100. GeburtstagSuperstar Johannes Paul II. hält Polens Kirchenkrise nicht mehr auf

100. Geburtstag / Superstar Johannes Paul II. hält Polens Kirchenkrise nicht mehr auf
Postkarten-Porträt des verstorbenen Papstes Johannes Paul II.: Der 100. Geburtstag „des polnischen Papstes“ wurde wegen der Corona-Krise mit wenig Pomp gefeiert – zugleich nimmt die Zahl der Kirchgänger kontinuierlich ab Foto: dpa/Grzegorz Momot

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„Lass deinen Geist herabsteigen und das Antlitz der Erde erneuern. Diese Erde!“, sagte Johannes Paul II im Juni 1979 bei seinem ersten Polen-Besuch, und damit dem ersten Besuch in Osteuropa eines Pontifex überhaupt. Der Papstbesuch kein Jahr nach der Papstwahl von Karol Wojtyla wird heute von vielen Historikern nicht nur in Polen als erster Schritt zum Sieg über den Kommunismus angesehen. Je nach Interpretation hat Gott selbst Hand angelegt, war es mehr das Verdienst seines irdischen Vertreters Johannes Paul II., oder aber waren es die Polen selber, die während des Besuchs zum ersten Mal die Kraft der Massenbewegung erfuhren.

Sie führte ein gutes Jahr später zum Streik der Danziger Werftarbeiter in der „Leninwerft“ und damit zur Gründung der Solidarnosc, der ersten unabhängigen Gewerkschaft in Osteuropa. Acht Jahre später mussten sich die Kommunisten mit den Dissidenten an einen „runden Tisch“ setzen und verhandelt wurde nichts weniger als der Machttransfer.

Vor allem an diese Geschichte erinnerten sich die meisten Polen gestern, als wegen der Corona-Krise mit wenig Pomp der 100. Geburtstag „des polnischen Papstes“ gefeiert wurde, wie Johannes Paul II hierzulande genannt wird. Zentraler Akt der Feiern war die symbolische Übergabe eines Stückes der „Berliner Mauer“ an das Johannes-Paul-II.-Museum in Warschau. Premierminister Mateusz Morawiecki erinnerte in einer kurzen Ansprache auch an den Kampf seiner rechtskonservativen Regierung für die Beseitigung der angeblich letzten kommunistischen Seilschaften, die sich vor allem in der Justiz und Wirtschaft eingenistet haben sollen. Dieser letzte antikommunistische Akt wird von der PiS-Regierung im engen Verbund mit der katholischen Kirche geführt.

Einigeln in der mentalen Trutzburg

Doch Umfragen zeigen, dass diese enge Kooperation zwischen Kirche und Staat unter der PiS-Herrschaft einerseits vor allem realpolitisch motiviert ist. So wollen 60 Prozent jener polnischen Katholiken, die noch jeden Sonntag zum Gottesdienst gehen, auch bei den nächsten Wahlen ihre Stimme für die PiS einlegen. „Wer die Hand gegen die Kirche erhebt, erhebt sie gegen Polen“, zeterte Kaczynski, Polens starker Mann. Vor Augen hat der PiS-Parteichef dabei die zunehmend antiklerikale Stimmung in den städtischen Ballungsgebieten. Denn auf der anderen Seite hat sich der Schulterschluss zwischen PiS und Kirche zum Bumerang für Letztere entwickelt.

Zwei Dokumentarfilme des Journalisten Tomasz Sekielski über pädophile Geistliche haben in Polen eine bisher ungekannte Betroffenheit und Diskussion über die Rolle der Kirche und deren Verhältnis zum Staat ausgelöst. Dabei wird Johannes Paul II. nun auch in Polen vermehrt vorgeworfen, seine Augen vor dem Problem verschlossen zu haben. „Ich bin überzeugt, dass er davon wusste, aber was kann ein Einzelner im Vatikan schon ausrichten?“, sagte ein junger Mann unter dem Papstkreuz auf dem Pilsudski-Platz. „Er war mit dem Thema ‚Missbrauch‘ irgendwie überfordert … Ich glaube, er war ein so lauterer Mensch, dass er sich das nicht vorstellen konnte“, sagte heute selbst Kardinal Christoph Schönborn in der Kirchenzeitung Der Sonntag.

Inzwischen hat sich nicht nur Polens rechtsnationale Regierung, sondern auch die katholische Kirche in einer mentalen Trutzburg eingeigelt. Attackiert wird diese von der angeblichen Homosexuellen-Lobby, den Ideologen der Gender-Ideologie, der EU und immer mehr auch dem moralisch verfallenen Westen allgemein. Immer kleiner ist in den letzten Jahren der weltoffene, liberale Kirchenflügel rund um die katholische Wochenzeitung Tygodnik Powszechny geworden, während die einst als extrem geltenden Positionen von Radio Maryja zum episkopalen Mainstream geworden sind.

Damit allerdings hat sie ihre Rolle als Hort der Freiheit verloren, die sie zu Zeiten des Kommunismus innehatte. Zwar bezeichnen sich 86 Prozent der Polen immer noch als gläubige Katholiken; indes die Kirchenlehre von den Gläubigen in der Praxis immer mehr verwässert. Laut dem neusten Glaubensreport des Warschauer Statistikinstituts der Katholischen Kirche (ISKK) beachten insgesamt nur noch 43 Prozent der Lehrmeinung, während bereits 50 Prozent den Glauben individuell ausleben.

So gehen laut den neusten Zahlen des Statistischen Instituts der Kirche nur noch 38 Prozent der Polen jeden Sonntag zur Messe. Europaweit gesehen mag das als viel erscheinen, in Polen jedoch nimmt die Zahl der Kirchgänger seit 1990 kontinuierlich ab, damals waren es noch 50 Prozent. Auch das tägliche Gebet und der Gang in den Beichtstuhl nehmen in ihrer Häufigkeit kontinuierlich ab. Fast jeder zehnte Pole geht heute überhaupt nicht mehr zur Beichte.

Dramatisch verringert haben sich in den letzten Jahren auch die Berufungen zum Priesteramt. 2019 wurden gerade noch 498 junge Polen zum Priester geweiht, gut 17 Prozent weniger als im Vorjahr. Nicht allzu lange ist es her, als polnische Priester ins Ausland gingen, weil es in Polen zu wenige Gemeinden für sie gab. Heute jedoch verlassen jährlich 50-60 katholische Geistliche den Berufsstand. Gegen diese Glaubenskrise hilft auch der Kult um Johannes Paul II. nicht.

HTK
19. Mai 2020 - 8.18

Die Kirchenkrise ist hausgemacht. Die Vertreter des Allmächtigen auf Erden haben es nicht verstanden mit der Zeit zu gehen.Auch Gott sollte anpassungsfähig sein,kann er doch sonst alles. Die Geschichte der Kirche,egal welcher Couleur,ist alles andere als makellos. Und da macht auch dieser Heilige keine Ausnahme.Was im Vatikan abgeht kann man im Buch " SODOMA " nachschlagen.Wenn es denn einen Gott gibt hat er sehr viel Geduld.