Erinnerung an den Flughafen von EschDer erste Linienflug ab Luxemburg feiert seinen 85. Geburtstag

Erinnerung an den Flughafen von Esch / Der erste Linienflug ab Luxemburg feiert seinen 85. Geburtstag
Heute vor genau 85 Jahren wurde die erste internationale Linienflugstrecke in Luxemburg eingeweiht Foto/Copyright: Pierre Bertogne/Photothèque de la Ville de Luxembourg

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Als vor genau 85 Jahren zum allerersten Mal in der Geschichte der Luftfahrt eine regelmäßige Flugverbindung nach Luxemburg eingeweiht wurde, war die Welt noch eine andere. Die Maschine aus London landete nicht auf dem Findel, sondern in Esch/Alzette. Auf dem ersten offiziellen Flughafen des Landes. Auf einer Wiese.

Heute fliegen jedes Jahr Millionen Passagiere mit Linienflügen ab Luxemburg-Findel ins Ausland. Im letzten Jahr vor dem Corona-Stillstand, 2019, hatte Luxemburgs Airport rund 4,4 Millionen Fluggäste verzeichnet – das bisher beste Jahr in der Geschichte des Flughafens. Ein Großteil von ihnen ist mit Linienflügen unterwegs.

Als die allererste internationale Linien-Flugverbindung des Landes am 6. Mai 1938 eingeweiht wurde, waren die Zahlen noch ganz andere. Nur einen einzigen Passagier hatte die „The Luxembourg Listener“ genannte Maschine der Fluglinie Croydon (Olley-Air-Service) von London nach Esch gebracht. Doch es war ein historischer Moment.

„Eine Menge Zuschauer wohnte dieser Landung bei“, war am Tag danach im Tageblatt zu lesen. „Als erster entstieg der Kabine der Passagier, Herr Generalkonsul Clasen, Direktor der Columeta (Verkaufsgesellschaft der Arbed) in London. Zur Begrüßung ihres Onkels waren Herr und Frau Dr. Knaff erschienen. Herr Jos Kunnert (Direktor des Flughafens) bewillkommnete denselben als ersten luxemburgischen Fluggast im Namen des Verwaltungsrates des Aerodroms. (…) Herr Clasen „freute sich, eine sehr angenehme Fahrt über eine solche Entfernung in dieser knappen Zeit von zweieinhalb Stunden zurückgelegt zu haben“ und lobte das „großartige und so zweckmäßig gelegene“ Aerodrom von Esch, war weiter in dem Artikel zu lesen.

Der Flughafen war noch jung

Der Escher Flughafen war noch jung. Am 26. September 1937 war er gegründet worden. Mit Unterstützung der Gemeinde und durch private Initiativen einiger Bürger war ein Platz, auf dem bereits Fliegerfeste abgehalten wurden, zum Flughafen ausgebaut worden: Rund um die Wiese „Lankelzerweier“ waren Wassergräben ausgehoben worden. An den feuchten Stellen wurden Drainagerohre in den Boden gezogen. Über Kollektoren wurde das Wasser zur nahen Dipbach geleitet. In der Mitte des Flugfeldes wurde ein großer weißer Halbkreis mit der Aufschrift „Esch“ gezogen. Ein Windsack wurde aufgestellt und ein Landungszeichen ausgelegt.

Daneben waren eine Flughalle von etwa 24 auf 14 Meter und eine Reparaturwerkstatt entstanden. Der Flughafen wurde vor allem für sportliche und touristische Aktivitäten genutzt. Auch gab es eine Fliegerschule.

Das Flugfeld selbst war eine Wiese. „Um das Gras des Aerodroms immer niedrig zu halten, hatte der Lallinger Wirt und Schafhalter das Privileg, seine Schafe dort auf die Weide zu treiben“, geht aus einem Bericht der LuxPost von 1989 hervor. „Dies war eine bemerkenswerte Zusammenarbeit: Die Schafe fraßen das Gras auf eine sachgemäße Höhe und die Administratoren des Flugfeldes ersparten sich viel Arbeit und Mühe sowie die Anschaffung von kostspieligen Maschinen, um das Gras zu mähen.“

„The Luxembourg Listener“ vor dem Escher Hangar
„The Luxembourg Listener“ vor dem Escher Hangar Foto/Copyright: Pierre Bertogne/Photothèque de la Ville de Luxembourg

