Mittwoch22. Oktober 2025

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EU-RatAußenminister erlassen Rechtsrahmen zum Schutz der Menschenrechte nach Vorbild der USA

EU-Rat / Außenminister erlassen Rechtsrahmen zum Schutz der Menschenrechte nach Vorbild der USA
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn (l.) gestern im Gespräch mit seinem deutschen Amtskollegen Heiko Maas  Foto: AFP/Pool/John Thys

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Die EU bereitet neue Sanktionen gegen Menschenrechtsverletzungen etwa in China, Hongkong oder in der Türkei vor. Sie könnten schon 2021 in Kraft treten und Verantwortliche für Folter, Sklaverei oder sexuelle Gewalt treffen. Die Strafen reichen von Reiseverboten bis hin zur Einfrierung von Konten und anderen Vermögenswerten.

Den dazu nötigen Rechtsrahmen billigten die EU-Außenminister am Montag in Brüssel. Er erinnert an den „Global Magnitsky Act“, den die USA 2016 erlassen haben. Für einen „europäischen Magnitsky Act“ hatte sich zuerst das Europaparlament ausgesprochen. Deutschland machte das neue Sanktionsregime dann zu einem Schwerpunkt seines EU-Ratsvorsitzes.

Allerdings reden deutsche Diplomaten ungern von Sergej Magnizki. Der russische Steuerberater war 2009 in einem Moskauer Gefängnis ums Leben gekommen, die USA zielten mit ihrem Gesetz denn auch zunächst auf Russland. Bei den nun geplanten „horizontalen“ Sanktionen soll es aber gerade nicht um ein Land gehen, heißt es in Brüssel.

Vielmehr will die EU nun direkt auf Verantwortliche für Menschenrechtsverletzungen zielen – also auf einzelne Personen, die nicht unbedingt ein Amt haben müssen. Das war zwar auch bisher möglich, doch nur auf Umwegen, etwa wegen des Verstoßes gegen das Chemiewaffenverbot. Auf dieses Verbot hatte sich die EU im Fall des russischen Kreml-Kritikers Alexei Nawalny berufen und Geheimdienstler sowie Kreml-Mitarbeiter mit Strafen belegt. Auch für Terrorismus und Cyberattacken gibt es „thematische“ Strafmaßnahmen. Insgesamt hat die EU schon mehr als 2.000 Sanktionen in 37 Ländern erlassen – die meisten gegen Nordkorea, Iran und Syrien.

Zu einer Besserung der Lage haben diese Strafen kaum je beigetragen. Auch die zuletzt verhängten Sanktionen im Fall Nawalny oder gegen den belorussischen Diktator Alexander Lukaschenko haben bisher nicht die von den Europäern gewünschte Wirkung gezeigt. Dennoch setzt der deutsche Außenminister Heiko Maas unbeirrt auf die „restriktiven Maßnahmen“, wie es in der Diplomatensprache heißt. Wer foltere oder für Menschenhandel verantwortlich sei, „soll künftig nicht mehr sorgenlos in Europa shoppen gehen können“, sagte er.

Asselborn: Signal an Ankara

Mit dem neuen Sanktionsregime wolle man auch ein Signal an die Türkei senden, erklärte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Er verwies auf das Vorgehen der türkischen Justiz gegen Menschenrechtsanwälte. Diese würden als Terroristen bezeichnet, verhaftet und zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt. „Das muss aufhören“, fordert Asselborn.

Mit der Türkei wird sich die EU bereits am Donnerstag bei einem Gipfeltreffen in Brüssel befassen. Türkei-Sanktionen sind umstritten, bisher hat sich Maas dagegengestellt. Beim Außenministertreffen in Brüssel räumte er allerdings erstmals ein, dass die deutschen Vermittlungsbemühungen mit Ankara gescheitert seien. Ob Berlin nun Sanktionen befürwortet, ließ Maas offen.

Für Strafmaßnahmen gegen China sprach sich der grüne Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer aus. Er fordert, das neue Instrument „umgehend“ gegen den KP-Parteichef in der chinesischen Provinz Xinjiang, Chen Quanguo, anzuwenden. Chen, der auch Politbüro-Mitglied der KP Chinas ist, verantworte den „brutalen Polizeistaat in Xinjiang, die Inhaftierung von über einer Million Uiguren in Lagern“.

Das letzte Wort haben die 27 EU-Staaten. Sie müssen auch die neuen Sanktionen beschließen – und zwar einstimmig. In der Vergangenheit hat dies immer wieder zu Problemen geführt. So blockierte Zypern wochenlang die nun gültigen Strafmaßnahmen gegen Belarus, weil es im Gegenzug Sanktionen gegen die Türkei erzwingen wollte. Umgekehrt sträubte sich Deutschland gegen Türkei-Sanktionen.