Ungarn und Polen sollen aufhören, nicht heterosexuelle Personen zu diskriminieren. Dies fordert die EU-Kommission in Brüssel – und eröffnet ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die beiden erzkonservativ regierten Länder. Der Vorstoß dürfte allerdings zunächst wenig an der Lage von Lesben, Schwulen und anderen LGBT-Menschen ändern.
In Polen waren bereits vor Monaten sogenannte LGBT-freie Zonen eingerichtet worden. In Ungarn ist ein neues Gesetz in Kraft getreten, das die Darstellung von nicht heterosexuellen Lebensweisen in Filmen, Büchern und Lehrmaterial verbietet. Die EU-Kommission sieht darin eine Diskriminierung, die nach Artikel 2 des EU-Vertrags verboten ist.
Allerdings hat die Brüsseler Behörde lange gezögert, bevor sie eingeschritten ist. Bereits im November 2020 hatte sie eine Strategie zur Gleichstellung von LGBT verabschiedet. Aktiv wurde die Kommission aber erst, nachdem es beim EU-Gipfel im Juni zum Eklat um das Gesetz in Ungarn gekommen war. Behördenchefin Ursula von der Leyen sprach von einer „Schande“.
Erst mal folgenlos
Die nun eingeleiteten Verfahren haben zunächst keine Konsequenzen. Die Regierungen in Budapest und Warschau haben zwei Monate Zeit für eine Stellungnahme. Danach kann die Kommission beschließen, ihnen eine begründete Stellungnahme zu übermitteln und sie schließlich vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen.
Zur Kürzung von EU-Finanzhilfen, wie sie das Europaparlament fordert, wird dies aber nicht führen. Bei Diskriminierung greife der neue Rechtsstaats-Mechanismus nicht, heißt es in Brüssel. Von der Leyen hatte erklärt, dass sie diesen Mechanismus erst im Herbst anwenden will – bis dahin haben Polen und Ungarn wenig zu befürchten.
Merkwürdig mutet auch die Begründung der EU-Kommission an. Im Falle Ungarns beruft sie sich auf eine Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste und eine EU-Regel zum elektronischen Warenverkehr. So will Brüssel die Ausstrahlung von Filmen mit LGBT-Inhalten durchsetzen. Nach dem umstrittenen Gesetz in Ungarn müssen sie mit dem Hinweis „Verboten für unter 18-Jährige“ versehen werden.
De Maart
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können