Dienstag11. November 2025

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Nato-BeitrittKopfzerbrechen um demilitarisierte Zone zwischen Schweden und Finnland

Nato-Beitritt / Kopfzerbrechen um demilitarisierte Zone zwischen Schweden und Finnland
Ruinen auf dem Festungsgelände Bomarsund auf Aland: Seit über 160 Jahren ist das Inselarchipel demilitarisiert Foto: AFP/Alessandro Rampazzo

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Eier flogen diese Woche auf der finnischen Inselgruppe Aland in Richtung eines russischen Konsulatsmitarbeiters. Seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine wird auf dem Archipel gegen Russland demonstriert, doch zuletzt nehmen die Spannungen zu. Denn die Russische Föderation hat hier besondere Rechte: Sie überwacht den demilitarisierten Zustand des Gebiets mittels eines militärischen Geheimdienstes.

Den speziellen Status der strategisch wichtigen Inselgruppe hatten die finnische Regierung, ebenso wie die NATO, bis zum Beitritt des Landes zur Allianz in ihren Verhandlungen tunlichst umschifft, zumindest offiziell. Doch nun geht dies nicht mehr. Als NATO-Mitglied muss sich Finnland positionieren.

Eine Petition, die die Abschaffung des russischen Konsulats fordert, sammelt derzeit Stimmen, um eine Diskussion im Parlament in Helsinki verbindlich zu machen. Initiator ist Pekka Toveri, Politiker der Konservativen und bis 2020 Chef des finnischen Militärgeheimdienstes. Er nennt die russische Vertretung ein „historisches Überbleibsel“ und sieht Russland als Bedrohung.

Ab Mai beginnen auch die Gespräche um die Regierungsbildung. Die konservative „Nationale Sammlung“ unter Petteri Orpo hat die meisten Stimmen gewonnen. Die Partei, die schon in den 2000er Jahren die Mitgliedschaft im westlichen Verteidigungsbündnis befürwortete, verlangt eine Aufhebung der Demilitarisierung der Aland-Inseln. In Leserbriefen in den Zeitungen streiten sich nun die Finnen um den Status der Insel, auch die Abgeordneten sind geteilter Meinung. Sollten die Konservativen mit den rechten „Basisfinnen“ koalieren, würde die Stationierung von Militärs auf der Agenda stehen. Die noch regierenden Sozialdemokraten hingegen lehnen eine Veränderung ab.

Die Abwesenheit von Militär auf den Inseln hat eine lange Tradition. Nach dem Krimkrieg 1856 zwangen die Siegermächte Großbritannien und Frankreich Russland, die Inselgruppe zu „entwaffnen“. Das Archipel gehörte damals zum zaristischen Großfürstentum Finnland. Nach der Unabhängigkeit von Russland 1921 wurde vom Völkerbund erneut die Demilitarisierung festgelegt.

Kein Militärdienst für Insulaner

Schweden hatte Ansprüche auf die Inseln angemeldet, da die Bevölkerung allein schwedischsprachig war. Seit 1940 gilt das bilaterale Abkommen über die Abwesenheit von Militär zwischen Helsinki und Moskau, als Folge der Kriegshandlungen zwischen Finnland und der Sowjetunion, bei der Finnland Gebiete abtreten musste. Diese Regelung bedeutet für die Insulaner, dass sie bis heute keinen Militärdienst leisten müssen. Gleichwohl haben die finnischen Streitkräfte die Berechtigung sowie die Pflicht, die rund 6.700 Inseln und Schären zu verteidigen, wenn diese angegriffen würden.

„Die Verteidigungskräfte haben genaue Pläne, wie sie Aland schützen“, so die ehemalige Verteidigungsministerin Elisabeth Rehn gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen Yle. Sie gehört der „Schwedischen Volkspartei“ an, welche die schwedischsprachige Minderheit im Land vertritt. Ihre Partei lehnt eine Veränderung – die sie als „Provokation“ erachten – ab. Die Gegner einer Militarisierung meinen, dass dies nur im Fall eines groben Fehlverhaltens Russlands im Verhältnis zu Finnland geschehen könne. Dazu ist es bislang nicht gekommen, von den üblichen Spionagefällen einmal abgesehen.

Auf der anderen Seite gibt es in Finnland Berichte, dass Russland derzeit in der Ostsee in großem Umfang Spionage und Informationsbeschaffung betreibt. Die russischen Medien reagieren auf die Überlegungen mit den klassisch überzogenen Vorwürfen. Von einer geplanten Provokation sowie einer künftigen NATO-Basis auf den Inseln ist die Rede.