Ein Jahr „Katargate“Die große Verunsicherung

Ein Jahr „Katargate“ / Die große Verunsicherung
Die griechische EP-Abgeordnete Eva Kaili ist zum Gesicht der Affäre geworden – und sitzt heute wieder im Europäischen Parlament Foto: European Union 2022/EP

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Es war der bisher größte Korruptionsskandal der EU. Mehrere Millionen Euro sollen aus Katar als Bestechungsgelder an mehrere Europaabgeordnete geflossen sein. Doch ein Jahr nach den spektakulären Ermittlungen und Hausdurchsuchungen vom Dezember 2022 wird das „Katargate“ immer mysteriöser. Die belgische Justiz scheint überfordert, die Verdächtigen sind wieder auf freiem Fuß.

Eva Kaili, die einst als Hauptverantwortliche betrachtet und schleunigst von ihrem Posten als stellvertretende EU-Parlamentspräsidentin entfernt wurde, geht längst wieder in Brüssel und Straßburg ein und aus, als wenn nichts gewesen wäre. Sie sei Opfer eines Komplotts geworden, behauptet die 45-jährige prominente Griechin.

Auch die sozialistische Europaabgeordnete Marie Arena, die als wichtige Mitwisserin gilt, wurde nicht belangt. Man werde keine Aufhebung der Immunität verlangen und auch keine Verhaftung vornehmen, teilte die belgische Staatsanwaltschaft mit. Das bedeute zwar nicht, dass die Ermittlungen eingestellt wurden, heißt es in Brüssel. Doch bisher sind sie weitgehend im Sande verlaufen. Kein einziger Abgeordneter wurde vor Gericht gestellt, Kaili und mehrere andere Verdächtige mussten aus der U-Haft entlassen werden. Seit der prominente Ermittlungsrichter Michel Claise den Fall im Frühjahr wegen Befangenheit abgeben musste, tritt die belgische Justiz auf der Stelle.

Mittlerweile ist nicht einmal mehr klar, worum es genau geht. „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption“ – so lauteten die Vorwürfe gegen Kaili vor einem Jahr. Die Ermittler fanden in ihrer Brüsseler Wohnung 150.000 Euro in bar. Doch woher kam das Geld? Steckt wirklich Katar hinter der Affäre, wollte der Wüstenstaat tatsächlich für ein günstiges Meinungsklima und gute Geschäfte in der EU sorgen? Oder geht es eigentlich um Marokko, wie das auf EU-Themen spezialisierte Portal „Politico“ vermutet, das genüsslich aus den Ermittlungsakten zitiert? Je mehr ans Tageslicht kommt, desto mysteriöser wird der Skandal.

Kailis Anwälte arbeiten an ihrer Rehabilitierung. „Der Vorwurf der Korruption ist unbegründet“, behauptet einer ihrer Rechtsvertreter. „Es gibt nichts, das belegen würde, dass sie korrupt ist oder war. Es war ein Vorgang, der durchgeführt wurde, um es zu einem großen Skandal, zu einem spektakulären Prozess zu machen.“

Schärfere Transparenzregeln

Mittlerweile hat Kaili wegen eines angeblichen Verfahrensfehlers Beschwerde eingelegt. Wenn sie Recht bekommen sollte, könnte das gesamte Verfahren platzen – der vermeintlich größte Korruptionsskandal in der Geschichte der EU würde mit einem Knall in sich zusammenfallen.

Denkbar ist aber auch, dass der Fall neu aufgerollt wird. Kurz vor der Europawahl im Juni wäre dies eine mittlere Katastrophe. Neue Enthüllungen wären Wasser auf die Mühlen der EU-Gegner, die das Vorurteil von den „korrupten“ EU-Politikern pflegen. Doch dem Europaparlament sind die Hände gebunden. Es hat darauf verzichtet, einen eigenen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Bis zum Abschluss der Ermittlungen der belgischen Justiz sei das nicht möglich, heißt es in der EU-Volksvertretung.

Die Abgeordneten haben sich voll und ganz auf die belgische Justiz verlassen – und schärfere Transparenzregeln für die Parlamentsarbeit erlassen, um der Korruption einen Riegel vorzuschieben. Doch wenn sich herausstellen sollte, dass alles anders war, als bisher bekannt, könnten sich diese Regeln als unzureichend erweisen.

Das „Katargate“ hat zu einer großen Verunsicherung geführt. Derzeit spricht nichts dafür, dass sie bald verschwindet. Brüssel wartet gespannt auf die nächste Wendung in diesem politisch überaus brisanten Skandal.

luxmann
7. Dezember 2023 - 9.17

Katargate scheint eher eine willkommene ablenkung vom pfizergate der frau vdl...wo wahrscheinluch viel hoehere summen unter dem tisch geflossen sind respektiv vergeudet wurden.