Die drei Bewerber sitzen im Corona-Abstand an einem grauen Tisch im Berliner Konrad-Adenauer-Haus – und tun sich fast nichts. Kein Publikum, also kein Applaus und keine Stimmung, keine gegenseitigen Attacken, kein kritisches Nachhaken. Es ist eine virtuelle Veranstaltung für die sozialen Medien und „Phönix“.
Die Herren Friedrich Merz, 65, Armin Laschet, 59, und Norbert Röttgen, 55, lächeln viel und folgen brav allen Anweisungen. Auf die online übermittelte Frage eines Parteimitgliedes, wie denn jeder mit dem anderen im Falle des Sieges umgehen werde, reden alle drei von Geschlossenheit und Zusammenarbeit. „Ich stelle fest, sie präsentieren sich alle als Teamplayer, die ein großes Herz haben“, sagt Moderatorin Tanja Samrotzki süffisant.
Doch unter der Oberfläche brodelt es. Norbert Röttgen redet am engagiertesten, lautesten und längsten. Fast wirkt er übermotiviert. Das liegt wohl daran, dass er, der lange als Außenseiter galt, im Moment aufholt. Röttgen setzt klar auf Verjüngung und Modernisierung der Partei. Auch auf mehr Frauen in Führungspositionen, inklusive Frauenquote. „Das muss von oben nach unten als Vorbild gelebt werden“, sagt er. Sein stärkster Spruch: „Klima muss nach CDU klingen.“ Das Öko-Thema hat für ihn Priorität; er verweist auf seine Kompetenz als Ex-Umweltminister. Sein schwächster Moment: Auf die Frage nach der Ankurbelung der Wirtschaft kommt wenig Konkretes.
Friedrich Merz hat an dieser Stelle hingegen schon einen „Generationenvertrag“ parat: Wiederaufnahme der Schuldenbremse ab 2022, aber gleichzeitig auch steuerliche Verbesserungen für junge Unternehmen, Erleichterungen für den Hauserwerb durch Familien und eine Betreuungsgarantie für Kinder. Wirtschaft ist seine Kernkompetenz. Auffällig ist, dass auch er die ökologische Erneuerung „ganz oben auf die Agenda“ setzen will. Merz wirkt manchmal etwas gelangweilt, antwortet dann aber gewohnt kurz und knackig. Mitunter nutzt er seine Redezeit nicht voll aus. Minuspunkte macht er bei der eingespielten Frage des Mitgliedes Markus Rothe aus Gummersbach nach der Kluft zwischen Arm und Reich. „Das Thema ist komplex“, antwortet der ziemlich reiche einstige Manager des US-Investmentfonds Blackrock ungewohnt zögerlich. Um dann hinzuzufügen: Ohne die vielen Zuwanderer 2015/2016 „hätten wir heute in Deutschland eine Million Hartz-IV-Empfänger weniger“. Die Zuwanderer als eigentliche Ursache der Armut, das werden nicht alle in der Partei goutieren. Auch gegen eine Frauenquote ist Merz. „Besser wäre es, wenn sich von unten her mehr Frauen beteiligen.“
Im Januar fällt die Entscheidung
Für Armin Laschet ist das die Chance, sich als soziale Alternative zu präsentieren. Es gehe ihm um eine „werteorientierte Politik“, sagt er, um den „Zusammenhalt der Gesellschaft“. Er wolle Ökonomie und Ökologie versöhnen, ebenso Stadt und Land. Das klingt ein bisschen nach dem „Versöhnen statt Spalten“-Slogan seines frühen Vorgängers als NRW-Ministerpräsident, Johannes Rau (SPD). In der Frauenfrage macht Laschet auch gegen Röttgen Punkte, mit dem er sich ansonsten duzt. Während dieser hervorhebt, dass er gerade die junge Ellen Demuth (38) zu seiner Chefstrategin ernannt habe, sagt Laschet gleich zu, „dass die nächste Bundesregierung paritätisch mit Frauen und Männern besetzt werden soll“. Da ist er, der Kanzleranspruch des Aacheners. Einmal fährt er auch Merz in die Parade, nämlich als der die schleppende Umsetzung des Digitalpaktes in den Ländern kritisiert. „Manche verstehen nicht, wie konkrete Regierungsarbeit geht“, kontert Laschet. Eine klare Spitze gegen den Sauerländer, der noch nie ein Regierungsamt innehatte. Andererseits wirkt Laschet, dem im Moment die Felle etwas wegschwimmen, ziemlich unsouverän, als er darauf hinweist, dass er gerade nicht so viel Zeit zur Werbung in eigener Sache habe wie die anderen, weil er die Pandemie bekämpfen müsse. Das sei ein „Stahlbad“, sagt er hinterher sogar im „Phönix“-Interview, ein Wort, das so gar nicht zu ihm passt.
Am 8. Januar, eine Woche vor der Entscheidung auf dem Parteitag, gibt es noch einen zweiten Durchgang mit anderen Themenschwerpunkten, darunter die Außenpolitik. Und dann müssen sich die 1.001 CDU-Delegierten entscheiden.
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