däne übrigens bestens, denn 2022 konnte er schon einmal in Luxemburg gewinnen. Großes Lob hatte der Tagessieger vor allem für seinen Teamkollegen Tom Skujins übrig, dem er diesen Etappensieg zu verdanken hatte. „Ich habe ihn gefragt, ob er glaubt, gewinnen zu können, denn ich habe mich nicht sehr gut gefühlt. Aber er hat mir geantwortet, dass er vollständig für mich fahren würde.“
Skjelmose hat in der Gesamtwertung nun vier Sekunden Vorsprung auf Jegat und acht Sekunden auf McNulty. Angesichts des 26 Kilometer langen Zeitfahrens dürfte es am Samstag für Skjelmose schwer werden, das Gelbe Trikot zu verteidigen. McNulty gilt als Zeitfahr-Spezialist, er gewann u.a. 2024 das Zeitfahren der Vuelta und wurde beim WM-Zeitfahren 2023 Vierter.
Die 3. Etappe, die in Mertert gestartet wurde und bei der am Ende dreimal der Schlussparcours den Niklosbierg hinauf bewältigt werden musste, wurde lange Zeit von einer siebenköpfigen Ausreißergruppe dominiert. Dahinter erhöhte das Feld jedoch allmählich das Tempo und ein letztes Quartett – Simon Guglielmi (Arkéa), Thomas Gachignard (Total Energies), Adne Holter (Uno-X) und Henri-François Renard-Haquin (Wagner Bazin) – hatte beim Eingang in die letzte Runde keine Chance mehr. Auch der Ire Ben Healy (EF), der vor zwei Jahren in Vianden triumphiert hatte, konnte bei der letzten Passage den Niklosbierg hoch dem hohen Tempo, für das lange Zeit das Team UEA verantwortlich war, nicht mehr folgen. Auch der bisherige Gesamtführende, der Franzose Romain Grégoire (Groupama-FDJ), musste früh loslassen und verlor am Ende als 29. sogar 2:48 Minuten.
Wallenborn starker 15.
Bester Luxemburger wurde am Freitag Arno Wallenborn, der 15. wurde und 56 Sekunden nach Skjelmose ankam. „Ich kann damit zufrieden sein“, sagte der 22-Jährige. „Es war wirklich eine schwere Etappe, aber wir sind als Team sehr stark gefahren. Die Jungs haben eine super Arbeit gemacht. Sie haben versucht, mich so gut es geht aus dem Wind zu halten und mich immer gut zu platzieren.“ Wallenborn war genau wie Mats Wenzel aus der großen Gruppe mit allen Favoriten gefallen. Er fuhr in der Gruppe mit dem Gesamtführenden Grégoire. „FDJ hat gearbeitet, ich konnte also Kräfte sparen. Wir haben es fast wieder an die Gruppe vor uns geschafft. Am Ende habe ich einfach bis zum Ende alles rausgeholt.“
In der Gesamtwertung liegt er nun auf Platz 16. Ob er ein Resultat in der Gesamtwertung anpeilt, will er nach dem Zeitfahren sehen. „Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt schon mal ein so langes Zeitfahren gefahren bin. Das kommt Spezialisten entgegen und das bin ich nicht.“ Mit den ersten drei Tagen kann aber auch Wallenborn, dessen Vertrag bei der Development-Mannschaft von Tudor Ende dieses Jahres ausläuft, zufrieden sein. „Es ist immer toll, mit der Nationalmannschaft zu fahren. Wir fahren jeden Tag für ein Resultat und zögern nicht. Das ist was anderes, als mit Tudor zu fahren und nur zu arbeiten. Es ist schön, sich hier zeigen zu können – auch für nächstes Jahr.“
Zeitfahren am Samstag, Finale am Sonntag
Sowohl die 4. als auch die 5. Etappe können an diesem Wochenende noch mal für Entscheidungen im Gesamtklassement sorgen. Am Samstag findet ein 26,3 km langes Zeitfahren rund um Niederanven statt. Doch auch der Führende nach dem Kampf gegen die Uhr darf sich nicht zu sicher sein. Am Sonntag stehen 176,4 km von Mersch zum Limpertsberg an. Dabei muss auch dreimal der Papeierbierg bewältigt werden. Eine Etappe für „Puncher-Kletterer“. (pg)
Im Überblick
85. Tour de Luxembourg, 3. Etappe: Mertert – Vianden (170,5 km): 1. Mattias Skjelmose (Dänemark/Lidl-Trek) in 4:05:07 Stunden, 2. Jordan Jegat (Frankreich/TotalEnergies) gleiche Zeit, 3. Brandon McNulty (USA/UAE) 0:02, 4. Jhonahtan Narvaez (Ecuador/UAE) 0:02, 5. Marco Brenner (Deutschland/Tudor) 0:02, 6. Marc Hirschi (Schweiz/Tudor) 0:06, 7. Nicolas Prodhomme (Frankreich/Ag2r) 0:10, 8. Toms Skuijns (Lettland/Lidl-Trek), 0:10, 9. Richard Carapaz (Ecuador/EF) 0:10, 10. Mathys Rondel (Frankreich/Tudor), … 15. Arno Wallenborn (Luxemburg) 0:56, … 22. Mats Wenzel (Luxemburg/Kern-Pharma) 0:22, … 52. Michel Ries (Luxemburg/Arkea) 7:41, … 63. Loïc Bettendorff (Luxemburg/Hrinkow) 9.29, … 79. Mathieu Kockelmann (Luxemburg) 15:08, 79. Mil Morang (Luxemburg) 15:08, … 91. Noé Ury (Luxemburg) 19:00 … 93. Mats Berns (Luxemburg) 19:00 , … 95. Alexandre Kess (Luxemburg) 19:00, … 98. Arthur Kluckers (Luxemburg/Tudor) 19:00
Gesamtwertung nach 3 von 5 Etappen: 1. Skjelmose 11:34:29 Stunden, 2. Jegat 0:04, 3. McNulty 0:08, 4. Hirschi 0:12, 5. Brenner 0.12, 6. Narvaez 0:12, 7. Carapaz 0:20, 8. Prodhomme 0:20, 9. Skuijns 0:20, 10. Rondel 0:23, … 16. Wallenborn 1:06, … 20. Wenzel 1:45, … 51. Ries 8:08, … 65. Bettendorff 12:22, … 81. Kockelmann 18:02, … 87. Kess 19:43, 88. Kluckers 20:21, … 92. Morang 22:07, … 96. Ury 23:43, … 103. Berns 25:05 …
De Maart
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