EdinburghSchottische Regierungschefin Sturgeon kündigt überraschend Rücktritt an

Edinburgh / Schottische Regierungschefin Sturgeon kündigt überraschend Rücktritt an
 Foto: AFP/Jane Barlow

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Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hat überraschend ihren Rücktritt angekündigt. Nachdem sie einen solchen Schritt vor wenigen Wochen noch ausgeschlossen hatte, sagte Sturgeon bei einer Pressekonferenz am Mittwoch, sie fühle, „dass die Zeit jetzt gekommen ist“. Die Anführerin der Schottischen Nationalpartei (SNP) steht seit mehr als acht Jahren an der Spitze der Regierung in Edinburgh und setzte sich stets vehement für die Unabhängigkeit Schottlands vom Vereinigten Königreich ein.

Die 52-Jährige kündigte an, auch als Parteichefin zurückzutreten. Bis ihre Nachfolge geklärt sei, werde sie noch im Amt bleiben, sagte Sturgeon bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Edinburgh. Die schottische Regierungschefin war zuletzt im Zusammenhang mit den Unabhängigkeitsbestrebungen und wegen einer Debatte über die Rechte von Transgender zunehmend unter Druck geraten.

Sturgeon betonte am Mittwoch, dass sie schon seit Wochen über einen Rücktritt nachgedacht habe und der Schritt keine Reaktion „auf kurzfristigen Druck“ sei.

Keine überzeugende Strategie

Das Oberste Gericht Großbritanniens hatte im November ein schottisches Gesuch nach einer erneuten Volksabstimmung über die Trennung vom Vereinigten Königreich abgelehnt. Sturgeon wollte im Oktober 2023 ein erneutes Unabhängigkeitsreferendum abhalten lassen. Die Schotten hatten bereits 2014 über einen Austritt aus dem seit drei Jahrhunderten bestehenden gemeinsamen Königreich mit England und Wales abgestimmt. Damals setzten sich die Gegner einer Unabhängigkeit mit 55 zu 45 Prozent der Stimmen durch.

Sturgeon begründete den Wunsch nach einer erneuten Abstimmung mit dem Ausgang des Brexit-Referendums im Jahr 2016, bei dem eine deutliche Mehrheit der Schotten gegen den inzwischen erfolgten Austritt Großbritanniens aus der EU gestimmt hatte.

Kritiker warfen Sturgeon vor, nach der Ablehnung eines erneuten Referendums durch das Oberste Gericht keine überzeugende Strategie zum Thema Unabhängigkeit entwickelt zu haben.

Doch schneller als erwartet

Sturgeon war auch wegen ihres Einsatzes für die Rechte von Transgender in die Kritik geraten. Ihre Regierung hatte im Dezember ein Gesetz verabschiedet, das es Menschen einfacher machen soll, ihr Geschlecht selbst zu bestimmen. Die britische Regierung in London blockierte das Gesetz aber mit dem Argument, dass es negative Auswirkungen auf landesweite Gleichstellungsgesetze haben könnte.

Trotz der Kritik an ihrer Person hatte Sturgeon vor gut drei Wochen noch betont, dass sie ihr Amt als Regierungschefin weiter ausüben wolle. Sie sei „noch lange nicht“ bereit, zurückzutreten, sagte sie damals der BBC.

Der SNP-Abgeordnete Stewart McDonald bezeichnete Sturgeons bevorstehenden Rückzug am Mittwoch als „enormen Verlust“. Das Engagement der scheidenden Regierungschefin für Schottland sei „unübertroffen“.