Dienstag11. November 2025

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Ein Leben für die Solidarität

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Auf die Frage, ob er sich eher als Gewerkschafter oder als Politiker gesehen hat, antwortet der ehemalige FNCTTFEL-Präsident und Mamer Bürgermeister ohne Zögern. Die politische Laufbahn habe er immer als Mittel gesehen, gewerkschaftliche Forderungen durchzusetzen, so Josy Konz, der am Freitag 80 wird.

Interviews für ein Porträt dauern gemeinhin eine knappe Stunde, mit Josy Konz saßen wir zweieinhalb Stunden zusammen und hatten dennoch nicht alle Aspekte, die vielfältigen Felder seines Engagements, behandelt.

Langjähriger Präsident des FNCTTFEL-Landesverbandes, der noch vor Kurzem beim jüngsten Kongress seiner Gewerkschaft das Wort ergriff und für eine gewisse Begeisterung bei den Delegierten sorgte, Mamer Bürgermeister, der, nachdem „Parteifreunde“ ihm die Industriemülldeponie „Haebicht“ ins kommunale Nest legen wollten, mit dem gesamten Schöffenrat demissionierte, aber auch ambitionierter Radfahrer, der sich in seiner Jugend unter die ersten 30 bei der Flèche du Sud platzieren konnte und noch bis vor einigen Jahren regelmäßig trainierte: Konz ist eine facettenreiche Persönlichkeit.

Fotografisches Gedächtnis

Er beeindruckt auch mit 80 noch während des Gesprächs durch seine umfangreiche Kenntnisse der Dossiers und sein fotografisches Gedächtnis. Er nennt, ohne zu zögern, mehrstellige Dossiernummern von europäischen Reglementen zu Straßen- und Bahntransport aus den 70ern und 80ern des letzten Jahrhunderts, beschreibt mehrere Jahrzehnte zurückliegende Gespräche mit Weggefährten, von denen einige längst verstorben sind, als hätten sie vergangene Woche stattgefunden.

Die Liste der Namen, die während der Unterredung vorkommen, liest sich wie das „Who’s Who“ der linken Bewegung und ganz allgemein der politischen und wirtschaftlichen Entscheider im Lande. Albert Bousser, Roger Demuth, Roby Meis, Marcel Arendt, Willy Dondelinger, John Castegnaro, Will Hoffmann, Fons Hildgen, Jacques Poos, Paul Schmit, Jacques Leurs, Josy Barthel, René Bleser, Nico Wennmacher, Johny Lahure, Robert Goebbels, Jeannot Schneider …

Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, Josy Konz ist ein lebendiges Nachschlagewerk der sozialen und politischen Geschichte des Landes und müsste eigentlich permanentes Studienobjekt der angehenden Politologen an der Uni Luxemburg sein. Die Hintergründe zahlreicher Entscheidungen und Entwicklungen im Nachkriegs-Luxemburg kennt er wie nur noch wenige andere.

Eigentlich wollte er in der Schule bleiben

Nachdem er vor einem Vierteljahrhundert eine Krebserkrankung besiegt hat, ist er in hervorragender Form. Nicht ganz typisch für seine Gewerkschaftergeneration ist er Trinkgelagen immer aus dem Wege gegangen, genießt zwar gerne, aber in Maßen und hat seinen „Kameraden“ gerne spätabends das schankwirtschaftliche Feld überlassen, wenn „ohnehin nichts Vernünftiges mehr passierte“, und achtete allgemein auf eine gute Lebenshygiene, trieb regelmäßig Sport …


„Haebicht-Geschwür“

Das Kapitel Haebicht, das seine kommunalpolitische Laufbahn beschloss, die ihn immerhin zum Mamer Bürgermeister gemacht hatte, ist – so meint Josy Konz heute – Auslöser einer Krebserkrankung gewesen. Diese Einschätzung, die von seinem behandelnden Onkologen Dr. Jean Mousel stammt, fußt auf der Tatsache, dass er bis dato eine gesunde Lebensführung und keinerlei genetische Vorbelastungen hatte.
Er selbst habe die Erkrankung nie als lebensbedrohlich gesehen und nie daran gezweifelt, dass er diese besiegen würde. Dass Parteikollegen anfangs der Neunziger hinter seinem Rücken die nationale Industriemülldeponie auf Mamer Gemeindegebiet ansiedeln wollten, war ihm offensichtlich auf den Darm geschlagen. Nach einer Operation blieb er ohne Chemotherapie und ohne Bestrahlungen beschwerdefrei … bis heute.

