Mittwoch29. Oktober 2025

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PortugalKorruptionsverdacht: Nach dem Rücktritt von António Costa stehen Neuwahlen an

Portugal / Korruptionsverdacht: Nach dem Rücktritt von António Costa stehen Neuwahlen an
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Korruptionsverdachts gegen António Costa Foto: AFP/Patricia de Melo Moreira

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Nach dem überraschenden Rücktritt von Portugals Premier António Costa steht das südeuropäische EU-Land vor Neuwahlen.

Der sozialdemokratisch orientierte sozialistische Regierungschef hatte sein Amt am Dienstag aufgegeben, nachdem bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen des Verdachtes der Korruption und der Rechtsbeugung ermittelt. Der 62-jährige António Costa, der wegen seiner wirtschaftlichen Erfolge als europäischer „Mustersozialist“ galt, war seit acht Jahren im Amt und regierte zuletzt mit einer absoluten Mehrheit.

Nach dem Amtsverzicht Costas ist Portugals Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa am Zug. An diesem Mittwoch traf er mit allen portugiesischen Parteichefs zusammen, um darüber zu beraten, wie es weitergeht. Es wird erwartet, dass der Staatschef das Parlament auflösen und Neuwahl ansetzen wird. Bereits vor Costas Rückzug hatte Rebelo de Sousa angedeutet, dass er im hypothetischen Fall eines vorzeitigen Ausscheidens Costas die Bürger über eine neue Regierung abstimmen lassen wolle. Die Entscheidung könnte schon an diesem Donnerstag bekannt gegeben werden.

In ersten Reaktionen hatten bereits alle Oppositionsparteien gefordert, dass die Bürger nach dem Bekanntwerden der Korruptionsermittlungen gegen Costa und weitere Regierungsmitglieder erneut zu den Urnen gerufen werden. Costas Amtszeit wäre regulär erst 2026 abgelaufen. Der konservative Oppositionsführer Luís Montenegro sagte, nach dem „Niedergang“ der Regierung, der mit einem Vertrauensverlust einhergehe, gebe es keinen anderen Ausweg als Neuwahlen: „Portugal kann nicht tolerieren, dass wichtige Entscheidungen hinsichtlich von Investitionen und der Verwendung staatlicher Mittel sich nicht durchweg nach Kriterien des öffentlichen Interesses richten.“

Bei den Ermittlungen geht es um den Verdacht von Unregelmäßigkeiten bei der Nutzung öffentlicher Gelder. Im Zentrum des mutmaßlichen Skandals steht die Vergabe von Projekten und Lizenzen für die Produktion von grünem Wasserstoff. Und auch für den Abbau von Lithium, einem Rohstoff, der für die Produktion von Batterien etwa für Elektroautos benötigt wird.

42 Wohnungen und Büros durchsucht

Am Dienstag hatten Polizisten und Steuerfahnder den Amtssitz von Costa in Lissabon durchsucht. Auch in mehreren Ministerien und Behörden fanden Durchsuchungen statt. Insgesamt ließ die federführende Staatsanwaltschaft 42 Büros und Wohnungen filzen. Fünf Personen wurden festgenommen, darunter Costas Kabinettschef Vítor Escaría und der mit Costa befreundete Berater und Unternehmer Diogo Lacerda Machado. Der Ex-Premier selbst wies den Verdacht zurück, an illegalen Handlungen beteiligt gewesen zu sein: „Ich habe ein reines Gewissen.“

Costa, Vorsitzender der zur sozialdemokratischen Familie gehörenden Sozialistischen Partei, war seit 2015 an der Regierung. Er hatte sich durch erfolgreiche Wirtschaftsreformen große Anerkennung in Europa erworben, was ihm auf dem Kontinent den Ruf einbrachte, ein „Mustersozialist“ zu sein. Allerdings hatte Costa in den letzten Monaten seiner Amtszeit mit Massenprotesten zu kämpfen. Wachsende Wohnungsnot, große Lücken in der öffentlichen Gesundheitsversorgung und Mängel im Bildungssystem machten Costa zu schaffen und ließen seine Popularität zuletzt sinken.