SlowakeiPräsidentenwahlen vom Samstag entscheiden über EU- und Ukrainepolitik

Slowakei / Präsidentenwahlen vom Samstag entscheiden über EU- und Ukrainepolitik
V.l.: Die Präsidentschaftskandidaten Stefan Harabin, Ivan Korcok und Marian Kotleba während einer Diskussionsveranstaltung Foto: Tomas Benedikovic/AFP

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„Du kannst nicht alles! Lass den Rundfunk in Ruhe!“, heißt es auf den Transparenten. „Mafia hau ab! Fico zieh Leine!“, rufen Tausende aufgebrachter Bürger in Sprechchören. Sie haben sich in der Hauptstadt Bratislava versammelt, aber auch in der ostslowakischen Metropole Kosice.

Nachdem die Protestwelle gegen den illiberalen Staatsumbau und eine umstrittene Justizreform des Links-Populisten Robert Fico im Winter verstummt ist, hat die Regierung die Bürger im Frühling wieder auf die Straßen gelockt. Grund ist die neueste Ankündigung von Kulturministerin Martina Simkovicova (Slowakische Nationalpartei, SNS) mit ihren neo-faschistischen Sympathien, wonach der öffentlich-rechtliche Rundfunk unter einer anderen Führung völlig neu gegründet werden soll. Dieser Trick erlaubt es der Regierung Fico, die TV- und Radio-Journalisten auszutauschen und sie auf eine Einheitslinie zu bringen. Die Slowaken fürchten, dass damit noch mehr Korruptionsaffären in höchsten Staatsämtern unter den Teppich gekehrt werden.

Dies hatte im Frühling 2018 zur bisher größten Krise des jungen Staates geführt. Im Februar vor sechs Jahren war nämlich der Investigativ-Journalist Jan Kuciak zusammen mit seiner Verlobten von Auftragsmördern erschossen worden. Kuciak hatte zu Korruption im Umfeld von Fico und seiner SMER-Partei recherchiert. In der Folge musste der Regierungschef sein Amt an seinen Stellvertreter Peter Pellegrini (damals SMER, heute HLAS) übergeben und die Anti-Korruptionsaktivistin Zuzana Caputova wurde als erste Frau in der Slowakei zur Staatspräsidentin gewählt. Später folgte auch ein liberal-konservativer Regierungswechsel.

In diesem Umfeld findet am Samstag die erste Runde der slowakischen Präsidentschaftswahlen statt. Caputova hatte als weitaus beliebteste Politikerin im Lande bereits im letzten Sommer angekündigt, für keine zweite Amtszeit mehr anzutreten. Als Grund nannte sie Hetzkampagnen von Robert Fico und seines Umfelds in den Parteien SMER und HLAS.

Diese Hetze gegen Caputova und ihre liberalen Verbündeten führte im September 2023 zum Wahlsieg der beiden Parteien SMER und HLAS, die zusammen mit der rechtsextremen Nationalpartei (SNS) eine Regierungskoalition bildeten und eine scharfe prorussische Wende in der slowakischen Politik vollzogen. So will Bratislava heute keine Munition und Waffen mehr in ihr direktes östliches Nachbarland Ukraine liefern. Fico bezeichnet – wie sein politisches Vorbild Viktor Orban – die EU-Sanktionen gegen Russland als nutzlos und ruft immer wieder zu Friedensverhandlungen Kiews mit Moskau auf. Im Land hat er gleichzeitig eine tiefgreifende Justizreform begonnen. Die Strafen für Korruption, Wirtschaftskriminalität und Vergewaltigung wurden wieder gesenkt. Als nächster Schritt soll die Sonderstaatsanwaltschaft für Korruptionsfälle wieder abgeschafft werden. Bis heute verfolgt sie noch mehrere Verfahren im persönlichen Umfeld Ficos sowie seiner SMER-Partei. Das scheint die Regierung augenscheinlich zu stören.

Zünglein an der Waage sind Rechtsextreme

Die Slowaken haben am Samstag die Wahl zwischen einem Präsidenten, der die Regierung, wie die noch amtierende Zuzana Caputova, kontrolliert – oder sie deckt. Für eine aktive Kontrolle der Regierung setzt sich der beliebte liberale ehemalige Außenminister Ivan Korcok (unabhängig) ein. Ihm gegenüber stehen zehn weitere Kandidaten, alles Männer. Da ist der von der Regierung unterstützte Parlamentspräsident Peter Pellegrini (HLAS, früher SMER), der offen prorussische ehemalige Höchstrichter Stefan Harabin (rechtsextreme Partei Vlast), die beiden berüchtigten Rechtsextremisten Andrei Danke (SNS) und Marian Kotleba, der in Banska Bystrica Bürgermeister war und dort eine Bürgerwehr gegen die Roma-Minderheit gegründet hatte.

Sämtliche Umfragen gehen davon aus, dass es am 6. April zur Stichwahl zwischen Pellegrini und Korcok kommen wird. Zünglein an der Waage werden die Rechtsextremen sein, allen voran der Anti-NATO-Kandidat Harabin, der in den neuesten Umfragen mit knapp über zehn Prozent der Stimmen rechnen kann. Der pro-russische Ex-Kommunist Harabin politisiert im Stil von Premier Fico und teilt dessen Bewunderung für Wladimir Putin.