Sonntag26. Oktober 2025

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GeopolitikEU finanziert dem russophilen Sanktionsverweigerer Serbien neue Gaspipeline nach Bulgarien

Geopolitik / EU finanziert dem russophilen Sanktionsverweigerer Serbien neue Gaspipeline nach Bulgarien
Der serbische Präsident Aleksandar Vucic weiß die Gabe aus der EU für seine Zwecke zu gebrauchen Foto: Andrej Isakovic/AFP

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Kräftige Zuschüsse der EU ermöglichen selbst dem russophilen Sanktionsverweigerer Serbien die Diversifizierung seiner Energiequellen: Mit der Eröffnung einer neuen Pipeline zwischen Serbien und Bulgarien können auch andere EU-Anwärter auf dem Westbalkan ihre Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen reduzieren.

Wenn es sich anbietet, schmücken sich erfahrene Wahlkämpfer auch mit fremden Federn. Die neue Pipeline nach Bulgarien werde Serbien eine „bessere Zukunft und mehr Sicherheit“ bringen, jubilierte der serbische Staatschef Aleksandar Vucic eine Woche vor den Parlamentswahlen bei der Eröffnung des sogenannten „Gas-Interkonnektors“ am Sonntag in Trupule bei Nis: „Jetzt können wir unser Gas auf dem offenen Markt kaufen.“

Tatsächlich ermöglicht die neue 109 Kilometer lange Gaspipeline dem von russischem Gas abhängigen EU-Anwärter den Bezug von aserbaidschanischem Gas und über den baldigen Anschluss an das LNG-Terminal im griechischen Alexandroupolis auch von Flüssiggas aus aller Welt. Bereits mittelfristig dürfte sich dank der neuen Röhre Serbiens Abhängigkeit von den russischen Gaslieferungen laut Brüsseler Schätzungen von 100 auf 85 Prozent reduzieren.

Es sei eine „dumme Regel“ in Serbien, dass man einen Monat vor den Wahlen sich nicht mehr für das preisen dürfe, „was man für sein Land getan hat“, grantelte Wahlkämpfer Vucic: „Aber keine Sorge, wir werden auf jeden Fall gewinnen. Denn dies ist ein großer Sieg für uns alle.“

„Mit vollem Gas voraus!“, feierte das regierungsnahe Boulevardblatt Kurir am Montag die von Vucic gefeierte Ankunft des „blauen Golds aus Aserbaidschan“. Finanziert wird die nun begonnene Abnabelung des russophilen Sanktionsverweigerers vom russischen Gastropf allerdings weitgehend von Brüssel – und nur zu einem kleinen Teil von Belgrad.

Mit einem Zuschuss von 49,6 Millionen Euro hat die EU über die Hälfte der Kosten von 85,5 Millionen Euro direkt übernommen. Weitere 25 Millionen Euro hat die Europäische Investitionsbank (EIB) mit günstigen Krediten finanziert. Serbiens Eigenmittel machen mit 15 Millionen gerade einmal 17,6 Prozent der Kosten des neuen Interkonnektors aus.

Eröffnung mit Bedacht gewählt

Nicht nur für Serbien, sondern auch für die benachbarten EU-Anwärter Bosnien und Herzegowina und Nordmazedonien, die bisher von russischen Gaslieferungen abhängig waren, eröffnen sich neue Bezugsalternativen. Doch trotz des zweifelsfreien Nutzens der von Brüssel finanzierten Pipeline hatten Bürgerrechtsgruppen vorab in einem offenen Brief den EU-Botschafter in Serbien vergeblich dazu aufgerufen, der Eröffnungszeremonie fernzubleiben. Ihre Argumentation: Seine Teilnahme könne als EU-Unterstützung für Vucic und dessen SNS bei den nahen Parlamentswahlen ausgelegt werden.

Tatsächlich hatte Belgrad den Zeitpunkt der Eröffnung der Gaspipeline mit Blick auf die Wahlen mit Bedacht gewählt. Wohlweislich reiste wegen des nahenden Urnengangs zwar keiner der ursprünglich geladenen Würdenträger aus Brüssel zu dem zum Wahlkampftermin umfunktionierten Stelldichein mit Serbiens autoritär gestricktem Staatschef an. Stattdessen setzte Brüssel den Belgrader EU-Botschafter Emanuele Giaufret in Marsch. Von einem „wichtigen Wendepunkt“ bei der Stärkung der serbischen Energiesicherheit sprach der EU-Gesandte in seinem betont kurzen Grußwort: Die EU unterstütze das Projekt, „um die Abhängigkeit Serbiens von russischem Gas zu beenden“.