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PolenVisa-Skandal: Kaczynski-Regierung steht kurz vor den Wahlen unter Druck

Polen / Visa-Skandal: Kaczynski-Regierung steht kurz vor den Wahlen unter Druck
Polens Außenminister Zbigniew Rau lehnt jede Verantwortung für den Skandal ab Foto: Czarek Sokolowski/AP/dpa

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Polens rechtskonservative Regierungspartei PiS hat ein Problem: Bisher galt die Kaczynski-Partei zwar als weltanschaulich stockkonservativ, aber auch ehrlich und rechtschaffen. Nun aber hat das Anti-Korruptionsbüro CBA ausgerechnet das Außenministerium des politisch farblosen Zbigniew Rau durchsucht. Die Sonderbehörde zur Korruptionsbekämpfung war einem breit angelegten Schema zum Verkauf von Arbeitsvisen auf der Spur.

Bis zu 5.000 Dollar sollen Bürger arabischer oder afrikanischer Staaten bezahlt haben, um besonders schnell nach Polen zu gelangen. Viele von ihnen reisten alsbald weiter nach Westen, ein paar Inder mit polnischen Visen wurden laut polnischen Presseberichten gar an der mexikanisch-amerikanischen Grenze aufgegriffen.

PiS zog die Notbremse und entließ den für die Arbeit der Konsulate zuständigen Vize-Außenminister Piotr Wawrzyk. Der Grund für die sofortige Demission wurde indes verschleiert. Man sei mit der „Zusammenarbeit nicht zufrieden“ gewesen, hieß es offiziell im Außenministerium. Der Grund liegt am Zeitpunkt des Skandals mit den verkauften Arbeitsvisen: In weniger als einem Monat wird in Polen ein neues Parlament gewählt. Skandale jeglicher Art kommen PiS dabei äußerst ungelegen, gibt sich die Kaczynski-Truppe gegenüber den Wählern doch als unbestechliche Saubermann-Partei.

Inzwischen will die Staatsanwaltschaft die Vergabe von 200 Arbeitsvisen untersuchen. Sieben Strafverfahren sind demnach eingeleitet und vier Behördenvertreter festgenommen worden. Der letzte war vor zwei Tagen ein PiS-Lokalpolitiker aus Kielce, der zentralpolnischen Festung der Kaczynski-Partei.

Opposition spricht von 350.000 Fällen

Die Festnahme in Kielce deutet auf ein weit verzweigtes Geflecht von PiS-Parteipolitikern hin, die sich beim Verkauf von Visen bereichert haben könnten. Vize-Außenminister Wawrzyk dürfte dabei nur ein Bauernopfer sein. Er verlor nicht nur seinen Posten, sondern auch seinen PiS-Listenplatz für die Parlamentswahlen. Am Wochenende wurde Wawrzyk offenbar nach einem Selbstmordversuch ins Krankenhaus eingeliefert, was den umstrittenen Rechtsaußen-Justizminister Zbigniew Ziobro von der PiS-Juniorkoalitionspartei „Souveränes Polen“ zu einer gehässigen Attacke gegen die liberale Opposition veranlasste.

Erst die Opposition hatte nämlich die wahren Hintergründe von Wawrzyks plötzlicher Entlassung ans Tageslicht gezerrt. Zwei Abgeordnete der liberalen Bürgerplattform (PO) sprachen zudem nicht von 200 illegal erteilten Visen, sondern bis zu 350.000 innerhalb von zwei Jahren. Ausgerechnet Wawrzyk war im Frühling mit seiner Ankündigung bekannt geworden, die Vergabe polnischer Visen für 20 Staaten aus Arabien, Afrika, Asien und dem indischen Subkontinent zu vereinfachen. Polens Opposition fand bereits damals heraus, dass PiS einerseits zwar immer wieder vor einer angeblich drohenden und von den Liberalen geförderten Islamisierung Polens warnt, auf der anderen Seite jedoch mehr Arbeitsvisen für Bürger mehrheitlich muslimischer Länder ausgestellt hat als die beiden liberalen Regierungen unter Oppositionsführer Donald Tusk (2007-2015).

Gefälligkeiten jenseits der Legalität vorprogrammiert

Gerade in diesem Kontext kommt der Visa-Skandal im Außenministerium der Kaczynski-Regierung nun höchst ungelegen. Er dürfte indes auch einen Grund in der EU-weit niedrigsten Arbeitslosenquote von 2,7 Prozent haben, die dazu führt, dass in bestimmten Branchen wie Landwirtschaft, Produktion und Bau händeringend Arbeitskräfte gesucht werden. Regierungsnahe Lokalpolitiker setzten dabei offenbar auf Beziehungen im Außenministerium, um die Visen-Erteilung zu beschleunigen. Und da in der Kaczynski-Truppe Parteizugehörigkeit und Loyalität mehr gilt als Kompetenz, erscheinen Gefälligkeiten jenseits der Legalität vorprogrammiert.

Die Kaczynski-Regierung – Parteichef Jaroslaw Kaczynski ist erneut Vize-Regierungschef geworden – hat inzwischen eine Untersuchung aller vergebenen Visen seit 2011 angeordnet. PiS versucht damit nahezulegen, die illegalen Praktiken hätten bereits in den letzten Regierungsjahren Tusks begonnen. „Es gibt keinen Visen-Skandal und ich trete nicht zurück“, lehnt Außenminister Rau standhaft jede Verantwortung ab. Noch scheint sich dies auszuzahlen. Bisher hat sich der Skandal nicht auf die Umfragen ausgewirkt, denn PiS führt weiterhin sechs Prozentpunkte vor der PO.

Piet
21. September 2023 - 11.59

@Victor/ Eben, all diese Länder wo es keine Korruption gibt!

Victor
20. September 2023 - 11.11

Malta. Zypern, Portugal, Spanien, Griechenland geben gegen Geld ganz lebenslange Pässe aus.