Mittwoch22. Oktober 2025

Demaart De Maart

SerbienMit der Statistik gegen den Wintersmog: Belgrad hebt die Grenzwerte an

Serbien / Mit der Statistik gegen den Wintersmog: Belgrad hebt die Grenzwerte an
Vor allem die nordmazedonische Hauptstadt Skopje führt regelmäßig die Liste der europäischen Städte mit der größten Luftverschmutzung an Foto: AFP/Robert Atanasovski

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Zur Corona-Pandemie gesellt sich auf dem Balkan zu allem Übel noch die schwere Luft. Statt auf die überfällige Modernisierung veralteter Kraftwerke setzen Serbiens findige Würdenträger im Kampf gegen den Wintersmog auf ein bewährtes Mittel: auf die Anhebung der Grenzwerte.

Zumindest hat jedes Übel auch einen Nutzen: Dank Corona sind die smoggeplagten Bewohner auf dem Balkan in diesem Winter wenigstens ausreichend mit Gesichtsmasken versorgt. Denn ob im bosnischen Sarajevo, mazedonischen Skopje, im serbischen Belgrad oder der Kosovo-Hauptstadt Pristina: Alljährlich zur kalten Jahreszeit raubt der schwere Dunst des Wintersmogs den nach Luft schnappenden Bewohnern der Smogmetropolen den Atem. „Serbien am Beatmungsgerät – die Luftverschmutzung als natürlicher Zustand“, titelt entnervt das Belgrader Wochenblatt NIN.

Es sind vor allem die verstärkten Heizanstrengungen, die im Winter den Balkanhimmel verdüstern. Nicht nur Öfen und Fernwärmewerke, sondern vor allem die altersschwachen Kraftwerke werden noch immer mit billiger Braunkohle oder gar dem Erdölrückstand Masut befeuert. Laut einem im letzten Jahr veröffentlichten UN-Rapport verlieren die Bewohner des Westbalkan wegen der Luftverschmutzung durchschnittlich 1,3 Jahre ihres Lebens. Allein in 19 smoggeplagten Westbalkanstädten sterben jährlich 5.000 Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung: Im mazedonischen Tetovo sind gar 19 Prozent aller vorzeitigen Todesfälle die direkte Folge von Schadstoffemissionen.

Serbiens staatliche Umweltschutzagentur (SEPA) zieht nun mit einem bewährten Rezept gegen den Wintersmog zu Felde: In ihrem jüngsten Bericht hat sie die nationalen Grenzwerte für die Belastung mit Ultrafeinstaub (PM2,5) klammheimlich kräftig erhöht. Galt die serbische Luft bisher bei einer Ultrafeinstaubbelastung von mehr als 40 Mikrogramm pro Kubikmeter als „verschmutzt“, hat sich dieser Grenzwert auf 55 erhöht. Für die Kategorie „stark verschmutzt“ verschob die SEPA den Grenzwert von 90 auf 110.

Problem gelöst

Grenzwerte erhöht, Problem gelöst: Nach demselben Rezept hatte Belgrad bereits 2013 einen Skandal um mit dem Schimmelpilzgift Aflatoxin belastete Milch auszusitzen versucht – und die Grenzwerte um das Zehnfache angehoben. Über das „Aflatoxin in der Luft“ ätzt angesichts des kreativen Smogmanagements bitter die Zeitung Blic: „Asthmatiker und Lungenkranke müssen nicht mehr um ihre Gesundheit bangen. Die SEPA hat mit dem Austausch ihrer Tabellen das Problem der Luftverschmutzung endlich gelöst.“