Donnerstag30. Oktober 2025

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UngarnFoto-Finish um die Macht

Ungarn / Foto-Finish um die Macht
Der Spitzenkandidat der Opposition Peter Marki-Zay (M.) und seine Ehefrau Felicia (l.) in ihrem Wahllokal im heimischen Hodmezovasarhely Foto: Attila Kisbenedek/AFP

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In Ungarn zeichnete sich nach der Parlamentswahl am Sonntag ein Kopf-an Kopf-Rennen zwischen der regierenden Fidesz-Partei von Premier Viktor Orban und dem von Peter Marki-Zay geführten Oppositionsbündnis ab. Aussagekräftige Auszählergebnisse lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor.

Der dienstälteste Regierungschef der EU muss weiter zittern. Aussagekräftige Teilergebnisse lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor: Erst in der Wahlnacht zum Montag wurde Deutlichkeit erwartet, ob Ungarns seit 2010 ununterbrochen amtierender Premier Viktor Orban bei der Parlamentswahl am Sonntag sein Premier-Amt verteidigt oder verloren hat.

Erste am Sonntagabend veröffentlichte Teilergebnisse, wonach Orbans nationalpopulistische Fidesz-Partei nach Auszählung von 17 Prozent der Stimmen 133 Parlamentssitze gewonnen hat, lassen laut Bulcsu Hunyadi, Analyst des Political-Capital-Institut in Budapest, keinerlei Rückschlüsse auf das Gesamtergebnis zu. „Als Erstes werden die Ergebnisse der kleineren Städte und Wahlkreise gezählt, in denen Fidesz traditionell stark ist“, so Hunyadi gegenüber dem Tageblatt: „Für eine Prognose über den Wahlausgang ist es noch zu früh.“

Letzte Umfragen vor der Wahl hatten Orbans regierende Fidesz-Partei vorne gesehen. Doch wegen der großen Zahl unentschlossener Wähler mühten sich die Kontrahenten des verbissenen Stimmenstreits auch noch am Wahltag, zur Mobilisierung ihres Anhangs Optimismus zu demonstrieren. „Ich bin zuversichtlich“, versicherte Platzhirsch Orban am Sonntag bei der Stimmabgabe. Die Wahl sei nach „zwölf Jahren Fidesz-Gehirnwäsche“ zwar eine „harte Nuss“ gewesen, räumte derweil sein aufgeräumter Herausforderer Marki-Zay offen ein: Aber die Opposition stehe „vor einem Sieg“.

Bei den letzten zwei Wahlen 2014 und 2018 hatte Orban die Opposition noch mithilfe eines ganz auf seine Fidesz-Partei zugeschnittenen Wahlsystems deklassiert. Bei dem Mix aus Verhältnis- und Mehrheitswahlsystem werden nur 93 der 199 Parlamentssitze nach den Stimmenanteilen vergeben. Die 106 Direktmandate gehen an die jeweils stärkste Partei in den Wahlkreisen. Dabei profitiert klar die größte Partei: Obwohl Fidesz bei der Wahl 2018 die Stimmen-Mehrheit knapp verfehlte, fuhr die Regierungspartei zwei Drittel der Sitze ein.

Warnung vor Wahlmanipulationen

Doch bei den Wahlen am Sonntag versuchte ein Bündnis der sechs wichtigsten Oppositionsparteien, von der rechtsnationalen Jobbik-Partei bis zur sozialistischen MSZP, Dauerregent Orban mit der Waffe seines eigenen Wahlsystems und der Bündelung ihrer Kräfte aus dem Machtsattel zu hebeln. In stark frequentierten Vorwahlen kürte das Bündnis bereits im letzten Herbst nicht nur seine aussichtsreichsten Kandidaten in den 106 Wahlkreisen, sondern mit dem Konservativen Marki-Zay auch seinen Spitzenkandidaten.

Im Wahlkampf hatte die Opposition nicht nur über ihren begrenzten Zugang zu den von Fidesz kontrollierten Medien geklagt, sondern auch vor Wahlmanipulationen gewarnt, vor allem bei der wenig transparenten Briefwahl der Auslandsungarn. Der mit Spannung überwachte Urnengang wurde am Sonntag von rund 200 Wahlbeobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) überwacht – für eine Wahl in einem EU-Staat eine ungewöhnlich hohe Zahl.

Marki-Zay warf Orban im Wahlkampf nicht nur eine feudale Vetternwirtschaft und den Missbrauch von EU-Mitteln, sondern auch seine engen Bande zu Putin vor. Umgekehrt behauptete Orban, dass die Opposition das Land in den Krieg in der benachbarten Ukraine ziehen wolle – und stellte sich als einzig verlässlicher Garant für den Frieden dar.