Donnerstag13. November 2025

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EuropaIslamophobie-Alarm aus einem mit Antisemitismus-Vorwürfen konfrontierten Netzwerk

Europa / Islamophobie-Alarm aus einem mit Antisemitismus-Vorwürfen konfrontierten Netzwerk
Farid Hafez: Antiislamophobe Mission mit selektivem Sensorium für Rassismus Foto: Trollma/Wikipedia

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Der alljährliche „Islamophobie-Report“ entlarvt nicht nur tatsächliche Islamhasser, sondern stellt auch bloße Islamismus-Kritiker an den Pranger – und kommt aus einer selbst mit Rassismus-Vorwürfen konfrontierten Ecke.

Der Kampf gegen Islamophobie ist sein Lebensthema. Seit 2015 gibt der österreichische Politologe Farid Hafez jedes Jahr mit seinem türkischen Kollegen Enes Bayrakli den „European Islamophobia-Report“ heraus. EU-Geld fließt dafür inzwischen keines mehr, nachdem dort gelistete Personen, darunter Wissenschaftler und säkulare Muslime wie die Berliner Imamin Seyran Ates, vor zwei Jahren bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen lauten Protest eingelegt hatten. Das Europaparlament hatte daraufhin in einer Entschließung „bedauert, dass Hafez wiederholt Mittel aus dem Haushalt der Union erhalten hat, obwohl er eng mit der Muslimbruderschaft und der türkischen Regierung verbunden ist“. Eine Zugehörigkeit zur islamistischen Muslimbruderschaft wird von Hafez allerdings energisch bestritten und konnte ihm auch nicht nachgewiesen werden.

An Geld mangelt es den Islamophobie-Reportern offenbar dennoch nicht. Ebenso wenig an Feindbildern. Auch der in Istanbul gedruckte 2022er-Report beschreibt Europa als Kontinent der Islam-Hasser. Sogar im von russischen Muslime-Vertretern begrüßten Ukraine-Krieg ortet er antimuslimischen Rassismus, weil „unverhältnismäßig viele Muslime mobilisiert und als billiges Kanonenfutter benutzt wurden, was der politischen Ökonomie des Krieges einen klaren rassistischen Stempel aufdrückt“.

Als Gottseibeiuns der Muslime wird der nach „dem islamfeindlichsten Präsidentschaftswahlkampf der Geschichte Frankreichs“ im Amt bestätigte Präsident Emmanuel Macron inszeniert. Seine Wiederwahl erlaube „die Fortführung seiner Politik gegen das, was er als ‚politischen Islam‘ und ‚radikalen Islam‘ bezeichnet, die in der Tat direkt normale Muslime in Frankreich betrifft“, so der Report. Macrons „antimuslimische politische Agenda veranlasst viele Beobachter dazu, ihn als den weltweiten Anführer der Islamophobie zu betrachten“.

Wiener Rassisten-Justiz?

Ein großes Kapitel widmet Hafez seiner Heimat, wo es im Vorjahr „mehr als 1.000 antimuslimische Hassverbrechen“ gegeben habe. Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) sei „zentrale Figur in der Institutionalisierung von Islamophobie“. Der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) unterstellt er, „auf antimuslimische Verschwörungstheorien … zurückzugreifen“. Die Dokumentationsstelle Politischer Islam, deren wissenschaftlichen Beirat der angesehene, wegen Morddrohungen unter Polizeischutz stehende Münsterer Islam-Theologe Mouhanad Khorchide leitet, werde „dazu benutzt, organisierte MuslimInnen zu problematisieren“. Auch die Justiz bekommt ihr Fett ab: Gleich an vier Stellen des Reports werden die im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens im November 2020 bei mutmaßlichen Muslimbrüdern durchgeführten Razzien als „berüchtigte rassistische Operation Luxor“ bezeichnet. Hafez’ Zorn ist erklärbar: Er selbst war Ziel einer dieser Hausdurchsuchungen, die Verfahren gegen ihn und 30 weitere Beschuldigte wurden aber inzwischen eingestellt.

„Gefährlichster Professor“

Ein Blick auf das Cover des aktuellen Reports lässt sein Rassismus-Sensorium freilich einseitig wirken. Hier prangen die Logos unterstützender Institutionen wie der „International Islamophobia Studies Research Association“ (IISRA). Deren Präsident Hatem Bazian, Islam-Professor an der University of California in Berkeley, erklärte die auf Antisemitismus spezialisierte NGO „Canary Mission“ zum „gefährlichsten Professor Amerikas“. In einem auf Youtube verfügbaren Video bezeichnet er den „US-Kongress als israelisch besetztes Territorium“. 2017 hatte er auf Twitter antisemitisch konnotierte Memes geteilt: Eines zeigt einen lachenden Juden mit diesem Text: „Schau Mama, ich bin auserwählt! Jetzt kann ich töten, vergewaltigen, Organe schmuggeln und Land der Palästinenser stehlen. Yay. #Aschke-Nazi.“ Der Hashtag ist eine Verballhornung des osteuropäische Juden bezeichnenden Begriffes Aschkenasim und passt zum von Bazian mehrfach verwendeten Hashtag #PalestineHolocaust. Der aus Nablus im Westjordanland stammende Professor entschuldigte sich, nachdem seine Uni den Tweet als „Überschreitung der Grenze von Kritik an israelischer Regierungspolitik zu Antisemitismus“ verurteilt hatte.

„Antisemitin der Woche“

Bazian ist auch Gründer des „Islamophobia Research and Documentation Project“ und Direktor des „Islamophobia Studies Center Berkely“. Beide Institutionen sind am Cover des Islamophobie-Reports mit ihren Logos vertreten. Ebenso AMED, die „Arab and Muslim Ethnicities and Diasporas“-Initiative an der San Francisco State University. Deren Leiterin Rabab Abduhadi kürte die Plattform Stopantisemitism.org im August 2019 zur „Antisemitin der Woche“. Sie ist Gründungsmitglied der US-Kampagne für den akademischen und kulturellen Boykott Israels und nennt die palästinensische Terroristin Leila Khaled ihr Vorbild. „Hatem Bazian und Rabab Abdulhadi sind nur zwei herausragende Beispiele für Fakultätsmitglieder an Universitäten im ganzen Land, die ein feindliches Umfeld für jüdische Studenten schaffen“, schrieb die Jerusalem Post im vergangenen Juni über antijüdische Tendenzen an amerikanischen Unis.

Derartige Vorwürfe scheinen beim Islamophobie-Reporter jedoch keinen Rassismusalarm auszulösen: In einem Facebook-Post von Farid Hafez werden Abdulhadi und Bazian „meine lieben Freunde und Kollegen“ genannt. Gemeinsam mit Abdulhadi sitzt Hafez im Vorstand von Bazians IISRA.

Aber Rassisten sind immer die anderen …