Doch zurück zum 6. Mai 1938: Gleich nach der Landung halfen „flinke Hände“ bei der Entnahme der Fracht und besorgten das Tanken für die Rückfahrt, ist weiter in dem Tageblatt-Bericht zum Thema zu lesen. „Drei Passagiere und 67 kg Fracht zur Heimfahrt.“ Auch wurde das erste Billett einer von luxemburgischem Boden ausgehenden regelmäßigen Flugverbindung morgens auf dem Aerodrom gekauft. „Herr B. Williams aus London hatte das Vergnügen, vom Leiter des Aerodroms dasselbe zu empfangen. Als Erinnerung trug er seinen Namen ins goldene Buch ein. Die zwei anderen Passagiere waren Damen; und zugleich Gäste der Olley-Air-Gesellschaft.“

Um 12.25 Uhr des gleichen Tages flog „The Luxembourg Listener“ dann wieder ab und um drei Uhr kam die Meldung, das Flugzeug mit der Registrierung G-AEPE sei um 14.40 Uhr glatt in Croydon gelandet. Ein erfolgreicher Hin- und Rückflug.

Unerwartete Zwischenlandung in Brüssel

Im Vorfeld war bereits geprobt worden. Nachdem sich Anfang Februar Vertreter der Gesellschaft Olley Air Service aus Croydon das Flugfeld angeschaut hatten, hatte am 1. April 1938 ein erster Testflug zwischen den beiden Flugplätzen stattgefunden. Nebliges Wetter sorgte damals für Verspätung.

Die Ankunft war für 12 Uhr mittags vorgesehen. Die Zuschauer auf dem Flugplatz, die Direktion von Radio Luxemburg mit der nach London zu befördernden Fracht und die Zollbehörde mussten warten, war damals in der Tagespresse zu erfahren. Kurz vor 12 Uhr wurde per Fernruf vom Aerodrom Haren bei Brüssel jedoch gemeldet, dass das Flugzeug dort unvorhergesehen gelandet sei, um sich über die Wetterlage in Esch zu erkundigen. Nach erfolgtem Tanken würde es sofort wieder starten.

Nach etwas mehr als zwei Stunden Verspätung erschien dann in nördlicher Richtung am Horizont die Silhouette des „Luxembourg Listener“, berichtete das Tageblatt damals. Als Erster stieg Hr. Kemplen, Direktor der Olley Air Service Croydon aus, gefolgt von Hr. Allen, Passagier, Captain Morton, Pilot, und Lindsay, Bordfunker. Der wichtige Gast wurde von der Geschäftsleitung des Flughafens und Bürgermeister Hubert Clément mit „einem prachtvollen Blumenstrauß“ begrüßt.

Die erste Landung des „The Luxembourg Listener“ war dem Tageblatt auch einen Artikel mit Bild wert 
Die erste Landung des „The Luxembourg Listener“ war dem Tageblatt auch einen Artikel mit Bild wert  Screenshot: Tageblatt

Die Ladung bestand aus neun Kisten für Radio Luxemburg. Eingeladen wurden 19 Kisten, um zurück nach England gesandt werden. Die spätere RTL-Gruppe war der wichtigste Kunde der ersten internationalen Luxemburger Flugstrecke. Es ging dem Unternehmen um den Transport von Schallplatten und Tonträgern. Mit seiner englischsprachigen Sendung hatte Radio Luxemburg schon damals großen Erfolg auf den britischen Inseln. Dem Nationalsender BBC war es seinerzeit verboten, an Wochenenden Unterhaltungssendungen auszustrahlen.

Einige Wochen später begann dann der regelmäßige Flugdienst zwischen London und Esch. Jeden Mittwoch und Freitag um dieselbe Stunde kam pünktlich der stolze Vogel und brachte Passagiere und Fracht. Abflug war um 8.30 Uhr in Croydon. Ankunft um 11 Uhr in Esch. Keine Stunde danach startete „The Luxembourg Listener“ wieder in Richtung London. Ankunft 14.45 Uhr in Croydon. Jeder Passagier hatte Anrecht auf Gratis-Beförderung von 15 kg Gepäck. Im Flugzeug verfügbar waren acht Sitzplätze.

