Montag10. November 2025

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IrlandPremier Varadkar setzt sich für Beendigung des Gaza-Kriegs ein

Irland / Premier Varadkar setzt sich für Beendigung des Gaza-Kriegs ein
Spaniens Premierminister Pedro Sánchez (l.) im Gespräch mit seinem irischen Amtskollegen Leo Varadkar: Beide fordern, keine Waffen mehr an Israel zu liefern Foto: AFP/Ludovic Marin

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Den traditionellen Besuch in den USA rund um den Saint Patrick’s Day nutzt Irlands konservativer Premier Leo Varadkar zu einer Rhetorik-Offensive gegen Israel: Die Welt dürfe dem sinnlosen Blutbad im Gaza-Streifen nicht länger tatenlos zusehen. Unschuldige Männer, Frauen und Kinder würden für den „unsäglichen Terrorismus“ der Hamas am 7. Oktober vergangenen Jahres zur Verantwortung gezogen: „Die Schreie der Unschuldigen werden uns in die Ewigkeit begleiten, wenn wir dazu schweigen.“

Der Taoiseach (gälisch für Häuptling) erneuerte Dublins Forderung nach einer sofortigen Feuerpause, der bedingungslosen Freilassung aller Geiseln und einem massiven Anstieg der Hilfslieferungen für Palästinenser. Mit Verweis auf lange Jahrhunderte blutiger Gewalt auf der grünen Insel sagte der Regierungschef am Montag in Boston: „Unsere eigene schmerzhafte Geschichte lehrt uns: Ein Waffenstillstand bedeutet weder Schwäche noch Vergebung. Ein Waffenstillstand bedeutet Hoffnung und das Durchbrechen des Kreislaufs von Gewalt und Vergeltung.“

Die irische Regierung betont seit Monaten die Bedeutung einer Waffenruhe als ersten Schritt zu dauerhaftem Frieden und Sicherheit in der Region. Auch im Rahmen der EU setzt sich Irland, häufig in Absprache mit Luxemburg und Spanien, seit Monaten vergeblich für eine gemeinsame Initiative für die Beendigung des Gaza-Krieges ein und pocht auf die Zwei-Staaten-Lösung, die vom israelischen Premier Benjamin Netanjahu offen abgelehnt wird. Mit seinem sozialistischen Madrider Amtskollegen Pedro Sánchez drängte der Konservative Varadkar zudem die Brüsseler Kommission dazu, weitere Waffenexporte nach Israel zu unterbinden.

Zum Gedenktag des irischen Nationalheiligen Patrick am 15. März reisen traditionell viele Spitzenpolitiker in die USA, wo sich Millionen von Amerikanern, angeführt von Präsident Joe Biden, stolz zu ihren irischen Wurzeln bekennen. Ganz selbstverständlich wird der irische Regierungschef jedes Jahr im Weißen Haus empfangen, ganz egal von welchem Bewohner.

Unterdessen veröffentlichte der in Dublin zurückgebliebene Präsident Michael Higgins am Montagabend seine eigene harte Kritik an Israel. Die Schwierigkeiten bei den Hilfslieferungen für die hungernde Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen müssten sofort aufhören: „Es geht um Leben und Tod.“ Zudem verurteilte Higgins die „Propaganda-Kampagne“ gegen die UN-Hilfsorganisation Unrwa, die seit Jahrzehnten im Gaza-Streifen tätig ist. Israel hatte mindestens zwölf Unrwa-Bedienstete bezichtigt, sie seien an den Hamas-Massenmorden vom 7. Oktober beteiligt gewesen. Daraufhin stellten mehrere wichtige Geldgeber, angeführt von den USA, ihre Unterstützung für Unrwa ein.

Nicht so die grüne Insel: Außenminister Micheál Martin verkündete erst kürzlich, Irland werde 20 Millionen Euro zum Budget der Hilfsorganisation beisteuern. Auch Kanada und Schweden haben ihre Zahlungen an Unrwa wieder aufgenommen.

Ausbrüche heftiger Empörung

In Irland fiel die offizielle Reaktion auf den Hamas-Terror mit mehr als 1.200 Toten sehr zurückhaltend aus. Hingegen kritisierten Spitzenpolitiker, angeführt vom 82-jährigen Präsidenten, die israelische Gaza-Offensive von Anfang an heftig. Irische Akademiker riefen zum Boykott israelischer Wissenschaftler auf, die Opposition forderte sogar die Ausweisung der Tel Aviver Botschafterin Dana Erlich.

Im Dubliner Parlament Dáil kommt es regelmäßig zu Ausbrüchen heftiger Empörung gegenüber Israel. So sprach der Abgeordnete Richard Boyd Barrett, der dem Trotzkisten-Bündnis People before Profit angehört, von „ethnischen Säuberungen“ und „Kriegsverbrechen“. Auf einer pro-palästinensischen Demonstration nannte der 57-Jährige Israel einen „Psychopathenstaat“ und „ein dreckiges, rassistisches Apartheid-Kolonialistenregime“, das abgeschafft werden müsse.

Während Außenminister Martin solcherlei Tiraden verurteilte, steht die konservativ-nationalliberal-grüne Koalition unter hohem Druck der Opposition, vor allem von der republikanisch-nationalistischen Sinn-Féin-Partei, die alle Umfragen anführt. Vergangene Woche ging ein von der Regierung herbeigeführtes Referendum deutlich verloren, das zu Verfassungsänderungen führen sollte. Dass die aus dem Jahr 1937 stammenden Formulierungen zur Rolle der Frau und zur Bedeutung der Ehe und Familie längst veraltet sind, war dabei nicht einmal umstritten. Doch blieben die Alternativen blass, die Kampagne gestaltete sich lustlos. Da bietet der weitgehend folgenlose Ausflug in die Außenpolitik eine willkommene Abwechslung für die müde wirkende Regierung.