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MilitärstützpunktAfghanen übernehmen Bagram: Seit Jahrzehnten Schlüssel zur Kontrolle des Landes

Militärstützpunkt / Afghanen übernehmen Bagram: Seit Jahrzehnten Schlüssel zur Kontrolle des Landes
US-Hubschrauber im Jahr 2002 in Bagram: Auf dem Stützpunkt waren zeitweise bis zu 30.000 Soldaten stationiert Foto: AFP/Roslan Rahman

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Fast zwei Jahrzehnte nach Beginn des internationalen Truppeneinsatzes haben die USA und ihre NATO-Verbündeten ihre letzten Soldaten aus Bagram abgezogen – der Militärstützpunkt spielt seit Jahrzehnten eine zentrale Rolle in den Kriegen in Afghanistan.

Aus der langen Geschichte der Kriege in Afghanistan ist ein Ort als militärischer Dreh- und Angelpunkt nicht wegzudenken: der Luftwaffenstützpunkt in Bagram. Nach dem Abzug der letzten internationalen Truppen hängt es nun von den afghanischen Streitkräften ab, die nur 50 Kilometer von Kabul entfernte Militärbasis gegen die radikalislamischen Taliban und andere Gruppen zu verteidigen – und damit die Sicherheit der Hauptstadt zu gewährleisten.

Der weitläufige Flugplatz wurde in den 1950er Jahren als Bollwerk gegen die Sowjetunion im Kalten Krieg von den USA gebaut. Bagram diente Washington und seinen afghanischen Verbündeten als strategische Basis.

Seit seiner Errichtung fiel die Kontrolle über den Stützpunkt in verschiedene Hände: Nach dem Einmarsch der Roten Armee 1979 diente er als Ausgangspunkt für die sowjetische Besetzung Afghanistans und wurde von Moskau stark ausgebaut. Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen fast ein Jahrzehnt später wurde der Stützpunkt während des afghanischen Bürgerkriegs von der wackeligen Mudschaheddin-Regierung besetzt. Damals gab es Berichte, wonach die Taliban das eine Ende der drei Kilometer langen Landebahn kontrollierten – und die Streitkräfte der Gegenseite das andere.

Bagram wurde schließlich Machtbereich der Taliban, nachdem diese Mitte der 90er Jahre große Teile des Landes überrannt hatten. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA und dem US-Einmarsch in Afghanistan übernahmen die Vereinigten Staaten die Kontrolle über den Stützpunkt. Washingtons mehr als 20 Jahre andauernder Krieg gegen die Aufständischen wurde größtenteils mit Luftangriffen und Nachschubmissionen aufrechterhalten, die über Bagram liefen.

Fast Food und Sowjet-Panzer

Bagram war die größte Militärbasis der USA und der NATO in Afghanistan. Auf dem Stützpunkt waren zeitweise bis zu 30.000 Soldaten stationiert. Auf dem Gelände befand sich außerdem ein Gefängnis, in dem Taliban-Kämpfer und andere islamistische Extremisten festgehalten wurden.

Während ihrer Hochzeit wurde die kleine Stadt am Flugfeld von Hunderttausenden von Soldaten und zivilen Auftragnehmern besucht. Es gab Schwimmbäder, Kinos und Spas – und sogar eine Promenade mit Fast-Food-Läden wie Burger King und Pizza Hut. Bis heute sind die Straßen zwischen Kabul und Bagram mit den rostigen Überresten alter sowjetischer Panzer übersät – eine schmerzhafte Erinnerung an den mehr als vier Jahrzehnte andauernden Konflikt, der einen Großteil Afghanistans in Schutt und Asche legte.

Mit der Übergabe des Luftwaffenstützpunktes an die afghanischen Streitkräfte beginnt auch das Zittern um die Verteidigungsfähigkeiten der einheimischen Truppen. Fällt Bagram, fällt auch Kabul wieder in die Hände der Aufständischen – davon gehen viele Experten aus. (AFP)

Unsichere Zukunft

Bagram ist übergeben, die Gewalt im Land steigt. Der Sprecher des afghanischen Verteidigungsministeriums, Fawad Aman, erklärte, dass von nun an afghanische Soldaten den Stützpunkt „beschützen und für den Kampf gegen den Terrorismus nutzen“ würden. Die radikalislamischen Taliban machten keinen Hehl aus ihrer Genugtuung über den Abzug der USA und ihrer Partner aus Bagram, das nur 50 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Kabul liegt. Ein Taliban-Sprecher sagte, der vollständige Abzug der internationalen Truppen werde „den Weg dafür ebnen, dass die Afghanen selbst über ihre Zukunft entscheiden können“.
Mit dem Truppenabzug hatten die USA und ihre NATO-Verbündeten Ende April begonnen. Die Gewalt in Afghanistan hat seitdem stark zugenommen. Die Friedensgespräche zwischen den radikalislamischen Taliban und der afghanischen Regierung kommen nicht voran. Beobachter warnen, dass sich die Sicherheitslage in dem Land nach dem vollständigen Abzug der NATO-Truppen noch verschlechtern könnte.
Zuletzt war den Taliban in mehreren Offensiven die Eroberung von Landesteilen gelungen. Die Fähigkeit der afghanischen Streitkräfte, die Kontrolle über den Luftwaffenstützpunkt Bagram zu behalten, wird sich wohl als entscheidend für die Aufrechterhaltung der Sicherheit in Kabul und den Druck auf die Taliban erweisen.
Der Abzug der ausländischen Truppen vom Stützpunkt Bagram sei ein Symbol dafür, „dass Afghanistan allein und verlassen ist und sich selbst gegen den Ansturm der Taliban verteidigen muss“, sagte der in Australien lebende Afghanistan-Experte Nishank Motwani. „Nach ihrer Rückkehr nach Hause werden die Amerikaner und ihre verbündeten Streitkräfte nun aus der Ferne zusehen, wie das niederbrennt, wofür sie 20 Jahre lang so hart gekämpft haben.“ (AFP)