Sonntag9. November 2025

Demaart De Maart

SpanienMallorcas riskante Corona-Strategie – indische Variante auf der Insel gelandet

Spanien / Mallorcas riskante Corona-Strategie – indische Variante auf der Insel gelandet
Wachsam bleiben: Auf Mallorca wird wieder gefeiert, doch sorgenfrei sieht anders aus  Foto: dpa/John-Patrick Morarescu

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Am Ballermann darf wieder gebechert werden – doch nicht wenige fragen sich, ob das gutgehen kann. Vor allem die Sorge vor einer Verbreitung der indischen Virusvariante geht um.

Mallorcas Party-Meile an der Playa de Palma, das „Ballermann“-Viertel, ist nach monatelanger Corona-Pause wieder geöffnet. Das Kultlokal „Bierkönig“ machte den Anfang, weitere Szenehäuser wollen folgen. „Der Ballermann ist zurück“, titelte die deutschsprachige Mallorca-Zeitung.

In den Bier- und Sangriaschenken in der Tourismushochburg S’Arenal am Partystrand von Palma darf also wieder gebechert werden, wenn auch nur mit strengen Regeln: Die Gästezahl ist begrenzt und alle müssen gesittet am Tisch sitzen, damit die Stimmung nicht außer Kontrolle gerät.

„Möge bloß keiner über die Stränge schlagen“, kommentiert die Mallorca-Zeitung den Neustart. So wie im vergangenen Sommer, als die Partylokale schon kurz nach der Wiedereröffnung wieder dichtmachen mussten. Damals war es nicht gelungen, die bierselige Laune der Gästeschar zu zügeln, und es war ohne Sicherheitsabstand und Maske gefeiert worden.

Strenger überwacht

Deswegen wird in den Lokalen nun alles strenger überwacht. So dürfen im „Bierkönig“ jetzt nur vier Gäste an einem Tisch sitzen, Tanzen ist verboten. Eingelassen wird nur, wer sich zuvor angemeldet hat und einen QR-Code zur Nachverfolgung vorweisen kann. Auch darf im Biergarten nicht geraucht werden.

„Wir hoffen auf eure Unterstützung bei der Einhaltung der aktuellen Maßnahmen, damit es weiterhin bergauf gehen kann“, appelliert der „Bierkönig“ an seine Gäste. Unter allen Umständen soll vermieden werden, dass nach einem katastrophalen Jahr 2020 auch die diesjährige Saison wegen eines erneuten Corona-Rückfalls auf Mallorca ins Wasser fällt.

Deswegen wird den Partygästen derzeit in allen Lokalen um 23 Uhr der Zapfhahn zugedreht. Von Mitternacht bis sechs Uhr morgens gilt zudem eine inselweite Ausgangssperre. Es darf also wieder gefeiert werden, aber derzeit nur mit angezogener Handbremse.

Wenig Fälle, aber …

Die neuste Nachricht von der Virusfront, dass nun auch auf Mallorca die hochansteckende indische Variante gelandet ist, signalisiert, dass die Epidemie auf der Insel noch nicht vorbei ist. Obwohl Francina Armengol, die Ministerpräsidentin der Balearischen Inseln, die Urlauber mit dem Versprechen beruhigt: „Wir sind eines der sichersten Reiseziele in Europa.“

Mit einer Sieben-Tage-Häufigkeit von unter 20 Fällen pro 100.000 Einwohner ist das Infektionsgeschehen tatsächlich derzeit sehr niedrig. Und es ist Mallorca, das nun dem Massentourismus wieder die Tore öffnet, zu wünschen, dass dies auch so bleibt und sich die indische Mutante nicht weiter ausbreitet.

Bei den routinemäßigen Analysestichproben in den vergangenen Tagen fanden die Virologen wenigstens acht Infektionsfälle mit der indischen Mutation B.1.617, die nach den bisherigen Erkenntnissen deutlich ansteckender sein soll als die Virus-Urform. Alle acht B.1.617-Fälle stünden untereinander in Verbindung, sagte Mallorcas Chefvirologe Javier Arranz.

Insgesamt drei Familien seien betroffen, alle seien in Quarantäne, den Patienten gehe es gut, hieß es. Ob auch Urlauber unter den Infizierten sind, wurde nicht bekannt. Die B.1.617-Mutante war zuvor bereits in den meisten europäischen Ländern entdeckt worden.

Da sich die zuerst in Indien entdeckte Mutation innerhalb Europas derzeit vor allem in Großbritannien ausbreitet, wo diese Mutante in einigen Regionen schon dominiert, haben Deutschland und Österreich das Vereinigte Königreich zum Virusvariantengebiet erklärt. Der Flugverkehr mit britischen Airports wurde stark eingeschränkt. Berlin, Wien und auch die Schweiz ordneten zudem für Einreisende aus dem Vereinigten Königreich eine Quarantänepflicht an.

Spanien lockert anders

Spanien macht derweil erstaunlicherweise genau das Gegenteil: Sämtliche Reisebeschränkungen für aus Großbritannien landende Fluggäste wurden gerade aufgehoben: Bei dieser riskanten Entscheidung Madrids waren weniger gesundheitspolitische, sondern wirtschaftliche Gründe ausschlaggebend: Die britische Insel ist der wichtigste Reisemarkt für Spanien und der Tourismus ist der bedeutendste spanische Wirtschaftssektor.

„Spanien ist hocherfreut, britische Urlauber begrüßen zu dürfen“, sagt der spanische Premier Pedro Sánchez. „Die Briten sind willkommen, ohne Einschränkungen und ohne gesundheitspolitische Formalitäten.“ Auch Mallorcas Politiker trommeln in diesen Tagen kräftig, damit die britischen Touristen wieder auf die Insel kommen.

Während also EU-Bürger und Schweizer weiterhin einen negativen PCR-Test benötigen, um nach Mallorca oder zu anderen spanischen Zielen reisen zu können, gilt für britische Spanien-Reisende nun weder eine Test- noch eine Quarantänepflicht. Ob dies angesichts der international befürchteten Ausbreitung der indischen Variante eine gute Entscheidung ist, wird man die nächsten Wochen sehen.