Das Clubhaus wird eingeweiht

Es war eine gute Zeit für den Escher Flughafen. Kurz nach der Einweihung der Strecke, am 26. Mai 1938, wurde das „Clubhaus“ des Aéro-Club du Bassin Minier eingeweiht. Es diente zur Vervollständigung der Flughafen-Infrastruktur, als Flugbahnhof („Aérogare“). Aus Anlass der Einweihung des Clubhauses war zeitgleich ein großes internationales Flugfest organisiert worden. Neben 15.000 Zuschauern waren auch die Großherzogin, Regierungsmitglieder und zahlreiche Abgeordnete nach Esch gekommen, um die Leistungen der Piloten zu bewundern.

Im Passagierflugzeug, das den regelmäßigen Flugdienst zwischen Esch und London versah, unternahmen die HH. Minister Bech, Krier und Blum sowie Kammerpräsident Reuter einen Flug nach Luxemburg und waren bei ihrer Rückkehr „voll des Lobes über dieses Aeroplanes“, wie das Tageblatt damals schrieb.

Neben Büros gab es nun auch eine größere Terrasse mit Aussicht über das ganze Gelände. Ein Anziehungspunkt für „Touristen des Luftverkehrs“. Die „Buvette“ wurde von einem der Fluglehrer und seiner Frau betrieben. Zwar konnten nicht jeden Sonntag spannende Flug-Meetings abgehalten werden, steht in der Museumsbroschüre zu lesen, „doch die Festlichkeiten des Aéro-Club und die Geselligkeit in seinem Clubhaus hatten sich jedoch inzwischen längst in die Herzen der Escher hineingeflogen.“ An den Sonntagen und an langen Sommerabenden habe es viel Volk über die „Brauereiskopp“ gezogen, um das Geschehen auf dem Escher Flugfeld mitzuerleben. Danach sei das Gesehene dann bei einem „Patt“ kommentiert worden. Jedermann hatte Zutritt.

Das Clubhaus, die „Aérogare“
Das Clubhaus, die „Aérogare“ Quelle: Privatsammlung/Fotos, die damals am Flughafen erhältlich waren

Trotzdem sollte die Freude über den Erfolg in der Luftfahrt nicht allzu lange dauern. Am 2. September 1939 wurde der Flugbetrieb durch ein großherzogliches Dekret eingestellt, wie auf Wikipedia nachzulesen ist. Das Überfliegen des Landes war nun verboten. Diese Entscheidung wurde erst am 17. September 1945 wieder aufgehoben, als die US-Armee den Escher Flughafen für die Reparatur von Flugzeugen nutzte.

Auch in den folgenden Jahren lief der Betrieb am Escher Flugplatz weiter, etwa mit Segelflugaktivitäten. In Luxemburg-Stadt, am Findel, gewann der dortige Flughafen unterdessen immer mehr an Bedeutung. Ab Ende Mai 1948 bot Luxembourg Airlines (Vorgänger der Luxair) regelmäßige Flüge, zweimal die Woche, zwischen Luxemburg und London an. Als dort dann dort „richtige“ Landebahnen gebaut wurden, stellte das Escher Aerodrom seine Tätigkeiten (am 1. Februar 1954) ein.

Dort, wo vor 85 Jahren die frühen Flugzeuge gelandet sind, stehen heute Wohnungen. Der ehemalige Stolz ist aber noch nicht ganz vergessen. Eine Straße ist nach dem Flugplatz benannt. Eine Vorschule, die dort steht, wo einst das Clubhaus stand, heißt Ecole de l’Aérodrome, daneben befindet sich auch ein Gedenkstein.

Die rue de l’Aérodrome in Esch
Die rue de l’Aérodrome in Esch Foto: Christian Muller
Metallplatte am Gedenkstein
Metallplatte am Gedenkstein  Foto: Christian Muller

Quellen:

Die wichtigste Informationsquelle für diesen Bericht über den Escher Flughafen sind die zitierten Artikel aus dem Tageblatt vom Jahr 1938. Zur Vervollständigung der Informationen dienten zudem die Online-Enzyklopädie Wikipedia wie auch die Broschüre zur Einweihung des „Musée de l’Aérodrome d’Esch-sur-Alzette“ vom 25. Mai 1985 (aus dem Escher Stadtarchiv) und das Buch „Escher Aérodrome 1937-1954“ von Robert Kuhn, Marcel Reichling und Albert Kemp aus dem Jahr 2003.

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