Der deutsche Finanzminister Christian Lindner hatte ein Gasembargo bereits am Montag ausgeschlossen. Nach einem Treffen der EU-Finanzminister erklärte er am Dienstag in Luxemburg, dass es „bei Kohle und Öl (…) gelingen kann, sie schneller zu ersetzen“.
Die neuen Strafmaßnahmen, die noch in dieser Woche in Kraft treten sollen, würden „den Energiebereich, insbesondere die Kohle“ betreffen, sagte EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis. Der Energiesektor sei für Russland besonders wichtig und werde daher zum Ziel. Es gehe jedoch auch um andere Bereiche wie den Handel und den Transport, so Dombrovskis. Außerdem seien wieder Reiseverbote und andere Strafen gegen russische Verantwortliche vorgesehen. Die EU plane ein „breites Sanktionspaket, das verschiedene Bereiche umfasst“.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nannte weitere Details. So soll es eine EU-weite Hafensperre für russische Schiffe geben. Auch die Einfuhr von Holz, Zement, Kaviar und Wodka soll untersagt werden. Diesen Plänen müssen allerdings noch alle 27 EU-Staaten zustimmen. Ein einziges Veto genügt, um eine Entscheidung zu blockieren. Am Mittwoch treffen sich die EU-Botschafter in Brüssel, um über den Vorschlag der EU-Kommission zu beraten.
Schon jetzt wird Russland mit mehr Sanktionen belegt als jedes andere Land auf der Welt. Selbst Iran oder Nordkorea wurden nicht so stark abgestraft. Betroffen sind die russische Zentralbank, die meisten Banken, der Zahlungsverkehr und Hightech-Produkte. Die neue Sanktionsrunde war bereits in der vergangenen Woche vorbereitet worden, weil die USA und die EU mit der Wirkung der vorangegangenen vier Pakete nicht zufrieden waren. So hatte sich der Rubel, der nach Kriegsbeginn abgestürzt war, zuletzt wieder deutlich erholt.
Gräueltaten von Butscha gaben Ausschlag
Die Gräueltaten von Butscha haben nun den Ausschlag dafür gegeben, dass erstmals auch der Energiesektor abgestraft wird. Neben Deutschland hatten Österreich, Italien und Ungarn immer wieder Vorbehalte geäußert. Italien zog seine Bedenken jedoch am Montag zurück.
„Wir alle haben die abscheulichen Bilder von Butscha gesehen“, erklärte von der Leyen. „Diese Gräueltaten können und werden nicht unbeantwortet bleiben“. Die EU werde daher den Druck auf Russland weiter erhöhen und die russische Wirtschaft noch härter treffen. Ihre Behörde arbeite bereits an zusätzlichen Sanktionen, darunter auch Öl-Importe, sagte die Kommissionschefin. Erdgas erwähnte sie nicht. Zudem blieb sie Details beim Kohle-Embargo schuldig. Offenbar soll es nicht auf einen Schlag verhängt werden, sondern schrittweise.
Vielen Europaabgeordneten geht das nicht weit genug. Mehr als 200 Parlamentarier hatten sich bereits am Montag für ein vollständiges Energieembargo ausgesprochen – Öl und Gas eingeschlossen.
De Maart
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