Ukraine-KriegPolen will Berlin um Exporterlaubnis für Leopard-Panzer bitten

Ukraine-Krieg / Polen will Berlin um Exporterlaubnis für Leopard-Panzer bitten
Ein polnischer Leopard-Panzer während eines Manövers im vorigen Jahr Foto: Wojtek Radwanski/AFP

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Warschau hat am Montag überraschend angekündigt, in Berlin nun doch einen Antrag für die Exporterlaubnis für Leopard-2-Panzern an die Ukraine zu stellen. Es handelt sich dabei vorerst nur um 14 Stück.

„Dieser Antrag ist allerdings ein zweitrangiges Thema“, sagte Polens rechtsnationaler Regierungschef Mateusz Morawiecki in einer Pressekonferenz. Polen schmiede nämlich an einer Koalition von Leopard-2-Besitzern, die diese gemeinsam an die Ukraine liefern könnten. Ziel sei die Lieferung von weit mehr Leopard-2 als jener, die Polen liefern könne. „Wenn die Deutschen nicht in dieser Koalition sind, werden wir trotzdem unsere Panzer zusammen mit anderen in die Ukraine verlegen“, sagte der Pole. Auch über eine allfällige Weigerung Berlins wolle sich Polen hinwegsetzen, ließ Morawiecki durchblicken.

Schon am Sonntag hatte Jaroslaw Kaczynskis Premierminister im Gespräch mit der amtlichen polnischen Nachrichtenagentur PAP Berlin heftig kritisiert: „Deutschlands Haltung ist inakzeptabel“, sagte Morawiecki und verwies u.a. auf russische Kriegsverbrechen in der Ukraine. „Welche Beweise braucht Berlin noch, um endlich gemäß dem Potenzial des deutschen Staates zu handeln?“, fragte der Pole und warf der deutschen Regierung Zaudern bei der Panzerlieferung vor. „Wenn Pistorius (der neue deutsche Verteidigungsminister, Anm.) behauptet, Deutschland würde sich keiner Panzerlieferung in die Ukraine widersetzen, will ich hier nun eine klare Deklaration hören, dass Berlin diese Lieferungen unterstützt und erlaubt“, forderte Morawiecki.

Der neue deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte nach dem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein am Freitag durchblicken lassen, dass er keinen sofortigen Handlungsbedarf bei der Frage einer möglichen Lieferung von Leopard-2-Panzern an die Ukraine sieht. Dies zeigte seine Ankündigung, erst einmal nach Kiew reisen zu wollen, um sich ein Bild von der Lage in der Ukraine zu machen. Diese Reise plane er „innerhalb von vier Wochen“, sagte Pistorius. „Berlin will für die russische Invasionsarmee in der Ukraine zusätzliche Zeit herausschinden“, kommentierten Hardliner aus dem Kaczynski-Lager sofort in Warschau.

Weit bedachter äußerte sich der ukrainische Staatspräsident Wolodimir Selenskyj. Auch er drängt seit Wochen auf Leopard-2-Panzerlieferungen und Berliner Export-Erlaubnisse für andere Staaten mit Leopard-2-Panzern in ihrer Armee. „Die Lieferung von 10, 20 oder 50 Panzern eines Landes in die Ukraine zum Zeitpunkt, wo Russland Tausende Panzer besetzt, wird unser Problem nicht lösen“, sagte Selenskyj am Sonntagabend. „Solche Lieferungen würden aber die Moral der ukrainischen Armee jetzt sehr stärken“, wies Selenskyj auf ein entscheidendes psychologisches Moment hin. Allzu oft ist die Ukraine nämlich den russischen Attacken völlig alleine ausgeliefert, weite Truppenteile des ukrainischen Heeres haben weiterhin keine westliche Waffentechnik.

„Den Worten folgten keine Taten“

In Polen herrscht immer größere Verbitterung über das Zaudern Berlins bei der Unterstützung Kiews. Darin sind sich in Warschau die ansonsten bitter verfeindeten Regierungs- und Oppositionsparteien einig. „Kanzler Olaf Scholz hat schon beim Kriegsbeginn die Lage richtig eingeschätzt, aber den Worten folgten keine Taten, so wird das jedenfalls in Polen allgemein gesehen“, klagt gegenüber dem Tageblatt Polens ehemaliger Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak (2011-15). „Deutschland sollte nicht jenes Land sein, das verschiedene NATO-Initiativen zugunsten der Ukraine verhindert oder verzögert“, sagt Siemoniak auch mit Blick auf die Leopard-Lieferfrage. „Aus polnischer Sicht ist nun eine deutliche Erhöhung des deutschen Ukraine-Engagements nötig, auf allen Ebenen, aber vor allem auch finanziell und militärisch“, fordert der Oppositionspolitiker, ein Spitzenmitglied von Donald Tusks liberaler „Bürgerplattform“ (PO).

Auch die überraschende Aussage der deutschen Außenministerin Annalena Baerbook, Berlin würde sich einem polnischen Leopard-2-Exportbegehren nicht widersetzen, wird in Warschau mit Vorsicht aufgenommen. Man müsse sich bewusst sein, dass Scholz in eine schwierige Dreier-Koalition eingebunden sei, gibt Siemoniak im persönlichen Gespräch vielsagend zu bedenken. Auch Regierungspolitiker weisen gerne auf mögliche deutsche Koalitionsstreitereien hin. So ist auch in Warschau mittlerweile bekannt, dass selbst links-alternative deutsche Grüne die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine eher begrüßen als viele SPD-Mitglieder.