Mittwoch5. November 2025

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DeutschlandNach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen: Ampelparteien lecken ihre Wunden

Deutschland / Nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen: Ampelparteien lecken ihre Wunden
Nicht gut gelaufen: Die SPD-Spitzenkandidatin in Hessen und deutsche Innenministerin Nancy Faeser (M.) ging bei den Landtagswahlen unter Foto: Daniel Roland/AFP

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Am Tag nach den Landtagswahlen in Bayern und Hessen herrscht in den Parteizentralen von SPD, Grünen und FDP in Berlin trübe Stimmung. Es wird immer klarer, dass die Ampelkoalition im Bund eine Kurskorrektur einleiten wird. Darüber, wie die aussehen sollte, gehen die Meinungen jedoch bereits auseinander.

Die SPD mit historischen Tiefstwerten, die Grünen mit herben Verlusten, die FDP kommt nach einer Zitterpartie nur ganz knapp in den hessischen Landtag und bleibt in Bayern draußen. Die drei Ampelparteien erlebten am vergangenen Sonntag bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen ein Debakel. Der Stimmungstest für die Bundespolitik fiel mies aus.

Wie kann und sollte es also weitergehen mit dem Bündnis von Bundeskanzler Olaf Scholz? Wie wollen die drei Parteien den Rest der bereits zur Hälfte verstrichenen Legislaturperiode gestalten, um in zwei Jahren eine Chance auf eine Wiederwahl zu haben? Und wie wollen SPD, Grüne und FDP klarmachen, dass sie nach den schlechten Umfrage- und nun Wahlergebnissen verstanden haben und eine Kurskorrektur einleiten? Viele Fragen bleiben am Tag nach der Wahl vorerst unbeantwortet, doch in den drei Parteien rumort es immer lauter. Klar ist: Weder SPD noch Grüne oder FDP können so weitermachen wie bisher. Hier der Blick auf die drei Wahlverlierer und wie sie mit dem Debakel umgehen.

Viele Antworten hat die Ampel gegeben, aber viele hat sie eben auch im Streit gegeben

Saskia Esken, SPD-Chefin

Eine blamierte Kanzlerpartei hofft auf Besserung in der Ampel: SPD-Chefin Saskia Esken sagte am Montag: „Viele Antworten hat die Ampel gegeben, aber viele hat sie eben auch im Streit gegeben.“ Die Regierungskoalition müsse „besser werden“. Auch die in Hessen deutlich unterlegene SPD-Spitzenkandidatin und Bundesinnenministerin Nancy Faeser betonte, die Koalition müsse ohne öffentlichen Streit weiterarbeiten und es schaffen, ihre Erfolge besser zu platzieren. Doch in der SPD ist man zunehmend ratlos, wie man aus der Rolle des Schiedsrichters oder Vermittlers zwischen den ewig zankenden Grünen und Liberalen herauskommen kann, hin zu einer gestaltenden Funktion. Hin zur Erzählung von Erfolgen der Ampel. Dass auch Bundeskanzler Olaf Scholz an seiner Kommunikation arbeiten muss, sieht man in weiten Teilen der Partei.

Grüne: FDP ist Opposition in der Regierung

Geschwächte Grüne wollen mehr Geschlossenheit: Bei den Grünen waren am Montag betretene Gesichter zu sehen, was nicht nur mit dem großen Entsetzen über die eskalierende Gewalt im Nahen Osten zu tun hatte. Auch die Ergebnisse der Landtagswahlen in Bayern und Hessen hinterlassen bei den Grünen Sorgenfalten. „Niemand ist zufrieden“, sagte dann auch Co-Parteichef Omid Nouripour, der am Montag in Berlin gemeinsam mit dem hessischen Spitzen-Grünen Tarek Al-Wazir vor die Presse trat. „Wir haben das zweitbeste Ergebnis, aber es fühlt sich einfach nicht so an“, legte Nouripour mit Blick auf das Abschneiden in Hessen offen, wo die Grünen bei 14,8 Prozent (2018: 19,8 Prozent) landeten. Das ist wie auch in Bayern (14,4 Prozent, 2018: 17,6) nur Platz vier.

Die Grünen machten keinen Hehl daraus, dass die bescheidenen Ergebnisse am fehlenden Rückenwind aus Berlin lagen. „Die Performance der Ampel hat da sicherlich ihre Wirkung auch in den Ergebnissen in den Ländern hinterlassen“, sagte Al-Wazir und ließ es sich nicht nehmen, einen Haken gegen die FDP zu setzen. Deren Strategie der „Opposition in der Regierung“ sei „nicht erfolgreich“. Omid Nouripour war über diesen Seitenhieb sichtlich nicht erfreut, zumal man gerade erst betont hatte, in der Ampel nach außen ein geschlossenes Bild abgeben zu wollen. Nouripour bemühte sich stattdessen um staatstragende Töne. „Wir müssen Sicherheit geben und uns auf das fokussieren, was es braucht.“ Und das sei eine „gute Politik im Sinne des ganzes Landes“, so der Grünen-Chef.

Pleiteserie der FDP hält an: Für die Liberalen war es eine lange Nacht. Bis zuletzt musste die FDP zittern, ob sie nach Bayern auch in Hessen unter der Fünf-Prozent-Hürde bleibt und auch aus dem hessischen Landtag fliegt. Aber zumindest das konnte verhindert werden. Dennoch, am Tag danach herrscht in der FDP-Zentrale in Berlin Katerstimmung. Denn bei allen Landtagswahlen seit Eintritt in die Koalition schnitten die Liberalen schwach ab. Im Saarland, Niedersachsen und Berlin kamen sie nicht in die Landesparlamente. In Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Bremen schafften sie den Einzug zwar, mussten aber deutliche Stimmverluste hinnehmen.

Am Ende suchen sich die Themen eine Koalition

„Für die Koalition in Berlin insgesamt ist der gestrige Wahlsonntag jetzt ein Arbeitsauftrag. Alle drei Koalitionspartner haben verloren“, sagte FDP-Chef Christian Lindner am Montag. „Und deshalb ist unser Auftrag nun, unsere Regierungsarbeit kritisch zu prüfen.“ Insgesamt müsse man feststellen, „dass die Koalition den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger nicht entspricht“, sagte Lindner. Das gelte für die Bereiche Wirtschaft, Migration, Energiepolitik und gesellschaftliche Liberalität. Eine erste Gelegenheit für eine kritische Bestandsaufnahme könne der seit längerem geplante Koalitionsausschuss am 20. Oktober sein. Diese Überprüfungsaufgabe müssten FDP, Grüne und SPD nun „gemeinsam und mit großer Umsicht“ annehmen, so der Bundesfinanzminister.

Konkreter wurde Lindner jedoch nur beim Thema Asyl und mahnte eine „Asylwende“ in Deutschland an. Auch FDP-Vize Wolfgang Kubicki verlangte Änderungen. Alle Ampel-Parteien hätten verloren. „Das ist das klare Signal, dass wir in Berlin endlich aufnehmen müssen, was die Menschen bewegt.“ In der Frage der Atomkraft, beim Heizungsgesetz oder in der Migrationspolitik liege man konsequent im Gegensatz zur Mehrheitsmeinung. „Wenn wir keine Lösungen präsentieren, werden sich am Ende die Themen die Koalitionen suchen.“ Bedeutet das noch einen konsensorientierteren Kurs der Partei, oder geht man noch mehr auf Distanz zum grünen Koalitionspartner? Diese Frage bleibt am Montag zunächst unbeantwortet.