Das gewerkschaftliche Engagement, das Konz wie beschrieben stets über die politische Karriere stellte, wurde ihm praktisch in die Wiege gelegt. Sein Großvater (Jos. Konz) war Gründungsmitglied der Eisenbahnergewerkschaft.

Nach dem Krieg wurde er – der lieber weiter zur Schule gegangen wäre – von seinem Vater angehalten (die Zeiten waren schlecht, Josy war der älteste von drei Söhnen), jung arbeiten zu gehen. Er konnte dennoch eine kommerzielle Berufslehre absolvieren und arbeitete sich – auch wegen zahlreicher Abendkurse, die er besuchte – bis zum Divisionsinspektor hoch.

Facettenreiche Karriere

Gefördert durch Albert Bousser, der sein gewerkschaftliches Talent früh erkannte, machte er eine facettenreiche gewerkschaftliche Karriere, deren Höhepunkte für ihn der gewonnene Kampf zur Rettung und – dies ist ihm wichtig – zur Modernisierung sprich Elektrifizierung der Nordstrecke, aber auch die Schaffung des „Fonds du rail“, zu dessen Initiatoren er gehört. Das politische Interesse führte ihn u.a. in die „Jeunesse de la gauche“. Den solidarischen progressistischen Gedanken bewahrte er sich bis heute.

Es bliebe noch viel zu sagen zu Josy Konz, zu seiner Freundschaft mit dem verstorbenen OGBL-Präsidenten John Castegnaro, zu dem ausgeschlagenen Posten als Chef de Gare des Hauptbahnhofs oder als Mitglied des Staatsrates. Mehr hierüber dann in fünf oder zehn Jahren…


Die Laufbahn

Josy Konz (2. v.l.) auf einer Versammlung in der Kanalstraße

Josy Konz macht ab 1953 eine Lehre als „apprenti commercial“ bei der CFL, absolviert von 1956 bis 1958 seinen obligatorischen Wehrdienst und arbeitet ab April 1957 (vor einer kurzen Wiedereinberufung in die Armee) als „Facteur“ bei der Bahn. Er arbeitet sich zum Inspektor hoch und beendet seine CFL-Karriere 1998 offiziell als „Inspecteur divisionnaire“ und erhält den Ehrentitel seiner Funktion. In Abendkursen studiert er u.a. Wirtschaft.
Bei der FNCTTFEL, der er jung beitritt, ist er u.a. 1962 Generalsekretär der Jugendabteilung und von 1963-1967 deren Präsidenten.
Ab 1963 ist er Mitglied des Verbandsrates, ist in der Vereinigung Kleinbettingen-Mamer aktiv. Ab 1970 ist er Generalkassierer der Gewerkschaft, von 1976-1982 Generalsekretär und vom 28. März 1985 bis zum 17. Oktober 1998 Verbandspräsident des Landesverbandes. In den Jahren 2006 bis 2010 präsidiert er den Sektor Pensionierte, Rentner und Witwen. Er ist Ehrenpräsident der FNCTTFEL. Auch in der CGT war Konz aktiv und er bekleidete eine Reihe wichtiger Posten in der Europäischen Gemeinschaft (u.a. war er Präsident des paritären Komitees „Eisenbahn“ bei der Kommission und des europäischen Wirtschafts- und Sozialrates). Er bekleidete daneben Posten in den Verwaltungsräten der Beteiligungsgesellschaften des Genossenschaftsbundes FNCTL und war u.a. mehr als 20 Jahre „administrateur délégué“ der Imprimerie Coopérative, die 1981 Editpress wurde und Herausgeber unserer Zeitung ist.
Neben Aufgaben in der Personalvertretung der CFL und der Privatbeamtenkammer war Konz politisch in der LSAP aktiv, vom Juso über den Mamer Sektionspräsidenten bis zum Bürgermeister. Er ist Commandeur im „Ordre de mérite“ und im „Ordre de la couronne de chêne“.