Nach wochenlangem Zögern hat sich die EU in den Handelsstreit zwischen Litauen und China eingeschaltet und die Welthandelsorganisation angerufen. Bei der WTO sei ein Streitschlichtungsverfahren eingeleitet worden, teilte die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel mit. Der Streit betrifft die gesamte EU, denn es geht um den Binnenmarkt und die heikle Frage der Anerkennung Taiwans, die auch für außenpolitische Spannungen sorgt.
„Die EU wird geschlossen und unverzüglich gegen Maßnahmen vorgehen, die gegen die WTO-Regeln verstoßen und die Integrität des Binnenmarkts bedrohen“, sagte Handelskommissar Valdis Dombrovskis. „Gleichzeitig setzen wir unsere diplomatischen Bemühungen zur Entschärfung der Lage fort.“ China hat nun 60 Tage Zeit, um sein Vorgehen zu erklären oder zu einer Lösung zu gelangen. WTO-Streitfälle werden oft erst nach Jahren beigelegt.
Für eine geräuschlose Einigung hat sich nach einem Bericht des Online-Portals Politico vor allem Deutschland starkgemacht. Das Kanzleramt in Berlin habe versucht, die EU-Kommission auszubremsen. Allerdings gab es noch ein anderes Problem: Die Kommission suchte lange nach Beweisen für ein chinesisches Fehlverhalten. Denn viele betroffene Firmen scheuen die Öffentlichkeit, um ihre Geschäfte nicht zu gefährden.
Streit um Taiwans Vertretung
Im konkreten Fall geht es um die sensible Taiwan-Politik. Litauen hatte Taiwan die Eröffnung einer De-facto-Botschaft erlaubt. China betrachtet Taiwan aber als Teil der Volksrepublik. Die Regierung in Peking hat aus Protest den Handel mit Litauen stark eingeschränkt. Dies zeigen sogar Chinas Zollstatistiken: Demnach sind die litauischen Ausfuhren nach China im Dezember um 91 Prozent zum Vorjahresmonat gefallen.
Allerdings fällt der Handel mit China für Litauen kaum ins Gewicht. Zudem konnte der Verlust teilweise durch neue Geschäfte mit Taiwan kompensiert werden. Schwerer als der wirtschaftliche wiegt denn wohl auch der politische Schaden. Präsident Gitanas Nauseda hat die Eröffnung der taiwanischen Vertretung nachträglich als „Fehler” bezeichnet: „Ich denke, nicht die Eröffnung des taiwanischen Büros war ein Fehler. Es war der Name, der nicht mit mir abgestimmt war.”
Über die Bezeichnung Taiwans gibt es seit Jahren Streit zwischen westlichen und chinesischen Politikern. Peking hält an der Ein-China-Politik fest und wehrt sich vehement gegen jeden Versuch, Taiwan als unabhängigen Staat anzuerkennen. Wer dagegen verstößt, wird abgestraft. Die meisten EU-Länder halten sich an die Vorgaben.
De Maart
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