Die Corona-Epidemie und die Wahlermattung ihrer Landsleute haben Rumäniens oppositionellen Sozialisten (PSD) ein unerwartetes Comeback beschert: Laut ersten, am Sonntagabend veröffentlichten Exit Polls hat sich die PSD mit 30,5 Prozent überraschend vor den regierenden Nationalliberalen PNL (29 Prozent) als stärkste Kraft im Parlament behaupten können.
Während die PSD dank ihrer disziplinierten Stammwähler auf dem Land von der mit knapp 32 Prozent niedrigsten Wahlbeteiligung seit 1990 profitieren konnte, hat das geringe Wähleraufkommen den seit 2019 mit einem Minderheitskabinett regierenden Nationalliberalen (PNL) den lange sicher geglaubten Wahlsieg gekostet. Auf dem Höhepunkt der Corona-Krise vermochte die PNL von Premier Ludovic Orban viele ihrer Sympathisanten nicht zum Urnengang zu motivieren. Zu Jahresbeginn hatte die PNL in den Umfragen mit 45 Prozent noch über 20 Prozent vor der PSD gelegen. In einer kurz vor der Wahl veröffentlichten Umfrage hatten vergangene Woche 55 Prozent der Befragten erklärt, dass der Urnengang wegen der Pandemie besser hätte verschoben werden sollen.
Trotz der peinlichen Schlappe scheint die PNL laut den Exit Polls weiter die besten Aussichten zu haben, eine von ihr geführte Koalition mit dem Antikorruptionsbündnis USR-Plus (15,9 Prozent) und möglicherweise der Ungarnpartei UDMR (5,7 Prozent) oder der rechten PMP (5 Prozent) von Ex-Präsident Traian Basescu zu bilden. Die Zusammensetzung der künftigen Koalition und die genauen Mehrheitsverhältnisse im Parlament dürften vor allem davon abhängen, welche der kleineren Parteien den Sprung über die Fünfprozenthürde geschafft hat.
Achtungserfolg
Während Politiker von USR-Plus am Sonntag die mangelnde Legitimität der künftigen Regierung durch die geringe Wahlbeteiligung beklagten, ist das Abschneiden der PSD für den neuen Parteichef Marcel Ciolacu auch beim Verbleib in der Opposition ein wichtiger Achtungserfolg. Nach einer sehr turbulenten Legislaturperiode mit drei vorzeitig abgelösten PSD-Regierungen und der Verhaftung des wegen Korruption verurteilten Parteichefs Liviu Dragnea ist es Ciolacu geglückt, den freien Fall seiner Partei zu stoppen. Im Wahlkampf setzte er der PNL-Regierung mit populistischen Attacken gegen das seiner Meinung missglückte Krisenmanagement während der Epidemie zu: Eine Taktik, die sich für die PSD an den kaum frequentierten Urnen ausgezahlt hat.
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