AustralienGreat Barrier Reef erlebt seine dritte Bleiche innerhalb von fünf Jahren

Australien / Great Barrier Reef erlebt seine dritte Bleiche innerhalb von fünf Jahren
In der Mitte: gebleichte Korallen Foto: AFP/James Cook University

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Erst Dürre, dann Feuer und nun bleicht das Great Barrier Reef. Australien wird seit Monaten besonders schlimm vom Klimawandel getroffen. Nun erlebt das größte Korallenriff der Erde die dritte Bleiche in nur fünf Jahren.

Früher passierte es alle paar Dekaden, inzwischen häufen sich die Bleichen. Erst 2016 und 2017 litt das Great Barrier Reef in Australien unter zwei schweren Bleichen in Folge. Kaum konnten die überlebenden Nesseltiere sich wieder erholen, da schlägt bereits die nächste Bleiche zu. Und erste Untersuchungen zeigen: Die aktuelle Bleiche ist noch mal intensiver und weitläufiger als frühere Ereignisse. Australische Forscher, die das Ausmaß Ende März dokumentierten, sprachen in einem aktuellen Artikel des Wissenschaftsmediums „The Conversation“ von einer „absoluten Tragödie“.

Das Weltkulturerbe ist eine der größten Attraktionen des fünften Kontinents und zieht in normalen Jahren ohne Covid-19 Millionen Besucher an. Das an der Ostküste Australiens gelegene Riff besteht aus über 3.000 Einzelriffen, die die Heimat von 1.500 Fischspezies und 400 Korallenarten bilden.

Für ihre Studie untersuchten die Forscher in den letzten zwei Märzwochen 1.036 Riffe aus der Luft, um das Ausmaß und den Schweregrad der Korallenbleiche zu messen. Die Ergebnisse schockierten die Wissenschaftler: „Zum ersten Mal hat eine starke Bleiche alle drei Regionen des Great Barrier Reef getroffen – den nördlichen, zentralen und einen großen Teil des südlichen Sektors“, sagte Terry Hughes, ein Korallenexperte der australischen James-Cook-Universität. Der südliche Teil war bei den vergangenen zwei Bleichen verschont geblieben.

Korallen bleichen, wenn die Meerestemperaturen in ungewöhnlich heißen Sommern zu sehr ansteigen. In diesem Jahr maß man im Februar die höchsten monatlichen Meeresoberflächentemperaturen, die jemals seit Beginn der Aufzeichnungen der australischen Wetterbehörde im Jahr 1900 am Great Barrier Reef gemessen wurden. Im Falle einer Bleiche verfärben sich die Korallen weiß, da ihre Symbiose mit einer Algenart, die die Nesseltiere mit Energie versorgt und ihnen die bunten Farben verleiht, unterbrochen wird.

Bleiche ist nicht unbedingt tödlich

Die erste aufgezeichnete Massenbleiche am Great Barrier Reef fand 1998 statt. 2002, 2016, 2017 und jetzt im Jahr 2020 sind vier weitere Massenbleichen aufgetreten, da auch immer mehr Temperaturrekorde fallen. „Das Bleichen selbst ist nicht unbedingt tödlich und betrifft einige Arten mehr als andere“, sagte Morgan Pratchett, ein weiterer Korallenexperte der James-Cook-Universität, der ebenfalls an der Untersuchung beteiligt war. „Eine blasse oder leicht gebleichte Koralle gewinnt normalerweise innerhalb weniger Wochen oder Monaten ihre Farbe zurück und überlebt“, sagte er.

Ist die Bleiche jedoch zu stark, sterben viele Korallen ab. 2016 beispielsweise starb mehr als die Hälfte der Flachwasserkorallen in der nördlichen Region des Great Barrier Reef. Neben den Bleichen verursachte in den vergangenen Jahren auch ein Zyklon große Schäden an den Korallen im Nordosten Australiens. Zusätzlich zu Klimawandel und Stürmen schwächen zudem Sedimente aus Hafenanlagen, Abwässer aus der Landwirtschaft und die Dornenkronenseesterne, die die Korallen abfressen, die Gesundheit der Tiere.

Wie viele Tiere die derzeitige Bleiche nicht überstehen werden, lässt sich bisher nicht einschätzen. „Wir werden später in diesem Jahr wieder unter Wasser gehen, um die Korallenverluste dieses jüngsten Ereignisses zu bewerten“, sagte Pratchett. 2016 sei der Norden die am stärksten betroffene Region gewesen, 2017 habe es vor allem die Zentralregion getroffen. 2020 hat sich die Bleiche nun jedoch auch bis in den Süden ausgeweitet.

„Sehr schlechte“ Aussichten

„Da die Sommer immer heißer werden, brauchen wir kein El-Niño-Ereignis mehr, um eine Massenbleiche auf der Skala des Great Barrier Reef auszulösen“, sagte Terry Hughes. „Von den fünf Ereignissen, die wir bisher gesehen haben, ereigneten sich nur 1998 und 2016 welche unter El-Niño-Bedingungen.“ Nach fünf Massenbleichen nimmt die Anzahl der Riffe, die bisher einer starken Bleiche völlig entgangen sind, weiter ab. Diese wenigen Riffe befinden sich vor der Küste im hohen Norden sowie in abgelegenen Teilen des Südens.

2019 zeichnete ein Bericht der australischen Regierung bereits ein düsteres Bild für die Zukunft des Great Barrier Reef. Die Aussichten für das Riff wurden von „schlecht“ auf „sehr schlecht“ heruntergestuft. In dem Bericht der australischen Great Barrier Reef Marine Park Authority, der alle fünf Jahre veröffentlicht wird, hieß es, schon bisher hätte sich das Korallenriff in schlechtem Zustand befunden, doch durch den Klimawandel sei die Situation nochmals eskaliert.

Einer, der in diesem Jahr ein besonders kritisches Auge auf die Gesundheit des Riffs werfen wird, ist die Unesco. Bereits in der Vergangenheit hatte man dort überlegt, das Riff als „gefährdetes Welterbe“ einzustufen. Diese Blamage hatte Australien bisher zwar verhindern können, doch 2020 soll die Entscheidung erneut unter die Lupe genommen werden.

Terry Hughes, Korallenexperte der australischen James-Cook-Universität
Terry Hughes, Korallenexperte der australischen James-Cook-Universität Foto: AFP/James Cook University