Die Ampelkoalition nimmt ihre Pläne für Kürzungen von Agrarsubventionen teilweise wieder zurück. So soll es nun doch keine Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft mehr geben, wie die Bundesregierung am Donnerstagnachmittag überraschend mitteilte. Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel werde nicht in einem einzigen Schritt vollzogen, sondern über mehrere Jahre. Auch soll die geplante Plastikabgabe nun erst Anfang 2025 kommen und damit ein Jahr später als bisher angekündigt. Darauf hätten sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verständigt, sagte der Sprecher der Bundesregierung.
Scholz, Habeck und Lindner hatten sich Mitte Dezember auf ein Maßnahmenpaket verständigt, um nach einem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts ein Loch von 17 Milliarden Euro im Bundeshaushalt 2024 zu stopfen. Dazu gehörte auch, dass der sogenannte Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung für Landwirte gestrichen werden sollten. Die Pläne hatten massive Proteste der Landwirte ausgelöst und waren auch in der Koalition aus SPD, Grünen und FDP umstritten.
Wirtschaftsminister Habeck hat die Änderungen als „guten und fairen Weg“ bezeichnet. „Wir haben in den letzten Tage noch mal intensiv miteinander gesprochen, weil wir die Belastung der Landwirte sehen“, sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Es ist jetzt gelungen, eine Lösung zu finden, die den Landwirten hilft“, führte Habeck aus. „Forst- und Landwirtschaft bleiben von der Kfz-Steuer befreit, und die Subvention beim Agrardiesel wird schrittweise reduziert. Und es ist eine Gegenfinanzierung gefunden.“ Auch Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) zeigte sich zufrieden: „Wir haben gemeinsam eine Lösung gefunden, die eine überproportionale Belastung der Land- und Forstwirtschaft abwendet“, sagte er.
Unsere Position bleibt unverändert: Beide Kürzungsvorschläge müssen vom Tisch.
Insgesamt führen die Änderungen nach Angaben der Regierung zu geringeren Entlastungen im Bundesetat 2024 von rund 2,5 Milliarden Euro. Diese sollen u.a. dadurch ausgeglichen werden, dass Einnahmen aus Windkraftwerken auf See auch für den allgemeinen Bundeshaushalt verwendet werden können. Özdemir werde aus seinem Etat einen zusätzlichen Einsparbeitrag in Höhe von 100 Millionen Euro beisteuern. Zudem gebe es Spielräume durch aktualisierte Wirtschafts- und Etatdaten im Bundeshaushalt.
Die Nachbesserungen seien noch unzureichend, erklärte jedoch Bauernpräsident Joachim Rukwied in einer schnellen Reaktion. „Dies kann nur ein erster Schritt sein. Unsere Position bleibt unverändert: Beide Kürzungsvorschläge müssen vom Tisch. Es geht hier ganz klar auch um die Zukunftsfähigkeit unserer Branche und um die Frage, ob heimische Lebensmittelerzeugung überhaupt noch gewünscht ist. An unserer Aktionswoche halten wir daher weiter fest“, sagte Rukwied, Der Bauernverband hatte ab Montag zu einer Aktionswoche aufgerufen. Am 15. Januar ist eine Großdemonstration in Berlin geplant.
Schrittweise Reduzierung
Die massiven Proteste zeigen jetzt eine erste Wirkung. Auf die Abschaffung der Begünstigung bei der Kraftfahrzeugsteuer für Forst- und Landwirtschaft werde verzichtet, um den „zum Teil erheblichen bürokratischen Aufwand“ für die betroffenen Unternehmen zu vermeiden, erklärte der Regierungssprecher. Bei der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel solle eine schrittweise Reduzierung erfolgen, um den betroffenen Unternehmen mehr Zeit zur Anpassung zu geben. 2024 soll der Entlastungssatz um 40 Prozent reduziert werden. 2025 und 2026 werde jeweils eine weitere Reduzierung um 30 Prozent erfolgen, sodass es für die im Jahr 2026 verbrauchten Mengen keine Subventionen mehr geben werde. Die Rückvergütung der im Jahr 2023 verbrauchten Agrardiesel-Mengen im Jahr 2024 bleibe unverändert.
Konkret geht es beim Agrardiesel um die Regelung, dass sich Landwirtschaftsbetriebe die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen können – mit einer Vergütung von 21,48 Cent pro Liter. Daneben geht es darum, dass land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge von der Kfz-Steuer befreit sind.
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese begrüßte die Rücknahme der Kürzungen. „Die notwendigen Einsparungen im Bundeshaushalt 2024 infolge des Urteils aus Karlsruhe werden jetzt ausgewogener auf viele Schultern bei uns im Land verteilt“, sagte Wiese. Der agrarpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Albert Stegemann (CDU), rechnete auch nach dem Ampel-Kompromiss mit erheblichen Belastungen für die Landwirte. Stegemann sagte: „Die heute bekannt gewordene Einigung der Ampel ist ein fauler Kompromiss.“
Auch die geplante Plastikabgabe soll nun erst am 1. Januar 2025 kommen. Nach den Plänen sollen Hersteller künftig eine Plastikabgabe an die EU zahlen, die bislang vom Bund übernommen wird.
De Maart
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