Auf die Arbeitnehmer kommen heftige Turbulenzen zu. Wenn Corona abflaut, dürfte es richtig losgehen. Ausschläge in jede Richtung. Hier Kündigungen, da Mehrarbeit, hier mehr Flexibilität, da Home-Office. Gerade in einer solchen Situation ist es wichtig, dass die Beschäftigten nicht individuell und schutzlos ihren Arbeitgebern ausgeliefert sind, die natürlich ihre Interessen im Auge haben.
Sondern dass ein Betriebsrat für sie auf Augenhöhe verhandeln kann über Arbeitszeiten, Überstunden, Urlaube, Home-Office, Testmöglichkeiten und, wo nötig, über Sozialpläne und Abfindungen. Selten waren Betriebsräte so wichtig wie jetzt. Unternehmer, die sich sozialpartnerschaftlich verstehen, hatten damit noch nie ein Problem. Doch gibt es viel zu viele, vor allem in Kleinstbetrieben, die nach dem Herr-im-Hause-Standpunkt jedem mit Kündigung drohen, der auch nur an Mitbestimmung denkt.
Die Schutzlosigkeit ist in der Arbeitswelt inzwischen der Normalfall geworden
Die am Mittwoch in Deutschland eingeleitete Reform ist ein Schutzbrief für mehr Sozialpartnerschaft. Sie wäre auch ohne Corona überfällig gewesen und stand deshalb auch schon im Koalitionsprogramm. Nur rund 42 Prozent der Beschäftigten in den alten Ländern haben noch einen Betriebsrat, im Osten sogar nur 35 Prozent. Ähnlich niedrig sind die Anteile der Unternehmen mit Tarifbindung. Die Schutzlosigkeit ist in der Arbeitswelt inzwischen der Normalfall geworden.
Das soll mit dem neuen Gesetz jedenfalls ein bisschen korrigiert werden, vor allem, indem die Gründung von Betriebsräten erleichtert wird. Sie sind nach dem Gesetz schon jetzt in allen Firmen mit mehr als fünf Beschäftigten ein verbrieftes Recht. Das aber allzu oft gebrochen wird. Zu hoffen ist, dass auch viele Beschäftigte in Kleinstbetrieben nun den Mut fassen, eine solche Vertretung zu gründen. Denn dort gibt es die größten Lücken, und dort dürften die Turbulenzen nach Corona am schlimmsten werden. Es gilt der alte Gewerkschaftsslogan: Allein machen sie dich ein.
Leichter zum Betriebsrat
In Deutschland sollen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen künftig auch in kleineren Unternehmen leichter einen Betriebsrat gründen können. Das Kabinett beschloss am Mittwoch den Entwurf des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes – es soll die Betriebsratsarbeit allgemein fördern und auch die Wahlen für eine Arbeitnehmervertretung im Betrieb vereinfachen. Betriebsräte erhalten damit zudem ein Initiativrecht für Weiterbildung.
De Maart
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