Nach einem gerade abgehaltenen, handverlesenen „Volkskongress“ seiner Unterstützer lässt der Autokrat diese Woche den von ihm gekaperten Staatsapparat mit Schauprozessen und einer neuen Verhaftungswelle zuschlagen. Ziel ist es, dem weißrussischen Volk wieder so viel Angst einzubläuen, bis die immer noch täglichen Protestaktionen verstummen.
So begann am Mittwoch nach neunmonatiger Untersuchungshaft der Schauprozess gegen Wiktar Babariko und sechs weitere Spitzenmanager der im Sommer zwangsverstaatlichten „BelGazpromBank“. Der weißrussische Banker und Kunstmäzen Babariko hatte es gewagt, gegen Lukaschenko bei den Präsidentenwahlen vom 9. August antreten zu wollen, ohne dies zuvor mit dem Autokraten vereinbart zu haben. Sobald sich herausstellte, dass Babariko problemlos die nötigen Unterschriften für seine Kandidatur sammeln konnte, wurde er bereits im Juni wegen angeblicher Korruption und Steuerhinterziehung festgenommen. Inzwischen ist noch der Vorwurf der Geldwäsche dazugekommen. Babariko wird der Prozess gleich am Obersten Gerichtshof gemacht, damit er das Urteil nicht mehr anfechten kann. Mit angeklagt sind sechs weitere Bankmanager, die jedoch alle im Tausch für milde Strafen mit der keineswegs unabhängigen Justiz des Regimes zusammenarbeiten. „Alle Manager haben ihre Verbrechen zugegeben, nur Babariko nicht“, sagte Staatsanwalt Andrej Schwed am Mittwoch zum Prozessauftakt.
Babarikos wohl organisierter Wahlstab hatte sich nach seiner Verhaftung in den Dienst des Frauen-Dreierteams um Swetlana Tichanowskaja gestellt und deren mutmaßlichen Wahlsieg mit erkämpft. Babariko ließ am Mittwoch keinen Zweifel daran, dass er für den Erfolg der demokratischen Opposition büßen soll. „Der Prozess ist politisch motiviert“, sagte der Angeklagte. Seine Bitte, auch nicht-regimetreuen Medien Zugang zum Prozess zu geben, wurde abgelehnt. Noch ist unklar, ob der ehemalige Banker neben den Finanzvergehen auch eines versuchten Staatsstreichs angeklagt wird. Zwölf Jahre Gefängnis drohen deswegen neuerdings seiner Wahlstabschefin Maria Kolesnikowa und dem Anwalt Maksim Znak. Beide waren nach den vom Regime gefälschten Wahlen Tichanowskajas „Koordinationsrat“ beigetreten.
Zweiter Schauprozess
Für viel Aufsehen sorgt in Minsk auch ein zweiter Schauprozess. Zwei junge Reporterinnen des von Polen finanzierten Satellitenfernsehsenders „Belsat“ werden nach einem Live-Stream von Protesten gegen die Ermordung des Oppositionellen Raman Bandarenko in einem Minsker Innenhof der Organisation ebendieses Protestes angeklagt. Frei nach dem Prinzip, wonach die Boten die Schuld für das Vorgefallene trügen, sollen beide laut der Staatsanwaltschaft für zwei Jahre ins Arbeitslager.
Damit werden nicht-regimetreue Journalisten nicht mehr nur verhaftet und womöglich in der U-Haft gefoltert, sondern im Nachgang auch mit hohen Gefängnisstrafen für die Ausübung ihres Berufes bedroht. Ähnlich wie im Falle der Belsat-Reporterinnen Katerina Bachwalowa (Pseudonym: Andrejewa) und Daria Chultsowa argumentierten auch jene nicht uniformierten Sicherheitsorgane des Regimes, die gestern mindestens 40 Wohnungen und Büros von Mitgliedern der unabhängigen Journalistenvereinigung BAJ sowie von Menschenrechtsanwälten in Minsk und der Provinz stürmten, Laptops requirierten und ihre Besitzer in Minsk und vielen Regionszentren abführten. Die breit angelegte Verhaftungswelle wird mit einer Untersuchung zur Finanzierung der Proteste gegen Lukaschenko begründet.
Oppositionelle in Minsk sind sich einig, dass die neue Repressionswelle gegen das Regime gewandte Kundgebungen in Weißrussland unterbinden soll. Noch immer kommt es beinahe täglich zu kleineren Protestzügen mit der verbotenen weiß-rot-weißen Landesflagge aus der Zeit vor dem Machtantritt Lukaschenkos vor bald 27 Jahren. Die international kaum mehr beachteten Proteste finden in Außenbezirken der größeren Städte, aber auch in vielen Dörfern statt. Dazu geht es dem Regime indes auch darum, das vor Sommer 2020 herrschende Regime der lähmenden Angst wiederherzustellen. Rache an den Dissidenten ist das bewährte sowjetische Mittel für diesen Zweck.
De Maart
Die Saudis köpfen medienwirksam Homosexuelle oder andere "Schwerverbrecher" mit dem Schwert. Im Iran werden sie aufgeknöpft oder gesteinigt. Bei Hitler marschierten die braunen Schlägertrupps.Schurkenregime eben. Herrschen durch Angstverbreitung. Die "Freie Welt" schaut zu.