Dienstag11. November 2025

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Neue DialogrundeKosovo und Serbien suchen wieder einmal in Brüssel Annäherung

Neue Dialogrunde / Kosovo und Serbien suchen wieder einmal in Brüssel Annäherung
Das Verhältnis zwischen Serbien und dem Kosovo bleibt schwierig: Kosovos Premierminister Albin Kurti nahm vergangene Woche an einer Gedenkfeier für im Jahr 1999 von serbischen Truppen ermordete Menschen im Kosovo teil Foto: AFP/Armend Nimani

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Trotz ihres kürzlichen Abkommens zur Normalisierung ihrer Beziehungen liegen die Ex-Kriegsgegner Kosovo und Serbien mal wieder im Clinch: Ungeachtet der hoffnungsfrohen Verlautbarungen der EU-Vermittler scheint ein rascher Durchbruch bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel kaum in Sicht.

Mit gegenseitigen Schmähungen läuten die unwilligen Nachbarn ihre nächste Dialogrunde ein. Kosovos Premier Albin Kurti sei ein „Gauleiter der Besatzung“, der „die Serben aus Nordkosovo vertreiben und um jeden Preis den Konflikt“ wolle, wettert Serbiens Präsident Aleksandar Vucic vor dem erneuten Gipfeltreffen mit seinem Widersacher am heutigen Dienstag in Brüssel.

Wie Vucic sei auch Serbiens Außenminister Ivica Dacic in den 90er Jahren einer der engsten Mitarbeiter des „Balkanschlächters“ Slobodan Milosevic gewesen und sei daher für „Massenmorde und Kriegsverbrechen verantwortlich“, giftete derweil Kosovos Chefdiplomatin Donika Gervalla-Schwarz letzte Woche vor dem UN-Sicherheitsrat. Es sei „klar“, dass Belgrad weder ein Abkommen noch den Dialog wolle: „Denn das Serbien von 2023 will nicht mehr in die EU“.

Es sei wichtig, alle Schritte zu vermeiden, die „die Atmosphäre verschlechtern“ könnten, beschwört der slowakische EU-Sonderbeauftragte Miroslav Lajcak seine streitbaren Schützlinge. Gehör findet er kaum. Denn trotz ihrer im März auf EU-Druck besiegelten, aber nicht unterzeichneten Vereinbarung zur Normalisierung ihrer Beziehungen setzen die Ex-Kriegsgegner nicht auf Entspannung, sondern weiter auf den verschärften Clinch.

Belgrad ist verstimmt, weil Pristina und die EU der serbischen Forderung kein Gehör schenkten, die Kommunalwahlen im überwiegend serbisch besiedelten Nordkosovo erst nach der abgesprochenen Bildung des Verbands der serbischen Kommunen steigen zu lassen: Bei dem von den Kosovo-Serben in Abstimmung mit Belgrad boykottierten Urnengang nahmen am 23. April nur 3,7 Prozent der Wahlberechtigten und laut Belgrad nur 13 Serben teil. „Scheinheiligkeit“ warf Vucic hernach Kosovos Schutzmächten vor: Der Westen habe Serbien in Sachen des zugesicherten Minderheitsverbands „jahrelang belogen und betrogen“.

Gebrochene Versprechen

„Sinnlose Destruktivität auf allen Seiten“ macht hingegen der serbische Ex-Diplomat Milan St. Protic aus: Der von Belgrad im November orchestrierte Auszug der Serben aus den Kosovo-Institutionen sei ebenso „falsch“ gewesen wie Pristinas starrköpfiges Festhalten an dem Urnengang oder die unrealistischen EU-Erwartungen an das von ihr forcierte Abkommen.

Pristina hält Belgrad wiederum vor, grob gegen die Vereinbarung verstoßen zu haben, sich Kosovos Beitritt zu internationalen Organisationen nicht länger zu widersetzen. Tatsächlich stimmte Serbien letzte Woche gegen Kosovos Aufnahmeantrag in den Europarat. Gleichzeitig drohte Belgrad den Nachbarstaaten, die sich der Stimme enthalten oder für den Auftakt der Beitrittsprozedur gestimmt hatten, dunkel mit Gegenmaßnahmen.

Während Vermittler Lajcak hofft, dass sich Kurti und Vucic in Brüssel auf einen ersten Entwurf für das Statut des von Pristina zugesagten Verbands der serbischen Kommunen verständigen könnten, haben deren unversöhnliche Töne die Zweifel an einer raschen Einigung gemehrt. Er erwartete den Auftakt eines „langen und komplizierten Verhandlungsprozesses“, da Kosovo nur ein Statut akzeptieren könne, das im Einklang mit der eigenen Verfassung sei, so Naim Rashiti von der „Balkans Policy Research Group“ in Pristina.

Erfolg zu früh verkündet

„Wird der Serbien-Kosovo-Deal wirklich umgesetzt?“, fragt sich besorgt „Radio Free Europe“. Unbedingt will der Westen den anvisierten Kosovo-Ausgleich noch vor den Europa- und US-Wahlen im nächsten Jahr über die Bühne bringen – und drängt zur Eile. Die Aussichten auf einen raschen Durchbruch hält indes auch der Belgrader Analyst Dusan Janjic für gering: Da die Kosovo-Serben nicht in die Institutionen zurückgekehrt seien, könne mit den nach ihrem Wahlboykott nun albanisch dominierten Rathäusern in den serbischen Kommunen kaum deren Verband gegründet werden.

Sowohl Albaner als auch Serben hätten „von den langen Jahren der Konflikte genug“, ist Rashiti überzeugt: „Aber wir sehen keinerlei Versöhnung oder Aufarbeitung der Vergangenheit. Wir sehen keine Regierungen, die sich für das Geschehene entschuldigen.“

Sollten die Gespräche über das Statut des Kommunalverbands scheitern, drohe erneut ein Stillstand oder neue Spannungen, fürchtet Janjic: Die Staaten, die das Normalisierungsabkommen unterstützten, hätten „zu früh dessen Erfolg verkündet“.