Sonntag19. Oktober 2025

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CoronaItalien setzt auf Drittimpfung

Corona / Italien setzt auf Drittimpfung
In Mailand fand Ende Oktober vor der Kathedrale eine Kundgebung gegen den Corona-Impfpass im Land statt Foto: Claudio Furlan/LaPresse/AP/dpa

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Die vierte Welle der Corona-Pandemie nimmt auch in Italien Fahrt auf. Um die bevorstehenden Familienfeste zu Weihnachten und Jahreswechsel retten zu können, empfehlen die zuständigen Stellen eine Drittimpfung für alle über 50. Zudem soll weiter intensiv getestet und die Hygienemaßnahmen sollen streng überwacht werden.

Die Lage der Covid-Erkrankungen droht auch in Italien wieder kritisch zu werden. Zwar hielt sich die Zahl der Neuinfektionen am Samstag mit 3.392 gegenüber den Zahlen in anderen Ländern in Grenzen, doch haben die Inzidenzzahlen in 13 der 20 italienischen Regionen die kritische Marke von 50 überschritten.

Noch wollen die zuständigen italienischen Behörden – Protezione civile und Gesundheitsministerium – den Status der „Zona bianca“ (weiße Zone) für das ganze Land aufrechterhalten. Die Kriterien für einen Übergang in die nächste höher gefährdete Zone sind deutlich definiert: Zu einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 50 Fällen je 100.000 Einwohner muss eine Krankenhausbettenbelegung von 15 Prozent an Coronafällen sowie eine Intensivbettenbelegung von über zehn Prozent an Coronafällen überstiegen werden. Gegenwärtig stehen vier Regionen und Provinzen kurz davor, zur gelben Zone und damit zu einem Gebiet mit wieder deutlichen Einschränkungen zu werden. Hier handelt es sich um Friaul-Julisch Venetien, um die autonome Provinz Bozen sowie um die Regionen Kalabrien und Latium. Am kritischsten stellt sich die Lage im Friaul-Julisch Venetien dar, hier liegt die Belegung der Intensivbetten bereits bei 9,7 Prozent. Bei einem weiteren Anstieg müssen erkrankte Patienten in andere Regionen ausgelagert werden.

Drittimpfung für über 50-Jährige

Um die Zahl der Neuinfektionen deutlich einzuschränken, hatte sich die Regierung unter Mario Draghi bereits Ende September zu drastischen Maßnahmen entschlossen. Per Dekret ordnete sie an, dass ab dem 15. Oktober kein Italiener ohne das Impfzertifikat „Green Pass“ seinen Arbeitsplatz oder öffentliche Einrichtungen betreten darf. Impfgegner, vor allem von der extremen Rechten befeuert, hatten gegen diese Maßnahmen einige heftige Proteste initiiert, doch im Großen und Ganzen hatte das Gesetz gegriffen. Die Zahl der Neuinfektionen konnte bislang begrenzt und die Bereitwilligkeit, sich impfen zu lassen, sogar gesteigert werden.

Unter der Regie des von Draghi ernannten „Covid-Sonderkommissars“, General Francesco Paolo Figliuolo, konnte Italien beachtliche Erfolge in der Impfkampagne erzielen: 73 Prozent der impffähigen Bevölkerung sind bereits vollständig geimpft, 78,5 Prozent haben wenigstens schon die erste Dosis eines Corona-Impfstoffs erhalten

Jetzt setzt die Regierung darauf, den Immunschutz für die über 50-Jährigen deutlich zu verbessern. Andrea Costa, Staatssekretär im Gesundheitsministerium, erklärte, dass vor allem die mit den Vakzinen von AstraZeneca und Johnson&Johnson Geimpften mit dieser sogenannten „Booster-Impfung“ einen erweiterten Schutz vor einer Corona-Infektion erhalten sollten. Die Nationale Pharmazieagentur AIFA hatte bislang eine Drittimpfung für die über 60-Jährigen empfohlen. Sowohl Gesundheitsministerium als auch die AIFA empfehlen eine Auffrischungsimpfung mit einem mRNA-Impfstoff, wie sie von Biontech/Pfizer und Moderna angeboten werden. Mit diesen Vakzinen sollen auch alle ausländischen Arbeitnehmer geimpft werden, die bislang eine Immunisierung mit Sputnik oder Sinovac erhalten hatten. Sowohl der russische als auch der chinesische Impfstoff werden derzeit nicht anerkannt, um einen „Green Pass“ zu erhalten.

Generelle Impfpflicht nicht ausgeschlossen

Bislang hatte die Draghi-Regierung noch keine allgemeine Impfpflicht erlassen, doch verlautbart aus der Regierung nahe stehenden Kreise, dass eine derartige Regelung nicht ausgeschlossen wird, sollte sich die vierte Infektionswelle dramatisch erhöhen. Das gegenwärtig zirkulierende Virus sei sechsmal infektiöser als die Ursprungsvariante, nur durch eine „Herdenimmunisierung“ – die bei einer etwa 90-prozentigen Durchimpfung der Bevölkerung erreicht würde – könne eine dramatische Entwicklung, wie sie zu Beginn der Pandemie beobachtet wurde, abgewendet werden.

Schon jetzt gilt eine Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheits- und im Bildungswesen. Lediglich Personen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können, sind davon ausgenommen. Impfverweigerer müssen damit rechnen, eine alternative Arbeit zugewiesen zu bekommen oder sogar – falls dies nicht möglich ist – unbezahlt so lange von der Arbeit freigestellt zu werden, bis ein entsprechender nationaler Impfpegel erreicht wurde.

Ziel der gegenwärtig von der Regierung erlassenen Maßnahmen ist es, sowohl einen weiteren Lockdown mit verheerenden Folgen für die italienische Wirtschaft als auch neuerliche gesellschaftliche Einschränkungen zu vermeiden. Damit die Familienfeste zum bevorstehenden Weihnachten nicht ausfallen müssen.