Mittwoch5. November 2025

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NATOWesten schnürt weitere „Winterpakete“ für die Ukraine

NATO / Westen schnürt weitere „Winterpakete“ für die Ukraine
Wolodymyr Selenskyj (l.), Präsident der Ukraine, während einer Pressekonferenz mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg Foto: Virginia Mayo/AP/dpa

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Gerät Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine aus dem Blick, wenn Israel mehr Unterstützung des Westens braucht? Die NATO-Verteidigungsminister und ihre Partner bemühten sich nun bei einem Treffen in Brüssel, das Gegenteil nachzuweisen.

Wenn schon höher, dann auch richtig. So muss es sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gedacht haben, als er an diesem Mittwoch überraschend in der NATO-Zentrale in Brüssel eintraf. Statt einer konkreten Einladung zur Mitgliedschaft hatte die NATO bei ihrem Gipfel in Litauen den Beziehungen zur Ukraine eine höherrangigere Bedeutung mit einem neuen Gremium gegeben. Der NATO-Ukraine-Rat tagte am Mittwoch in Brüssel zum ersten Mal. Dazu reisten die 31 Verteidigungsminister des Bündnisses und ihr ukrainischer Amtskollege Rustem Umjerow an. Und plötzlich auch der Staatschef höchstpersönlich. Aber er kam noch aus einem anderen Grund: Vorgeschaltet war der Sitzung ein Treffen im sogenannten Ramstein-Format, wo regelmäßig die Militärhilfe für die Ukraine unter Mitgliedern und Nichtmitgliedern der NATO überprüft und erweitert wird.

Darauf richteten sich Selenskyjs ganze Hoffnungen. „Wie wir den nächsten Winter überleben, ist eine unserer größten Herausforderungen“, erläuterte der Präsident. Und der neben ihm stehende NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg ergänzte mit dem Hinweis, Russlands Präsident Wladimir Putin bereite sich darauf vor, den Winter erneut als Kriegswaffe einzusetzen – mit Angriffen auf das Energiesystem und die Gas-Infrastruktur. „Das müssen wir verhindern“, sagte Stoltenberg. Fortschrittliche und erweiterte Fähigkeiten bei der Luftverteidigung könnten den großen Unterschied machen.

Ausdrücklich erwähnte Stoltenberg die Ankündigung des deutschen Verteidigungsministers Boris Pistorius, ein „Winterpaket“ für die Ukraine im Wert von einer Milliarde Euro zu schnüren. Nach Angaben von Pistorius geht es um zusätzliche Luftverteidigung durch Patriot- und Iris-T-Systeme sowie Gepard-Luftabwehrpanzer. Weitere Komponenten sind Fahrzeuge, Waffen und persönliche Ausrüstung für ukrainische Spezialkräfte sowie weitere 155-Millimeter-Munition. Außerdem träfen in nächster Zeit bereits weitere Leopard-1-Kampfpanzer, Flugabwehrkanonenpanzer und geschützte Transportfahrzeuge in der Ukraine ein.

Weitere Materiallieferungen

Nach einer Sitzung des Bundestags-Verteidigungsausschusses wies Pistorius am Morgen in Berlin Befürchtungen zurück, das Engagement für die Verteidigung der Ukraine könne angesichts der notwendigen Hilfe für Israel nachlassen. „Wir werden alles dafür tun, gemeinsam mit unseren Partnern, dass die Unterstützung nicht bröckelt“, unterstrich Pistorius in Richtung Ukraine. Er räumte ein, dass die USA sich im Vorwahlkampf befänden und dies „immer Spuren“ hinterlasse. Allerdings lasse sich aus den israelischen Anfragen nach US-Waffen „kein Engpass für die Ukraine ableiten“. Auch US-Verteidigungsminister Lloyd Austin betonte: „Die Energie ist immer noch vorhanden.“ So brachten die Vereinigten Staaten zum Ramstein-Treffen die Zusage für ein neues Ukraine-Unterstützungspaket mit Luftabwehrraketen, Drohnenabwehrsystemen, Raketenwerfer-Munition, Ausrüstung und Panzerabwehrwaffen mit.

Großbritannien kündigte die Lieferung von Gerätschaften an, mit denen die ukrainische Armee Minenfelder räumen, Fahrzeuge reparieren und Verteidigungsanlagen stärker ausbauen kann. Dänemark will im Frühjahr die ersten F-16-Kampfjets zur Verfügung stellen. Die Partner haben der Ukraine insgesamt fast 60 dieser modernen Flugzeuge zugesagt. Allerdings hält die Ukraine mindestens die dreifache Menge für nötig, um die Lufthoheit in ihrem Land zurückgewinnen zu können. Außerdem kommen viele dieser Jets, etwa aus Belgien, frühestens im übernächsten Jahr.

Zu Berichten, wonach die Ukraine zunehmend unter schwindender Artillerie-Munition leide, nahm Selenskyj in Brüssel öffentlich nicht Stellung. Stoltenberg informierte darüber, dass die NATO-Verbündeten die Produktion gesteigert hätten. Es gebe inzwischen Rahmenverträge für größere Mengen und schnellere Herstellung im Umfang von 2,5 Milliarden Euro. Die anhaltende Unterstützung der Ukraine sei „wirklich wichtig für die gesamte NATO“, meinte der Generalsekretär.

Selenskyj begrüßte zusätzliche Luftverteidigungssysteme. Diese müssten „an sehr konkreten geografischen Punkten in unserem Land“ in Stellung gebracht werden, um Menschen, Energiesysteme und die Routen für die Getreidelieferungen zu retten. Neben Artillerie zur Sicherung der Verteidigungslinien seien Langstreckenraketen nötig, „um Russland aus unserem Land zu vertreiben“, meinte Selenskyj. Öffentlich ging er zunächst nicht auf die von der Bundesregierung zurückgehaltenen Taurus-Systeme ein. Pistorius sagte auf Anfrage, es gebe weiterhin „keine Entscheidung zu Taurus-Marschflugkörpern“.

Die Verteidigungsminister wollen sich an diesem Donnerstag in Brüssel von ihrem israelischen Amtskollegen Joaw Galant über die aktuelle Situation im Nahen Osten informieren lassen. Deutschland sei von Israel bislang nicht um Unterstützung gebeten worden, teilte Pistorius mit.