SPD und Grüne haben Kürzungen bei den Sozialausgaben im nächsten Bundeshaushalt ausgeschlossen. „Die SPD wird darauf achten, dass wir bei der inneren, äußeren und der sozialen Sicherheit nicht die Axt anlegen“, sagte der Chef-Haushaltspolitiker der SPD-Bundestagsfraktion, Dennis Rohde, dem Tageblatt. „Jeder Euro, den wir für Soziales ausgeben, ist eine Investition in gesellschaftlichen Zusammenhalt und damit in die Stabilität unseres Landes“, sagte auch Grünen-Chefin Ricarda Lang. Ihre Partei werde sich für mehr statt für weniger soziale Sicherheit einsetzen.
Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte die Koalition auf schwierige Haushaltsverhandlungen eingestimmt. SPD, Grüne und FDP müssten im Bundeshaushalt 2024 eine Finanzierungslücke schließen, statt neue Ausgabenprojekte zu planen. Nach derzeitigem Planungsstand klafft zwischen Einnahmen und Ausgaben eine Lücke von 14 bis 18 Milliarden Euro. Allerdings wollen SPD und FDP den Verteidigungsetat stärker als geplant aufstocken. Hinzu kommen bereits neue Haushaltsrisiken. So könnten die Zinsausgaben höher ausfallen als geplant, ebenso wie die Personalausgaben wegen der Tarifrunde im öffentlichen Dienst oder die Ausgaben für die Flüchtlingsversorgung. In Kreisen der Haushaltspolitiker wird daher nicht mehr mit einem notwendigen Sparpaket im Volumen von bis zu 20, sondern eher von 25 Milliarden Euro gerechnet. Auf Ausgabenwünsche von insgesamt 70 Milliarden Euro zusätzlich im kommenden Jahr müssten die Ressorts verzichten, hieß es.
Die Ampel hatte auf Betreiben der FDP im Koalitionsvertrag neue Schulden und Steuererhöhungen ausgeschlossen. Die von der Verfassung vorgegebene Schuldenbremse muss daher 2024 wieder eingehalten werden. Auch höhere Steuern, die sich SPD und Grüne gut hätten vorstellen können, sind ein Tabu. „Am Ende gibt es den Rahmen für den Bundeshaushalt, das ist die Verfassung und das sind die Steuereinnahmen. Wir müssen mit dem leben, was am Ende da ist“, sagte SPD-Haushälter Rohde. „Deshalb werden wir in den kommenden Wochen und Monaten stärker über Prioritäten reden müssen. Wir könnten uns bei den Steuereinnahmen auch Verbesserungen vorstellen“, so Rohde.
WSF anzapfen
Die Grünen befürchten, wegen der knappen Haushaltslage ihr Herzensprojekt Kindergrundsicherung nur in einer abgespeckten Version umsetzen zu können. Die Kindergrundsicherung zur Bekämpfung der Kinderarmut soll zwar erst 2025 eingeführt werden, muss jedoch bereits jetzt wichtiger Bestandteil der mittelfristigen Finanzplanung für die kommenden fünf Jahre werden. Bisher ist sie hier noch nicht enthalten. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte für das Projekt im ersten Jahr zwölf Milliarden Euro gefordert, aufwachsend in den Folgejahren. Lindner will aber nur zwei bis drei Milliarden Euro bereitstellen. „Auch jetzt setzen wir uns weiter für mehr soziale Sicherheit ein, damit der soziale Frieden nicht hinten runterfällt“, trommelte Grünen-Chefin Lang noch einmal für das Projekt. „Darum ist es so wichtig, dass die Ampel nun die Kindergrundsicherung als zentrales sozialpolitisches Projekt dieser Legislatur auf den Weg bringt. Wir wollen Kinderarmut wirksam bekämpfen und dafür sorgen, dass alle Kinder in diesem Land die Chance haben, gut ins Leben zu starten.“
Das Instrument zur Umsetzung eines Sparpakets heißt Haushaltsbegleitgesetz. Darin würde aufgelistet, wo die Regierung genau sparen möchte, um die Haushaltsziele zu erreichen. Alle Ausgabenposten im Haushalt würden überprüft, hatte Lindner erklärt. Kalkuliert wird im Finanzministerium derzeit mit Ausgaben von 456 und Einnahmen von 424 Milliarden Euro. Die Steuerschätzung am 11. Mai dürfte zwar etwas besser ausfallen als die letzte Prognose vom November. Doch das Plus dürfte zu gering sein, um ein milliardenschweres Sparpaket zu verhindern. Lindner muss dem Kabinett am 21. Juni den fertigen Etatplan vorlegen. Im Herbst geht er in den Bundestag und Bundesrat. In diesem Jahr wird erwartet, dass das Parlament den Etatplan stärker als üblich noch in seinem Sinne ändert.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hatte am Wochenende erneut gefordert, den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) anzuzapfen, um Lücken im Haushalt zu schließen. Aus dem mit 200 Milliarden Euro ausgestatteten WSF werden die Energiepreisbremsen für Bürger und Unternehmen finanziert. Dem Vernehmen nach sind erst 60 Milliarden Euro gebunden. Am Rest könne sich die Koalition bedienen, schlug Mützenich vor. Dies schließt FDP-Chef Lindner jedoch strikt aus: Er hatte in das WSF-Gesetz eine strenge Zweckbindung der Mittel hineinschreiben lassen. Für andere Zwecke als die Energiepreisbremsen und die Stützung von strategisch wichtigen Energieunternehmen stünden die WSF-Mittel daher nicht zur Verfügung.
De Maart
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