Sonntag26. Oktober 2025

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DeutschlandAmpel in der Haushaltskrise weiter unter Druck

Deutschland / Ampel in der Haushaltskrise weiter unter Druck
Deutschlands Kanzler Olaf Scholz musste wohl selbst auf der COP28 an seine heimischen Haushaltsprobleme denken Foto: Giuseppe Cacace/AFP

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Auch zweieinhalb Wochen nach dem spektakulären Haushalts-Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat die Ampel-Koalition noch keine Lösung, wie sie das Haushaltsloch stopfen will. Sparvorschläge gibt es viele, von Sozialkürzungen bis Steuererhöhungen. Nichts davon ist bisher geeint, doch die Zeit drängt.

Wie groß der Druck ist, unter dem die Ampel-Koalition in der anhaltenden Haushaltskrise steht, lässt sich allein schon an der Fülle der Sparvorschläge ablesen. Gefordert werden dieser Tage Kürzungen bei den Sozialabgaben und bei internationalen Finanzzusagen, mögliche Steuererhöhungen und der Abbau klimaschädlicher Subventionen. Viele dieser Ideen sind innerhalb der Ampel strittig, auch die Opposition ist sich ihrerseits uneins. Eine Einigung ist auch zweieinhalb Wochen nach dem aufsehenerregenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November noch nicht erreicht worden. Das Karlsruher Gericht hatte die Umwidmung von 60 Milliarden Euro im Etat 2021, die ursprünglich als Corona-Kredit bewilligt worden waren, in den Klima- und Transformationsfonds für nichtig erklärt. Das brachte die Finanzplanungen der Bundesregierung zum Wanken.

Der Zeitdruck ist groß. Denn die Ampel will den Haushalt für 2024 noch in diesem Jahr zum Abschluss bringen – so zumindest das erklärte Ziel. „Wir sind entschlossen und auch zuversichtlich, den Haushalt für 2024 im alten Jahr abzuschließen“, sagte SPD-Chefin Saskia Esken dem Tageblatt. „Die Menschen in Deutschland, auf deren Schultern sich die Krisen stapeln, haben ihre Weihnachtsruhe verdient und brauchen Klarheit, wie es weitergeht.“ Das werde aber nur gelingen, wenn alle Koalitionspartner die „Realität anerkennen“ und „jetzt aufeinander zugehen“ würden, mahnte die SPD-Chefin an. Auch Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte, dass eine politische Einigung über den Haushalt 2024 „so schnell wie möglich“ gefunden werden müsse. Man wolle Planungssicherheit und Verlässlichkeit schaffen. „Wenn möglich, halten wir einen Abschluss der Haushaltsberatungen noch in diesem Jahr für sinnvoll“, sagte Dröge dem Tageblatt.

Schwierige Gespräche in der Koalition

Damit dies gelingen kann, müsste bereits bis zur Kabinettssitzung am Mittwoch eine politische Grundsatzeinigung von SPD, Grünen und FDP erzielt werden. Andernfalls wird die Zeit knapp für das parlamentarische Verfahren, denn der Bundestag muss den Haushalt am Ende verabschieden. Denkbar wäre auch, dass es vor Weihnachten lediglich eine Grundsatzeinigung gibt, der Haushaltsbeschluss aber auf Anfang des neuen Jahres verlegt wird. Die politische Einigung will man aber auf jeden Fall schnell erreichen, um eine weitere Hängepartie und anhaltende Koalitionsdebatten über die Weihnachtstage zu vermeiden.

Nach seinem insgesamt nur 20-stündigen Abstecher zur Weltklimakonferenz in Dubai erwarteten Kanzler Olaf Scholz am Wochenende schwierige Gespräche in seiner Koalition. Man habe noch eine komplizierte „Gestaltungsaufgabe“ vor sich, hieß es bei der Rückreise am Samstagmittag. Am Sonntag fanden weitere Beratungen des Kanzlers mit Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner statt. Ebenso stand am Sonntagabend ein Treffen mit Brasiliens Präsident Luis Inácio Lula da Silva auf dem Programm.

Auch Scholz weiß, dass die Zeit drängt, will sich aber nicht unter Druck setzen lassen. Auch von der eigenen Partei nicht. Vor allem die SPD drückt aufs Tempo und will möglichst noch vor ihrem Parteitag vom 8. bis 10. Dezember verbindliche Einigungen sehen.

Gegen Kürzungen bei Sozialleistungen

Im Kanzleramt ist man auch von einem Ausrufen einer Notlage für 2024, die das Willy-Brand-Haus vielfach propagiert, nicht ganz überzeugt. Man hält daran fest, einen krisenfesten Haushalt aufstellen zu wollen, der im Zweifel vor dem Bundesverfassungsgericht standhält.

Gegen ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse unter der Begründung einer Notlage setzt sich auch die FDP zu Wehr. Finanzminister Lindner nannte am Wochenende die Sozialausgaben und dabei das Bürgergeld als einen Bereich, um Lücken im Haushalt für 2024 zu stopfen. Zwist über das Bürgergeld gibt es auch innerhalb der Union. Wie führende FDP-Politiker forderte auch CSU-Chef Markus Söder, die zum 1. Januar 2024 geplante Anhebung um zwölf Prozent für fünf Millionen Bürgergeld-Empfänger zurückzunehmen. Der Sozialflügel der Union positionierte sich klar dagegen. So sagte der Chef der CDU-Arbeitnehmervereinigung CDA, Karl-Josef Laumann, es sei falsch, in der aktuellen Haushaltslage nur die Sozialleistungen zu kritisieren.

Auch SPD und Grüne wandten sich gegen Kürzungen bei den Sozialleistungen. „Wir werden Einsparpotenziale finden, aber hier sollten wir die starken Schultern in den Blick nehmen und nicht Rentner, Kinder oder Erwerbslose“, sagte SPD-Chefin Esken. Zuvor hatte Co-Parteichef Lars Klingbeil den Verzicht auf Steuererhöhungen, den die Ampel-Parteien im Koalitionsvertrag festgehalten hatten, infrage gestellt. Die FDP lehnte Steuererhöhungen jedoch klar ab. Daneben sprachen sich die Grünen erneut für den Abbau klimaschädlicher Subventionen aus.