Italien Der ehemalige Staatspräsident Giorgio Napolitano wird am Dienstag beigesetzt

Italien  / Der ehemalige Staatspräsident Giorgio Napolitano wird am Dienstag beigesetzt
Giorgio Napolitano in einer Aufnahme vom Februar 2014 Foto: AFP/Filippo Monteforte

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Am vergangenen Freitag starb der frühere Staatspräsident Giorgio Napolitano. Der im Volk beliebte und „Re Giorgio“ (König Giorgio) genannte linke Politiker und Senator auf Lebenszeit wurde 98 Jahre alt. Am Dienstag wird sein feierliches Staatsbegräbnis abgehalten. Zum ersten Mal in der Geschichte der Republik im Plenarsaal des Abgeordnetenhauses.

Die Erinnerungen an den ehemaligen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano sind in Italien stets auch mit Premieren verbunden: Erstmals wurde mit ihm 2006 ein Kommunist zum Staatsoberhaupt gewählt. Sieben Jahre später sollte er der erste Präsident sein, der im Amt wiedergewählt wurde und mit 3.166 Tagen dieses auch am längsten ausübte.

Am vergangenen Freitag verstarb der nunmehr 98-Jährige in einem Krankenhaus in Rom. Und erneut wird es das erste Mal sein, dass am Dienstag ein Staatsoberhaupt die letzte Ehrung im Parlament erhält. Am Sonntag wurden die sterblichen Überreste Napolitanos im Beisein des amtierenden Präsidenten Sergio Mattarella im Saal Nassiriya des Senats aufgebahrt.

Als sich die Nachricht vom Tode Giorgio Napolitanos in den Hauptnachrichten des Freitagabends verbreitete, schien für viele Italiener eine Ära zu Ende zu gehen. Der 1925 in Neapel geborene Politiker war einer der beliebtesten in der italienischen Nachkriegszeit. Dies vor allem, weil er stets ein Mensch des Ausgleichs, des Gesprächs und des Zuhörens war. Ein Politiker, dem mancher Zögern und Unentschlossenheit vorwarf, der dann aber doch eines Besseren belehrte und Entscheidungen traf, die sich in ihrer Konsequenz als richtig erwiesen. Einer der wenigen Politiker, die sein Volk liebten, weswegen sie ihn auch mit dem Titel „Re Giorgio“ – König Giorgio – belobigten. Einem Herrschertitel, dem Napolitano 2011 gerecht werden sollte: Italien befand sich in einer seiner schwierigsten Krisen, herbeigeführt durch das misswirtschaftende Regieren Silvio Berlusconis. Der Präsident konnte nicht umhin, den Regierungschef zu entlassen und stattdessen eine technische Regierung unter dem Mailänder Wirtschaftsprofessors Mario Monti einzusetzen. Napolitano zeigte, dass er sich auch entschieden durchsetzen konnte.

Dies waren die Momente, in denen Napolitano als souveräner Staatsmann wahrgenommen wurde. Und dies schon fast am Ende eines langen, intensiven politischen Lebens. Dessen Beginn geht auf die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs zurück, als der junge Student der Rechtswissenschaften in Neapel der Kommunistischen Partei beitrat. Schon bald stieg er in der Hierarchie auf, gehörte ab 1956 dem PCI-Zentralkomitee, ab 1962 dem Politbüro der Partei, an. Stets ein Politiker der leisen Töne, engagierte sich Napolitano für Reformen innerhalb der Partei, ging auf Abstand zu der von Moskau diktierten Doktrin und wurde bald einer der entschiedensten Vertreter des Eurokommunismus. Parallel zur Parteiarbeit war er als Abgeordneter im Parlament tätig, engagierte sich hier vor allem für den wirtschaftlichen und sozialen Aufbau des italienischen Südens.

Rücktritt 2014

Von 1992 bis 1994 war Napolitano Präsident des Abgeordnetenhauses. Es war der Niedergang der Ära Giulio Andreottis und dessen Democrazia cristiana, die Zeit der Mafiakriege und Anschläge auf die Staatsanwälte Giovanni Falcone und Paolo Borsellino. Napolitano war 2014 auch der erste Staatspräsident, der in einem Mafiaprozess aussagen musste, in dem es um Verhandlungen zwischen dem organisierten Verbrechen und Vertretern des Staates in den 1990er Jahren ging. Aufsehen erregte damals, dass der Präsident Tonbandaufzeichnungen von Gesprächen mit dem ehemaligen Innenminister Nicola Mancini löschen ließ.

Seinem Ansehen in der Bevölkerung hatte diese Entscheidung nicht geschadet. Man glaubte ihm, dass das Löschen der Aufzeichnungen zum Wohle des Staates und seiner Institutionen erforderlich war. Spurlos schien die Affäre am Präsidenten jedoch nicht vorbeigegangen zu sein: Ende 2014 kündigte Napolitano, der trotz seines hohen Alters sich für eine zweite Amtszeit entschieden hatte, seinen Rücktritt an. Nachfolger wurde der Sizilianer Sergio Mattarella, ein ausgesprochener Gegner der Mafia, dessen Bruder Piersanti 1980 als Präsident der Region Sizilien von den Clans ermordet worden war.